Entscheidungsstichwort (Thema)

Kennzeichnung einer Postzustellungsurkunde

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Sollen mehrere Einspruchsentscheidungen in einem Briefumschlag zugestellt werden, muss sich aus der auf dem Briefumschlag angebrachten Geschäftsnummer ergeben, welchen Inhalt die zuzustellende Sendung hat.

2) Wegen der Notwendigkeit einer Gewähr für die Prüfung, ob der Inhalt der zuzustellenden Sendung unverändert ist, reicht es nicht aus, dass der Empfänger aufgrund von Wahrscheinlichkeitserwägungen auf den Inhalt der Sendung schließen kann.

3) Bei der Kennzeichnung der Sendung mit der Steuernummer und den Rechtsbehelfsnummern "wingf 1-28, 41-43 + 29-40" und dem Zusatz "2 E.E.'en vom 13.07.2001" ist die Einspruchsentscheidung "wingf 1-28, 41-43" zutreffend bezeichnet, hinsichtlich der anderen (wingf. 29-40) lässt sich aufgrund der Anhängung der Zahlenfolge an die Rechtsbehelfsnummer "wingf 1-28, 41-43" durch Setzen des Additionszeichens eine Beziehung zwischen der Bezeichnung auf der PZU und dem tatsächlichen Inhalt der Sendung nur durch Wahrscheinlichkeitsrechnungen herstellen. Insoweit ist die Zustellung nicht wirksam erfolgt.

 

Normenkette

VwZG § 9; ZPO § 418 Abs. 2; VwZG § 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.07.2004; Aktenzeichen X R 33/02)

 

Tatbestand

Der Kläger war bundesweit auf dem Gebiet der Kommunikationselektronik selbständig tätig. Er war vom Dezember 1985 bis 31.12.1998 Inhaber eines Einzelhandelsunternehmens für den Vertrieb und Verleih von Kommunikationsequipment. Seine Aufträge erhielt er u.a. von Konzernen aus der Automobil-, Medien- und Chemiebranche sowie von Behörden und Natostreitkräften. Das Einzelunternehmen wurde zum 31.12.1998 eingestellt und in eine GmbH eingebracht.

Durch Verfügung vom 24.11.1999 ordnete das Finanzamt … für den Kläger eine Betriebsprüfung (Kombi-Prüfung der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts …-… und des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung …) für die Streitjahre 1993 bis 1996 an. Aufgrund des Ergebnisses einer am 14.06.2000 erfolgten Durchsuchung der betrieblichen Räume des Klägers durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung wurde mit Anordnung vom 19.06.2000 der Prüfungszeitraum auf die Jahre 1987 bis 1992 sowie 1997 und 1998 erweitert.

Im Rahmen der Betriebsprüfung stellte der Beklagte fest, dass der Kläger bereits zu Beginn des Prüfungszeitraumes seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. So habe er nach Ansicht der Betriebsprüfer für die Veranlagungszeiträume 1987 und 1988 bewusst zu niedrige Schätzungen hingenommen und in den Zeiträumen ab 1989 zur Vermeidung der sich aus dem realen Umfang des Unternehmens ergebenden gesetzlichen Folgen (Buchführungspflicht, Sollversteuerung) vollständige Unternehmensbereiche, die dazugehörigen Gewinne und die aus den Vermögensmehrungen erzielten Erträge nicht der Besteuerung unterworfen.

Da der Kläger an der Aufklärung der steuerlich relevanten Sachverhalte nicht mitwirkte, ermittelte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege durch Hochrechnung auf Grundlage der sich aus den beschlagnahmten Unterlagen ergebenden Werte.

Mit Bescheiden vom 19.06.2000 setzte er

die Einkommensteuer 1997 auf

……,00 DM zzgl. SoliZ von

………… DM,

die Einkommensteuer 1998 auf

……,00 DM zzgl. SoliZ von

…………… DM fest.

Nach Abschluss der Betriebsprüfung (eine Schlussbesprechung fand nicht statt, da der Kläger trotz mehrfacher Angebote der Betriebsprüfungsstelle keinen Termin wahrgenommen hatte) setzte der Beklagte auf Grundlage der im Betriebsprüfungsbericht vom 21.02.2001 niedergelegten Feststellungen mit Bescheiden vom 14.03.2001, die zum Teil gemäß § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand der zwischenzeitlich vom Kläger gegen die Bescheide vom 19.06.2000 erhobenen Einsprüche wurden, die Einkommensteuer für die Streitjahre wie folgt fest:

1987:

……,00 DM,

1988:

……,00 DM,

1989:

……,00 DM,

1990:

……,00 DM,

1991:

……,00 DM,

1992:

……,00 DM

zzgl. ……… DM SoliZ,

1993:

……,00 DM,

1994:

……,00 DM,

1995:

……,00 DM

zzgl. ………… DM SoliZ,

1996:

……,00 DM

zzgl. ……… DM SoliZ,

1997:

……,00 DM

zzgl. ……,00 DM SoliZ,

1998:

……,00 DM

zzgl……….00 DM SoliZ.

Mit Bescheiden vom 21.03.2001, 28.03.2001 und 11.04.2001 wurden die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge für den Prüfungszeitraum wie folgt festgesetzt:

Für 1987 auf …,00 DM, 1988 auf …,00 DM, 1989 auf …,00 DM, 1990 auf …,00 DM, 1991 auf …,00 M, 1992 auf …,00 DM, 1993 auf …,00 DM, 1994 auf …,00 DM, 1995 auf …,00 DM, 1996 auf …,00 DM, 1997 auf …,00 DM und für 1998 auf …,00 DM.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht des Beklagten vom 21.02.2001 und die vorgenannten Bescheide Bezug genommen.

Gegen die Bescheide wandte sich der Kläger mit seinen Einsprüchen vom 12.04.2001, 19.04.2001, 20.04.2001 bzw. 23.04.2001. Zur Begründung der Einsprüche trug er vor, die Schätzungen seien weit überhöht, um die im Vorfeld des Verfahrens erfolgte Beschlagnahme von Bargeld in Höhe von 500.000,– DM sowie weiteren Werten nachträglich zu rechtfertigen. Der Kläger kündigte eine umfangreiche Begrü...

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