Entscheidungsstichwort (Thema)
Ergänzungspfleger. Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird das Erfordernis der Bestellung eines Ergänzungspflegers bei dem Abschluss eines Darlehnsvertrages zwischen Eltern und ihren Kindern nicht beachtet, ist der zwischen dem minderjährigen Kind und seinem Verwandten geschlossene Vertrag schwebend unwirksam.
2. Die Genehmigung durch das volljährig gewordene Kind bzw. den Ergänzungspfleger entfaltet im Gegensatz zum Zivilrecht keine steuerrechtliche Rückwirkung.
3. Das Erfordernis der wirtschaftlichen Betrachtungsweise i. S. des § 41 AO wird im Falle der Verträge zwischen nahen Angehörigen durch das Erfordernis der Einhaltung der gesetzlichen Form eingeschränkt.
4. Auf eine telefonisch Auskunft, bei der die Person des Auskunftgebenden und damit seine Funktion und Zuständigkeit nicht festgestellt werden kann, lässt sich kein rechtlich anerkanntes und gesichertes Vertrauen gründen.
Normenkette
BGB § 1629 Abs. 1-2, §§ 1795, 1909, 184 Abs. 1, § 104 Nr. 1, § 105 Abs. 1; EStG §§ 21, 4 Abs. 4, §§ 9, 12; AO § 41
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Darlehensverträge zwischen dem Kläger (Kl) und seinen Kindern steuerlich berücksichtigungsfähig sind.
Die Kl sind miteinander verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kl erzielte im Streitjahr als Zahnarzt Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 18 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Klägerin (Klin) bezog als Arzthelferin Arbeitslohn aus geringfügiger Beschäftigung. Darüber hinaus erzielten die Kl aufgrund mehrerer Unternehmensbeteiligungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG sowie aufgrund der Vermietung verschiedener Objekte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 EStG. Die Kl haben sechs gemeinsame Kinder. Am 11. September 1998 schloss der Kl mit den Kindern – A –, geb. am 1994, – B –, geb. am 1991, – C –, geb. am 1987, – D –, geb. am 1984, und – E –, geb. am 1982, inhaltsgleiche Darlehensverträge ab, wonach ihm die Kinder jeweils Darlehen über 50.000 DM gewährten. Die Kinder der Kl wurden bei diesen Vertragsabschlüssen stets von der Klin vertreten. Die Bestellung eines Ergänzungspflegers war zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse noch nicht erfolgt. Die erhaltenen Darlehen in Höhe von insgesamt 250.000 DM verwendete der Kl für die Rückführung des Darlehens der … Nr. …, das er zur Finanzierung seines vermieteten Objekts …, aufgenommen hatte.
Die vom Kl im Streitjahr an seine o.g. Kinder gezahlten Schuldzinsen in Höhe von insgesamt 12.750 DM machten die Kl in ihrer ESt-Erklärung 1999 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt … in … des Kl als Werbungskosten geltend.
Mit Bescheid vom 5. April 2001 setzte der Bekl die ESt 1999 fest, wobei er die von den Kl geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 12.750 DM nicht zum Werbungskostenabzug zuließ, weil es den Verträgen an der zivilrechtlichen Wirksamkeit fehle. Da es sich um ein Insichgeschäft im Sinne des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) handle, sei gemäß § 1909 BGB eine Ergänzungspflegschaft zwingend notwendig gewesen. Darüber hinaus sei die Gestaltung – auch bei künftiger zivilrechtlicher Wirksamkeit – aufgrund des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF-Schreiben) vom 1. Dezember 1992, veröffentlicht im Bundessteuerblatt Teil I 1992, Seite 729, Randziffern 5 (ausreichende Besicherung) und 8 (Schenkung unter Auflage) nicht anzuerkennen.
Gegen diesen Bescheid legten die Kl mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10. April 2001 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97, BStBl II 2000, 386, im Wesentlichen vor, der Abzug der Schuldzinsen sei vom Bekl zu Unrecht versagt worden, da ihnen der Umstand, dass sie bei Abschluss der Darlehensverträge des Kl mit den Kindern keinen Ergänzungspfleger hätten bestellen lassen, nicht anzulasten sei. Denn sie hätten in Unkenntnis der zivilrechtlichen Notwendigkeit auf die Bestellung eines Ergänzungspflegers verzichtet. Dass sich aus der Gesetzeslage das Erfordernis der Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht eindeutig ableiten lasse, habe der BFH in dem genannten Urteil dargelegt. Darüber hinaus verweisen sie darauf, dass bei der schenkweisen Übertragung von Gesellschaftsanteilen an der … GmbH auf die minderjährigen Kinder der Kl im Jahr 1993 entsprechend der vom Vormundschaftsgericht und vom Bekl erteilten Auskünfte keine Mitwirkung eines Ergänzungspflegers erforderlich gewesen sei. Aufgrund dieses Umstands seien sie davon ausgegangen, dass eine Ergänzungspflegerbestellung beim Abschluss von Darlehensverträgen erst recht nicht erforderlich sei. Außerdem seien die abgeschlossenen Verträge tatsächlich durchg...