Entscheidungsstichwort (Thema)
Organschaft. Organisatorische Eingliederung
Leitsatz (redaktionell)
Eine organschaftliche Eingliederung wird nach der gesellschaftsrechtlichen Wertung des § 17 Abs. 2 AktG bei einem in Mehrheitsbesitz stehenden, finanziell eingegliederten Unternehmen vermutet. Diese Vermutung wird nicht bereits durch die fehlende Personalunion der Geschäftsführer des Organträgers und der Organgesellschaft widerlegt.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; AktG § 17 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
I. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für 1999 und 2000 vom 18. März 2003, abgeändert durch Bescheide vom 26. September 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2004 werden aufgehoben.
II. Das beklagte Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der Klägerin, der A GmbH, als Organgesellschaft und der B GmbH, Berlin (B GmbH) als Organträgerin besteht, mit der Folge, dass Umsätze mit anderen Tochtergesellschaften der B GmbH als Innenumsätze anzusehen sind.
1. Die Klägerin ist eine durch notariellen Vertrag vom 12. Juli 1999 gegründete und am 13. August 1999 ins Handelsregister eingetragene Kapitalgesellschaft. Sie ist hervorgegangen aus der früheren AS, Gesellschaft mbH, von der sie das Anlagevermögen und das Personal übernommen hat. Das Stammkapital der Klägerin beträgt seit Gründung 50.000 EUR. Die Jahresabschlüsse der Klägerin wurden in EURO erstellt.
Anteilseigner der Klägerin sind seit Gründung unverändert die B GmbH mit 35.000 EUR (70 %) sowie (FU) und (MH) mit jeweils 7.500 EUR (jeweils 15 %)
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Förderung der Altenhilfe
- durch den Bau, den Kauf oder den Betrieb von Altenhilfe- und Pflegeeinrichtungen oder Wohnungen für „Betreutes Wohnen” oder die Vermittlung oder Beratung von Dritten für diese Zwecke;
- durch die Übernahme von Management und Verwaltung für Gesellschaften der Altenhilfe sowie die Unterstützung und Beratung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf fremde Hilfe angewiesen sind;
- durch die Gründung und den Betrieb von Einrichtungen der Altenhilfe sowie die Bewirtschaftung von Altenwohnungen und Pflegeheimen sowie durch die Betreuung älterer und hilfebedürftiger Menschen.
Die Klägerin ist außerdem berechtigt, alle Geschäfte abzuschließen, die geeignet sind, den Gesellschaftszweck unmittelbar oder mittelbar zu fördern oder zu erreichen. Ferner darf die Klägerin andere Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art errichten, übernehmen und sich an ihnen beteiligen. Sie darf auch Zweigniederlassungen errichten.
Geschäftsführer der Klägerin sind seit deren Gründung die Gesellschafter FU und MH. Sie vertreten die Klägerin jeweils gemeinsam. Die Geschäftsführer sind befugt, die Klägerin bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten zu vertreten (§ 181 BGB).
Die bei Gründung der Klägerin mit den Geschäftsführern abgeschlossenen Anstellungsverträge sind im Abschnitt „§ 2 Aufgaben und Vertretung” identisch. Hiernach führt der Geschäftsführer die Geschäfte der Klägerin nach Maßgabe der Gesetze, des Anstellungsvertrags und der Satzung der Klägerin. Er vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich gemeinsam mit den übrigen Geschäftsführern gemäß Geschäftsordnung. Unbeschadet der im Außenverhältnis unbeschränkten Vertretungsbefugnis ist der Geschäftsführer in seiner Geschäftsführung an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden und hat außerdem vor Abschluss eines der nachstehend genannten Geschäfte die Einwilligung der Gesellschafterversammlung einzuholen:
- Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie Rechten an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten
- Abschluss, Beendigung und Änderung von Miet-, Pacht- und Leasingverträgen sowie anderen Verträgen, soweit sie ein Volumen von 100.000 DM übersteigen
- Bestellung sowie Abberufung von Prokuristen und Geschäftsführern, auch von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften
- Abschluss, Beendigung oder Änderung von Verträgen mit Arbeitnehmern und freien Dienstnehmern, denen ein Gehalt von mehr als 100.000 DM/Jahr brutto zusteht, sowie Anstellung von Ehegatten eines Geschäftsführers oder mit diesem verwandter oder verschwägerter Personen
- Abschluss, Beendigung oder Änderung der Grundsätze der betrieblichen Altersversorgung sowie von Pensionsvereinbarungen im Allgemeinen
- Eingehung von Wechselverbindlichkeiten und Übernahme von Bürgschaftserklärungen sowie die Abgabe von Garantie-Erklärungen
- Gewährung von Darlehen und Inanspruchnahme von Darlehen, soweit sie nicht im Finanzplan vorgesehen sind und nicht Tochter- oder Beteiligungsgesellschaften betreffen
- Inanspruchnahme und Gewährung von Krediten – ausgenommen übliche laufende Kundenkredite –, die im Einzelfall einen Betrag von 25.000 DM überschreiten
- Gewährung von Zahlungsbed...