Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Berichtigung der Parteibezeichnung.

 

Orientierungssatz

Die Bezeichnung der Partei ist für die Parteistellung nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist (zur Auslegung der Klageschrift durch das Revisionsgericht vgl. BGH-Rechtsprechung). In die Beurteilung ist auch der im weiteren Verfahren erfolgte Tatsachenvortrag miteinzubeziehen. Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Dabei ist im allgemeinen nicht davon auszugehen, daß eine Klage für jemand erhoben wird, der nicht mehr existent ist. Bloße Berichtigungen der Parteibezeichnungen zur Klarstellung sind zulässig (vgl. BGH-Rechtsprechung; Literatur).

 

Normenkette

FGO § 65

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob eine bereits erloschene GmbH Klage erhoben hat.

Die XY-GmbH betrieb in den Streitjahren 1969 bis 1971 ein Sägewerk und eine Holzhandlung. Im Rahmen dieses Unternehmens wurden u.a. Sägewerksabfälle und Schnittholz vertrieben. Zur Beförderung dieser Güter setzte die XY-GmbH eigene Lastzüge im Werkverkehr ein. Für die steuerpflichtigen Beförderungen im Werkfernverkehr berechnete die XY-GmbH die Straßengüterverkehrsteuer selbst und gab entsprechende monatliche Steuererklärungen ab. Auf der Grundlage dieser Erklärungen erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) jeweils für ein Jahr zusammengefaßte Straßengüterverkehrsteuerbescheide für 1969 am 3.Juni 1970, für 1970 am 29.März 1971 und für 1971 am 20.März 1972. Die Bescheide waren an die XY-GmbH gerichtet.

Im Anschluß an eine Straßengüterverkehrsteuerprüfung erließ das FA im September 1973 jeweils für die Monate Januar bis Dezember der Jahre 1969, 1970 und 1971 berichtigte Straßengüterverkehrsteuerbescheide. Diese waren ebenfalls an die XY-GmbH adressiert. Der namens der XY-GmbH eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Im August 1976 erhob die damalige Prozeßbevollmächtigte namens und in Vollmacht der XY-GmbH Klage. Während der Folgezeit, in der zunächst nur Fristverlängerungsanträge für die Klagebegründung gestellt wurden, fand eine Steuerfahndungsprüfung statt, aufgrund deren Ergebnis das FA im August 1977 erneut berichtigte Straßengüterverkehrsteuerbescheide für die streitigen Zeiträume erließ. Diese Bescheide waren adressiert an die XY-GmbH in A, z. Hd. von Firma B & Co. Revisions- und Treuhand GmbH in C.

Die nach der Klageschrift eingegangenen Schriftsätze, mit denen Fristverlängerung beantragt wurde, bezeichnen im Betreff wechselnd die Klage als eine solche der Firma XY mit und ohne Zusatz "GmbH". Mit weiterem Schriftsatz vom Dezember 1978 legte der jetzige Prozeßbevollmächtigte eine Vollmacht "in Sachen .... wegen Straßengüterverkehrsteuer" vor, die den Stempelaufdruck der Firma XY in A trägt. In der nachfolgenden Klagebegründungsschrift und in einem weiteren Schriftsatz, mit dem die berichtigten Bescheide vom August 1977 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden, wurde unter dem Betreff die Klage als eine solche der Firma XY ohne Zusatz "GmbH" bezeichnet.

Im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens erhielt das FA Kenntnis von folgenden Vorgängen:

Auf Beschluß der Gesellschafterversammlung der XY-GmbH vom 20.Juni 1972, der am 3.Juli 1972 in das Handelsregister eingetragen worden ist, wurde die GmbH mit Wirkung vom 1.Januar 1972 in eine KG unter der Firma XY umgewandelt. Zum 1.Januar 1973 trat die mit Gesellschaftsvertrag vom 5.Dezember 1972 gegründete und am 12.Dezember 1972 in das Handelsregister eingetragene Y-Verwaltungsgesellschaft mbH als persönlich haftende Gesellschafterin ein. Die Komplementär-GmbH, deren Geschäftsführer Y ist, führt seitdem die Geschäfte der KG, die unter der Firma XY betrieben wird.

Daraufhin hob das FA die geänderten Straßengüterverkehrsteuerbescheide vom August 1977 sowie die geänderten Straßengüterverkehrsteuerbescheide vom September 1973 "wegen falscher Adressierung gemäß § 125 AO" auf. Außerdem erließ das FA neue Straßengüterverkehrsteuerbescheide an die KG als Gesamtrechtsnachfolgerin der XY-GmbH.

Die Klägerin vertrat nunmehr im finanzgerichtlichen Verfahren die Ansicht, durch die Aufhebung der angefochtenen Steuerbescheide sei die Klage in der Hauptsache erledigt. Die Klage sei von Anfang an von der Firma XY erhoben gewesen. Die Klägerin erklärte die Hauptsache für erledigt und beantragte, die Kosten des Verfahrens dem FA aufzuerlegen. Das FA war demgegenüber der Auffassung, es läge eine Klage der XY-GmbH vor und damit einer nicht existierenden Beteiligten. Es beantragte, die Klage als unzulässig abzuweisen. Diesem Antrag hat das Finanzgericht (FG) entsprochen. Seiner Ansicht nach war Gegenstand des Verfahrens von Anfang an eine Klage der XY-GmbH. Eine Änderung sei insoweit bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung nicht eingetreten. Der Mangel der Prozeßführung durch eine nicht existierende Partei sei auch nicht durch Berichtigung der Parteibezeichnung oder durch eine Klageänderung beseitigt worden. Die einseitige Erledigungserklärung gehe daher ins Leere.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung der §§ 65 und 138 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Sie beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit als in der Hauptsache erledigt zu erklären.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

1. Entgegen der Ansicht des FG war die Revisionsklägerin auch Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren. Eine Auslegung der Klageschrift und der weiteren Schriftsätze der Prozeßbevollmächtigten, die der Senat selbst vornehmen kann (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 24.Januar 1952 III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 335; vom 16.Mai 1983 VIII ZR 34/82, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1983, 2448), führt zum Ergebnis, daß Klägerin von Anfang an die Firma XY war.

Die Bezeichnung der Partei allein ist für die Parteistellung nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. In die Beurteilung ist auch der im weiteren Verfahren erfolgte Tatsachenvortrag miteinzubeziehen (BGH-Urteil vom 24.November 1980 VII ZR 208/79, NJW 1981, 1453). Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH-Urteil in NJW 1983, 2448). Dabei ist im allgemeinen nicht davon auszugehen, daß eine Klage für jemanden erhoben wird, der nicht mehr existent ist (vgl. Urteil des Reichsgerichts --RG-- vom 25.Mai 1938 II 165/37, RGZ 157, 369, 375; BGH-Urteil vom 5.Februar 1958 IV ZR 204/57, Zeitschrift für Zivilprozeß --ZZP-- Bd.71 --1958--, 471, 474, unter I c; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Anm.1 zu § 65 FGO, Buchst.c).

Im Streitfall ist der Klageschrift und dem weiteren Tatsachenvortrag bei verständiger Würdigung des verfolgten Klageziels zu entnehmen, daß derjenige Rechtsschutz begehrt, der im Zeitpunkt der Klageerhebung zur Zahlung der Straßengüterverkehrsteuer in Anspruch genommen werden könnte. Dies ist nicht mehr die XY-GmbH, sondern die Firma XY; denn durch die Umwandlung der XY-GmbH in die Personengesellschaft war diese bereits vor Klageerhebung Rechtsnachfolgerin der GmbH geworden, die ihrerseits mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister erloschen ist (vgl. Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21.Oktober 1985 GrS 4/84, BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230). Wie auch das weitere Vorgehen der Klägerin zeigt, wollte die Revisionsklägerin sich gegen die Steuerfestsetzungen wenden, die sie als gegen sich gerichtet ansah.

Damit stellt sich der Sachvortrag des jetzigen Prozeßbevollmächtigten als bloße Berichtigung der Parteibezeichnung dar. Der Prozeßbevollmächtigte hat lediglich klargestellt, daß nicht die XY-GmbH, sondern die Firma XY Rechtsschutz begehrt. Derartige Berichtigungen der Parteibezeichnungen sind zulässig (BGH-Urteile in BGHZ 4, 328, 335, und in NJW 1981, 1453, m.w.N.; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 13.Aufl., § 41 III). Die Berichtigung kann auch in der Abänderung der bisherigen Angaben bestehen, vorausgesetzt, daß sie --wie hier-- dieselbe Person betreffen (Rosenberg/Schwab, a.a.O.; Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung mit Nebengesetzen, 9.Aufl., Vorbem. § 50 III 1).

2. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat --von seiner Rechtsauffassung ausgehend zutreffend (vgl. BFH-Urteil vom 9.August 1977 VII R 123/74, BFHE 122, 443, BStBl II 1977, 697)-- keine Entscheidung darüber getroffen, ob die Klägerin im Klageverfahren berechtigt war, ihren Antrag, die angefochtenen Straßengüterverkehrsteuerbescheide aufzuheben, in den Antrag umzuändern, zu entscheiden, daß die Hauptsache erledigt sei. Auf diesen Antrag wird das FG im zweiten Rechtsgang einzugehen haben.

3. Das Rubrum der Vorentscheidung war dahingehend abzuändern, daß Klägerin die Firma XY in A ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61126

BStBl II 1987, 178

BFHE 148, 212

BFHE 1987, 212

BB 1987, 398

BB 1987, 398-398 (ST)

DStR 1987, 228-229 (ST)

HFR 1987, 254-255 (ST)

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