Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung des Antrags auf Erlaß der Umsatzsteuer 1991

 

Tenor

Der ablehnende Bescheid vom 22.06.1994 und die Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion A… vom 20.12.1994 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Beschluß:

Der Streitwert wird auf 12.681,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin meldete im Jahre 1990 ein Gewerbe zum Betrieb von zwei Kiosken an. Diese wurden in der Zeit von Dezember 1990 bis Juli 1991 betrieben. Im Juni 1993 ging beim Beklagten die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1991 ein. Diese Erklärung wurde von einer Steuerberatungsgesellschaft aus C… erstellt und wies eine Abschlußzahlung in Höhe von 10.652,00 DM aus. Die Umsatzsteuererklärung trägt die Unterschrift der Klägerin. Bei einer für die Kioskbetriebe stattfindenden Umsatzsteuersonderprüfung stellte der

Beklagte fest, daß die Umsatzsteuer um weitere 1.767,64 DM zu erhöhen war. Dementsprechend setzte er im Umsatzsteuerbescheid 1991 Umsatzsteuer in Höhe von 12.420,00 DM sowie Zinsen in Höhe von 261,00 DM fest.

Mit einem am 26.04.1994 beim Beklagten eingegangenen Schreiben beantragte die Klägerin den Erlaß der festgesetzten Umsatzsteuer sowie der Zinsen. Sie führte aus, daß sie nicht in der Lage sei, diese Beträge zu entrichten. Sie lebe seit zwei Jahren von ihrem Ehemann getrennt und werde noch im Jahre 1994 geschieden. Die Einkünfte aus ihrem Arbeitsverhältnis betrügen 600,00 DM. Zudem erhalte sie von dem Ehemann für die beiden Kinder nochmals 600,00 DM. Demgegenüber stünden monatliche Kosten für Hort und Essen in Höhe von 195,00 DM, Miete in Höhe von 300,00 DM sowie Strom, Heizung, Telefon in Höhe von 200,00 DM, so daß monatlich lediglich 505,00 DM für den täglichen Bedarf verblieben. Rücklagen habe sie keine. Im Fragebogen zur Ergänzung des Erlaßantrages führte die Klägerin weiter aus, daß die Kioske zunächst auf ihren Namen liefen, sie aber mit der Geschäftsführung sowie der Abwicklung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben nichts zu tun gehabt habe. Sie sei lediglich Angestellte in einem Kiosk in C… gewesen. Einnahmen aus den Kiosken seien ihr nicht zugeflossen. Die Klägerin gab weiter an, daß sie einen Dispositionskredit nicht habe, da ihr aufgrund ihres geringen Arbeitslohns ein solcher nicht eingeräumt werde. Bei einer erneuten Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben gab die Klägerin nunmehr Miete und Hausunkosten in Höhe von 600,00 DM sowie Strom und Gas in Höhe von 150,00 DM an, so daß sich insgesamt ein verbleibender Betrag von 255,00 DM ergab. Die Klägerin reichte Verdienstbescheinigungen sowie Belege über die Ausgaben ein. Auf diese in der Erlaß- und Stundungsakte befindlichen Unterlagen wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 22.06.1994 lehnte der Beklagte den Erlaß der Umsatzsteuerforderung ab. Er führte aus, daß persönliche Billigkeitsgründe nicht gegeben seien. Nach dem Vortrag der Klägerin bestehe die schwierige finanzielle Situation schon länger, so daß die Festsetzung der Umsatzsteuer 1991 keinesfalls allein ursächlich für die finanzielle Lage sei. Somit könne diese Lage auch nicht allein durch den Erlaß dieser Umsatzsteuerschuld erheblich verbessert werden. Zudem sei zweifelhaft, ob die Klägerin erlaßwürdig sei. Sie erhalte die Umsatzsteuer von anderen Steuerträgern und habe diese lediglich treuhänderisch zu verwalten. Hiergegen habe sie verstoßen, indem sie die Umsatzsteuer nicht abgeführt habe.

Die Klägerin legte gegen den ablehnenden Bescheid Beschwerde ein. Sie führte aus, daß sie für den früheren Ehemann lediglich als Strohmann gehandelt habe. Dieser habe ihr immer versichert, die Geschäfte gingen gut. Darauf habe sie vertraut. Erst mit der Trennung habe sie von den Geschäftspraktiken ihres Ehemannes erfahren. Die Klägerin überreichte einen Bescheid der Stadt C…, wonach sie Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von monatlich 512,21 DM erhielt.

Die Oberfinanzdirektion B… wies die Beschwerde der Klägerin als unbegründet zurück. Sie führte aus, daß eine Billigkeitsmaßnahme aus persönlichen Gründen voraussetze, daß durch die Ablehnung des Erlasses die Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts eines Steuerpflichtigen in Frage gestellt werde. Diese Erlaßbedürftigkeit sei aber nicht schon dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige sich in Liquiditätsschwierigkeiten befinde oder überschuldet sei. Sie liege nur dann vor, wenn ohne den beantragten Erlaß das wirtschaftliche Bestehen des Steuerpflichtigen ernsthaft gefährdet sei. Demnach könne ein Erlaß aus persönlichen Gründen regelmäßig nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn einerseits gerade die Erhebung der Abgabenansprüche die Existenzgefährung verursache und andererseits das Absehen von der Abgabenerhebung eine bestehende Gefährdung beseitige. Da nach der eigenen Darstellung der Klägerin ihre derzeitige ungünstige persönliche Wirtschaftslage nicht durch das Vorhandensein der Steuerrückstände entstanden sei, komme ein Erlaß nicht in Betracht. Dieser würde nicht zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation...

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