Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Vollstreckungsaufschub

 

Leitsatz (amtlich)

Hat die Steuerverwaltung langfristig Vollstreckungsaufschub zugesagt, der sie bei einer Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht mehr bindet, so kann und braucht sie bei Fortfall von Unterhaltsverpflichtungen und bei Erwerb von Grundvermögen nicht weiterhin Vollstreckungsaufschub zu gewähren

 

Normenkette

AO §§ 258, 322

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.10.2006; Aktenzeichen VII B 272/05)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte zur Löschung einer von ihm eingetragenen Zwangssicherungshypothek verpflichtet ist und ob eine Vereinbarung über Vollstreckungsaufschub noch Bindungswirkung entfaltet.

Der 1949 geborene Kläger ist gelernter Gas- und Wasserinstallateurmeister und seit langem bei der Umweltbehörde in Hamburg beschäftigt. Wegen unstreitiger Steuerschulden von 30.298,07 EUR, die überwiegend aus den Jahren 1979 bis 1988 stammen (vgl. Aufstellung der in Vollstreckung befindlichen Rückstände vom 17.03.2004, Bl. 217 Vo-Akten Bd. IV), sowie vom Kläger ohne nähere Begründung angezweifelter Verspätungs- und Säumniszuschläge von insgesamt etwa 71.000 EUR beantragte der Beklagte am 7. Juni 2004 gemäß § 322 AO in Verbindung mit § 864 ff. ZPO die Eintragung einer Sicherungshypothek zu Lasten des hälftigen Miteigentumsanteils des Klägers am Grundstück X-Weg 1, Hamburg. Dabei handelt es sich um ein vom Kläger ausweislich des Wohnungsgrundbuchs (Bl. 71 ff. Vo-Akten Bd. IV) am 30.06.1997/18.03.1998 erworbenes, selbst genutztes 712 m2 großes Einfamilienhausgrundstück (tatsächlich offenbar ein 1.424 m2 großes Zweifamilienhausgrundstück, vgl. die Einkommens- und Vermögensübersicht vom 17.01.1997, Bl. 187 Vo-Akten Bd. III) in Hamburg-..., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung, Abstell- und Wirtschaftsräumen sowie Garage.

Vorangegangen war ein Gespräch am 2. Juni 2004, bei dem ausweislich des vom Beklagten gefertigten Aktenvermerkes mit Schreiben vom 3. Mai 2004 angeforderte Zins- und Tilgungspläne nicht vorgelegt wurden, dafür aber Darlehensverträge mit der Bauspar AG über 74.000 und 148.000 DM sowie der B-Bank über 119.300 EUR.

Gegen den Antrag auf Eintragung der Sicherungshypothek legte der Kläger am 28. Juni 2004 Einspruch ein. Zur Begründung berief er sich auf eine Vereinbarung über die Rückführung von Steuerrückständen vom 20. Dezember 1996, deren Bedingungen - insbesondere monatliche Zahlung von 250 DM beziehungsweise 127,82 EUR - er eingehalten habe.

Aus den vorliegenden Vollstreckungsakten ergibt sich hierzu Folgendes: Gegen den Kläger wurde seit mindestens 1993 vollstreckt. Am 27. März 1996 erschien der Kläger beim seinerzeitigen Amtsvorsteher des Beklagten und legte dar, es sei eine verbindliche Regelung zur Tilgung der Steuerrückstände mit der Oberfinanzdirektion getroffen worden. Daran habe sich der Beklagte zu halten. Probleme habe es immer wieder, auch vor 1993, bei Personalwechsel gegeben. Die jeweiligen Sachbearbeiter hätten dann offenbar seinen Fall zu einer raschen Beförderung nutzen wollen.

Da es in dieser Besprechung nicht zu einer Einigung hinsichtlich der Frage kam, ob Einkommensteuererstattungsansprüche mit laufend gezahlten Raten verrechnet werden sollten, kündigte der Kläger an, sich an den Staatsrat zu wenden. Der Beklagte pfändete daraufhin das Arbeitseinkommen des Klägers wegen Abgabenrückständen von über 150.000 DM, darunter neben Einkommen-, Gewerbe- und Umsatz- auch Lohnsteuer. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 4 ff. Vollstreckungsakte Bd. III verwiesen.

Am 19. April 1996 meldete sich der seinerzeitige Staatsrat der Umweltbehörde für den Kläger. Der damalige Vollstreckungssachgebietsleiter des Beklagten vermerkte über das Gespräch, dass der Staatsrat nach Darstellung des Sachverhaltes keine Möglichkeit gesehen habe, den Forderungen des Klägers nachzukommen. Der Kläger behauptete demgegenüber, der Sachgebietsleiter habe dem Staatsrat zugesichert, keine weiteren Zwangsmaßnahmen durchzuführen.

Nach zahlreichen weiteren Verhandlungen und umfangreichem Schriftwechsel, in dessen Rahmen der Kläger Unterlagen zu seinen Unterhaltsverpflichtungen vorlegte (Blatt 51 f. Vollstreckungsakten Bd. III), teilte der Beklagte der seinerzeitigen Rechtsanwältin des Klägers mit, dass mangels Offenbarung der Vermögensverhältnisse die Arbeitslohnpfändung nicht aufgehoben werde. Es fehle die Einkommens- und Vermögensübersicht und der Kläger habe sich auch sonst unkooperativ verhalten. Die Höhe des pfändbaren Betrages werde durch die Besoldungs- und Versorgungsstelle berechnet, die die Unterhaltspflicht für die Söhne berücksichtigen werde.

Am 16. Oktober 1996 wurde die Einkommens- und Vermögensübersicht vom 10. Oktober 1996 abgegeben (Blatt 64 Vollstreckungsakten Bd. III). Der geschiedene Kläger hatte danach zwei unterhaltsberechtigte Kinder. Sein monatliches Nettogehalt betrug mit Kindergeld 3.056,55 DM. Sonstige Einnahmen erzielte er nicht. Seine feststehenden monatlichen Ausgaben errechnete er mit 2.963,87 D...

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