Entscheidungsstichwort (Thema)

Objektive Beweislast; Heilung von Bekanntgabemängeln durch Übersendung einer Bescheidkopie; Wirksamkeit einer Pfändungsverfügung ohne Leistungsgebot

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Finanzbehörde trägt die Beweislast für die Tatsachen, welche ihren Anspruch begründen. So auch für die Feststellung der Person, die eine Lohnsteueranmeldung abgegeben hat, gegen deren Rückstände das FA Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet hat.

2. Die Übersendung einer Bescheidkopie bewirkt die Heilung eines früheren Bekanntgabemangels. Unerheblich ist, ob die Übersendung der Kopie durch die Vollstreckungs- oder die Veranlagungsstelle erfolgt, wenn ein fehlender Bekanntgabewille der Behörde nicht ersichtlich ist.

3. Fehlt im Zeitpunkt des Ergehens einer Pfändungsverfügung das Leistungsgebot, führt dies zu deren Rechtswidrigkeit, nicht zur Nichtigkeit.

 

Normenkette

AO 1977 § 122 Abs. 2, § 254 Abs. 1, §§ 124-125

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.10.2002; Aktenzeichen VII R 56/00)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Pfändungsverfügung.

Die Klägerin hat eine Umsatzsteuererklärung 1984 vom 30. März 198 abgegeben, welcher das zuständige Finanzamt KD zugestimmt hat. Am 3. August 198 erging gegen sie durch dasselbe Amt ein Umsatzsteuerbescheid 1985, der auf einer Schätzung beruhte. Ebenso erging Schätzungsbescheid über Umsatzsteuer 1986 vom 6. Juni 198 durch den Beklagten. Am 7. April 198 wurde eine Umsatzsteuererklärung 1986 für E U abgegeben, aufgrund der vom Beklagten ein geänderter Umsatzsteuerbescheid 1986 vom 23. November 199 gegen die Klägerin erlassen wurde. Nachdem der Zugang dieses Bescheides bestritten worden war, übersandte ihn der Beklagte am 7. Juni 199 an den Bevollmächtigten der Klägerin. Diese legte dagegen am 9. Juni 199 Einspruch ein. Des weiteren erging am 4. April 199 ein Umsatzsteuerschätzungsbescheid 1987 gegen die Klägerin, der am 7. Mai 199 geändert wurde. Der gegen diesen eingelegte Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Für 1986 wurden in der Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung 1986 auch die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für E U erklärt.

Ab 29. Mai 198 hat der Ehemann der Klägerin (E U) bei der Stadt K einen Estrich- und Fliesenlegerbetrieb angemeldet. Mit seinem Schreiben vom 10. August 199 erwähnt er, daß der Klägerin mit Schreiben vom 15. Dezember 199 eine Rückstandsaufstellung vom 11. Dezember 199 übersandt worden sei. Wegen deren Inhalt wird auf die Vollstreckungsakte des Beklagten, Band 2 verwiesen.

Mit Pfändungsverfügung vom 25. April 199 hat der Beklagte die Bankguthaben und alle weiteren Ansprüche der Klägerin gegen die D Bank bis zu einem Betrag von 156. DM gepfändet. Wegen seiner Zusammensetzung wird auf die Anlagen zu der Verfügung Bezug genommen. Der Beschwerde dagegen wurde mit Bescheid vom 27. Juni 199 in Bezug auf Lohnsteuer, ev. und rk. Kirchenlohnsteuer und dazugehörige Säumniszuschläge von März bis Dezember 1986 sowie wegen Umsatzsteuerverspätungszuschlägen August bis Dezember 1986 abgeholfen. Auf den Inhalt des Bescheids wird Bezug genommen. Dadurch wurden die zu vollstreckenden Schulden auf 129. DM verringert. Die Beschwerde dagegen wurde mit Beschwerdeentscheidung vom 20. Juli 199 abgewiesen.

Durch Schreiben vom 26. Januar 199 hat der Beklagte die nicht wirksame Bekanntgabe des Umsatzsteuerbescheids 1986 vom 23. November 199 nach § 125 Abs. 5 AO festgestellt und das Einspruchsverfahren gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1986 vom 23. November 199 für erledigt erklärt.

Die Klägerin macht in ihrer innerhalb der nach § 79 b Abs. 1 FGO gesetzten Ausschlußfrist eingegangenen Klageschrift geltend. Lohnsteuerrückstände für die Zeit vom Januar 1986 bis Mai 1987 dürften nicht in die Pfändung einbezogen werden, da sie für diese Zeit keine eigenen Lohnsteueranmeldungen abgegeben habe. Sie habe lediglich vom Oktober 198 bis zum 31.12.198 ein Einzelhandelsgeschäft geführt. Der Beklagte räume auch ein, daß solche Anmeldungen bei ihm nicht vorlägen. Seine Behauptung, deren Abgabe sei aus Eintragungen im Überwachungsbogen für die Zeit zwischen Januar 198 und Mai 198 und einem „Speicherkonto” zu schließen, werde bestritten. Aus den Akten des Beklagten ergebe sich nämlich, daß dieser Steueranmeldungen willkürlich umgeschrieben habe. Selbst wenn also der Überwachungsbogen vorhanden sei und das besagte Speicherkonto bestehe, würden dadurch die behaupteten Lohnsteueranmeldungen nicht bewiesen. Sie sei zu deren Abgabe weder berechtigt noch verpflichtet gewesen, weil sie Inhaberin des Einzelhandelsunternehmens nur von Oktober 198 bis 31.12.198 gewesen sei, ab dem 01.01.198 jedoch einen Handwerksbetrieb nicht habe führen dürfen und wollen, noch ihn geführt habe. Dies habe sie dem Beklagten gegenüber auch immer wieder erklärt. Sie sei nicht im Gewerberegister eingetragen gewesen. Betriebsinhaber sei allein ihr Ehemann. Daß dieser erst ab Juni 1987 ein Gewerbe angemeldet habe, stehe dem nicht entgegen. Für 1986 habe allein er eine Bilanz erstellt und eine Steuererkläru...

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