Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine gewinnerhöhende Berichtigung erfolgsneutral in die Eröffnungsbilanz eingestellter Bilanzansätze

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Werden Rückstellungen erfolgsneutral aber zu Unrecht in die Anfangsbilanz eingestellt und haben sie sich bei isolierter Betrachtungsweise auch in der Folgezeit nicht gewinnmindernd ausgewirkt, ist die Bilanzierung erfolgsneutral in der ersten noch änderbaren Schlussbilanz zu berichtigen.

2. Die erfolgsneutrale Berichtigung in der ersten noch änderbaren Schlussbilanz gilt auch für fehlerhafte Eröffnungsbilanzansätze, das abnutzbare Anlagevermögen betreffend, wenn die in Anspruch genommene AfA den zutreffenden Einlagewert um ein Vielfaches übersteigt, so dass ein auszubuchender Bilanzansatz nicht mehr vorhanden ist.

3. Wurde in der Eröffnungsbilanz die Rückstellung als Ausgleich für den überhöhten Einlagewert des Anlagevermögens gebildet, wirkt sich dies nur mittelbar durch die Inanspruchnahme zu hoher Abschreibungen auf den Gewinn aus. Die mittelbare Gewinnauswirkung der Rückstellung durch die Inanspruchnahme überhöhter Abschreibung reicht für eine erfolgswirksame Korrektur der fehlerhaften, aber erfolgsneutral eingestellten Bilanzansätze nicht aus.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, 4, 2; HGB § 249

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.04.2009; Aktenzeichen X R 51/08)

BFH (Urteil vom 29.04.2009; Aktenzeichen X R 51/08)

 

Tenor

Abweichend von dem geänderten Bescheid über Einkommensteuer für 1999 vom 29. Juli 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2006 wird die Einkommensteuer 1999 unter Berücksichtigung von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 104.464,00 DM (= 53.411,60 EUR) festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 25.554,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in der Eröffnungsbilanz in unzutreffender Höhe ausgewiesene Bilanzansätze im Streitjahr erfolgswirksam oder erfolgsneutral zu berichtigen sind.

Der Kläger übernahm mit Vertrag vom 30. Oktober 1992 von der Treuhandanstalt einen Teil des ehemaligen Betriebes S GmbH. Der Kaufpreis für die Übertragung des Geschäftsbetriebes sollte sich laut Vertrag aus 181.000,00 DM, davon 120.000,00 DM Bankguthaben und 61.000,00 DM Anlagevermögen, und dem Saldo aus dem Wert der erworbenen Vorräte und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen einerseits und der übernommenen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen andererseits zusammensetzen. Dabei wurde ein Saldo von mindestens 306.000,00 DM angestrebt. Der voraussichtliche Kaufpreis betrug 487.000,00 DM.

Dieser Kaufpreis wurde basierend auf einem Verkehrswert-Gutachten bzw. Nachbewertungen eines Herrn L sowie dem ermittelten Vermögensstatus per 30.09.1992 der WP-Gesellschaft wie folgt ermittelt (vgl. Bl. 17 BP-Akte II):

Aktiva

Grund und Boden (16,00 DM/qm)

173.000,00 DM

Gebäude

298.000,00 DM

Technische Anlagen/Maschinen

88.000,00 DM

Vorräte

126.000,00 DM

Forderungen aus Lief./Leist.

262.000,00 DM

Kasse/Bank

120.000,00 DM

Summe

1.067.000,00 DM

Passiva

Rückstellungen

13.000,00 DM

Verbindlichkeiten aus Lief./Leist.

82.000,00 DM

Substanzwert

95.000,00 DM

Summe

972.000,00 DM

Anerkennbare Kosten

Abbruchkosten

400.000,00 DM

Abriß Rampe

35.000,00 DM

Betriebstrennungskosten

50.000,00 DM

Summe

485.000,00 DM

Kaufpreis

487.000,00 DM

In Höhe der bei den Kaufpreisverhandlungen anerkannten zu erwartenden Kosten bildete der Kläger bereits in der Eröffnungsbilanz zum 1. November 1992 eine Rückstellung in Höhe von 485.000,00 DM. Das Anlagevermögen wies er in Höhe von 570.996,00 DM aus. Dieser Betrag setzte wie folgt zusammen:

Grund und Boden

173.152,00 DM

Werkstatt 1+2

13.115,00 DM

Farbspritzanlage

154.209,00 DM

Heizhaus

5.000,00 DM

Lehrlingswohnheim

72.336,00 DM

Berufsausbildungsgebäude

30.259,00 DM

sonstige Gebäude

3,00 DM

bauliche Anlagen

271,00 DM

techn. Anlagen/Maschinen

108.579,00 DM

and. Anlagen/BGA

13.972,00 DM

Summe

570.996,00 DM

Dieses Anlagevermögen wies der Kläger in der Bilanz auf den 31.12.1999 nur noch in Höhe von 238.663,00 DM aus.

Die gebildete Rückstellung löste er zum 31.12.1997 in Höhe von 100.000,00 DM und zum 31.12. 1998 in Höhe von 20.000,00 DM gewinnerhöhend auf. Auf den 31.12.1998 war diese Rückstellung noch in Höhe von 365.000,00 DM ausgewiesen.

Von 1992 bis 1998 nahm der Kläger Abschreibungen auf das Anlagevermögen in Höhe von insgesamt 332.696,00 DM vor.

Auf die Einkommensteuererklärung der Kläger vom 31. August 2000 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 1999 unter Berücksichtigung eines Gewinns aus Gewerbebetrieb in Höhe von 107.363,00 DM mit Bescheid vom 31. Januar 2001 auf 16.498,00 DM fest.

Die Steuerfestsetzungen für die Kalenderjahre 1992 bis 1998 wurden bestandskräftig.

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