rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Tatsachen, Kenntnis oder Unkenntnis des zuständigen Sachbearbeiters. grobes Verschulden des Steuerpflichtigen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist auf die Kenntnis oder Unkenntnis des für den betreffenden Steuerfall zuständigen Sachbearbeiters abzustellen. Dies ist entgegen der Auffassung des Klägers der für die Einkommensteuerveranlagung des Klägers zuständige Sachbearbeiter und nicht der Sachbearbeiter im OH-Bereich.

2. Die Frage des groben Verschuldens i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist im Streitfall nicht unbeachtlich, weil die laut der Anlage GSE vorgetragenen Einkünfte aus Versicherungsvermittlung mit denen aus Getränkehandel weder in einem unmittelbaren noch mittelbaren Zusammenhang stehen. Denn der erforderliche sachliche Zusammenhang besteht nur, wenn der steuererhöhende Vorgang nicht ohne den steuermindernden Vorgang denkbar ist. Ein derartiger sachlicher Zusammenhang besteht zwischen Versicherungseinkünften und Einkünften aus Getränkehandel aber gerade nicht.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 07.06.2011; Aktenzeichen X B 212/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger wurde im Streitjahr zusammen mit seiner Ehefrau, der Klägerin, vom Beklagten (dem Finanzamt) zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Bis 31. Dezember 2001 betrieb der Kläger zusammen mit Herrn S einen Getränkemarkt in München (Steuer-Nr: xxx). Die hieraus erzielten Einkünfte stellte bis dahin das Finanzamt einheitlich und gesondert fest.

Am 6. August 2003 ging beim Finanzamt die Einkommensteuererklärung für 2002 des Klägers und seiner Ehefrau ein. Auf dem Mantelbogen war die Anlage GSE nicht angekreuzt (und lag nach Aktenlage nicht bei). Dies entsprach nicht der bisherigen Praxis des Klägers; so hatte der Kläger im Jahr 2001 im Mantelbogen die Anlage GSE angekreuzt, diese auch beigelegt und mit folgenden Text versehen: „S und S GbR, Getränke- und Heimservice, FA Mchn IV, Steuer-Nr: xxx”.

Am 23. Oktober 2003 erließ das Finanzamt entsprechend den Angaben in der Steuererklärung den Einkommensteuerbescheid für 2002.

Am 30. November 2007 reichte der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter der Steuernummer des Getränkemarkts die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2002 beim Finanzamt ein. Gleichzeitig teilte er mit, dass der Betrieb zum 30. April 2002 eingestellt und verkauft worden sei. Nach der Aufgabebilanz sei ein Verlust von 49.841,11 EUR erzielt worden.

Die für die bisherige Feststellung der Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb zuständige Veranlagungsstelle übersandte diese Erklärung an den für die Einkommensteuerveranlagung des Klägers zuständigen Sachbearbeiter. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2007 lehnte das Finanzamt die Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids für 2002 ab. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der AbgabenordnungAO – sei nicht möglich. Der Veranlagungsstelle sei die Tatsache, dass ab dem 1. Januar 2002 eine Einzelfirma bestanden habe, erst nachträglich bekannt geworden. Dem steuerlich beratenen Kläger sei das grobe Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden dieser Tatsache zuzurechnen.

Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Ihn treffe an der Verzögerung keine Schuld. Der für den Getränkemarkt zuständigen Veranlagungsstelle sei mehrmals mitgeteilt worden, dass der Getränkemarkt die letzten 4 Monate als Einzelfirma betrieben worden sei. Die Voranmeldungen seien unter der alten Steuernummer eingereicht worden. Am 4. Juli 2002 habe sein Prozessbevollmächtigter dem Finanzamt mitgeteilt, dass der Getränkemarkt von ihm aufgegeben worden sei. Am 1. März 2004 habe sein Prozessbevollmächtigter um Verlängerung der Abgabefrist der Feststellungserklärung 2002 gebeten. Am 23. November 2004 habe der Prozessbevollmächtigte dem zuständigen Sachbearbeiter die Feststellungserklärung angekündigt und mitgeteilt, dass der Getränkemarkt unter demselben Namen laufe, aber nur noch „aus Herrn S bestehe”. Unter der Steuernummer xxx habe er – der Kläger – seine Einkünfte aus der Tätigkeit als Versicherungsvermittler versteuert. Diesbezüglich habe er eine berichtigte Anlage GSE abgegeben (Gewinn aus Vermittlung von Versicherungen in Höhe von 4.950 EUR und Verlust aus Getränkemarkt in Höhe von 49.841 EUR), weil er zunächst seine Einkünfte aus Versicherungsvermittlung vergessen habe. Gegen den Einkommensteuerbescheid für 2002 habe er keinen Einspruch einlegen müssen, da er wie in den Vorjahren eine Anlage GSE mit dem Vermerk beigefügt habe, dass die Einnahmeüberschussrechnung des Getränkemarkts noch vorbereitet werde (vgl. dazu die im Rechtsbehelfsverfahren vorgelegte Kopie der Anlage GSE für 2002, die inhaltlich der von 2001 entspricht). Die späte Abgabe der Feststellungserklärung beruhe auf dem Verhalte...

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