Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe kann jederzeit wiederholt werden; der wiederholte Antrag kann jedoch wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig sein.

2. Zum Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.

 

Normenkette

FGO §§ 142, 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; ZPO §§ 114, 920 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

Das FG ist im Ergebnis zu Recht zu der Auffassung gelangt, daß der Antrag des Beschwerdeführers auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zur Abwehr von Vollstreckungsmaßnahmen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Beurteilung läßt sich allerdings - entgegen der Ansicht des FG - nicht darauf stützen, daß das FG bereits durch Beschluß vom 2. September 1988 einen inhaltsgleichen Antrag abgelehnt und der Beschwerdeführer keine neuen Gründe geltend gemacht habe. Denn die Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von PKH erwächst nicht in Rechtskraft. Infolgedessen kann ein Antrag auf PKH jederzeit wiederholt werden. Die wiederholte Antragstellung ohne neue Tatsachen oder neue Belege oder neue Beweismittel kann jedoch rechtsmißbräuchlich und deshalb wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig sein. Hierzu hat das FG indes keine näheren Feststellungen getroffen.

Seine Entscheidung wird aber durch die Hilfserwägung getragen, daß der Beschwerdeführer einen Anordnungsgrund nicht schlüssig dargelegt und nicht glaubhaft gemacht hat. Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn die begehrte Regelung aus bestimmten Gründen (z. B. ,,um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern") ,,nötig erscheint". Die Darlegungen des Beschwerdeführers reichen für einen dahingehenden Schluß nicht aus. Soweit seine Einwendungen die Rechtmäßigkeit der der Vollstreckung zugrunde liegenden Steuerverwaltungsakte betreffen, müssen sie bei der Beurteilung, ob ein Anordnungsgrund gegeben ist, außer Betracht bleiben. Denn für solche Einwendungen ist das Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO mit dem Ziele einer Aussetzung der Vollziehung des Verwaltungsakts vorgesehen (§ 114 Abs. 5 FGO). Gleiches gilt für die Einwendungen, mit denen der Beschwerdeführer geltend macht, die Pfändungsmaßnahmen seien rechtswidrig gewesen (BFH-Beschluß vom 17. Mai 1988 VII B 27/88, StRK, Abgabenordnung, § 309, Rechtsspruch 6 Nrn. 1 und 2; BFH-Beschluß vom 12. April 1984 VIII B 115/82, BFHE 140, 430, 432, BStBl II 1984, 492, 494).

Auch soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erlaß von Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen durch FA und OFD wendet, hätte das FG dem FA nur dann durch einstweilige Anordnung untersagen dürfen, vor Beendigung des Hauptverfahrens die Steuer einzuziehen, wenn der Beschwerdeführer nicht nur einen Anordnungsanspruch, sondern auch einen Anordnungsgrund geltend und glaubhaft gemacht hätte (§ 114 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 FGO, § 920 Abs. 2, § 294 ZPO; BFH-Beschluß vom 22. September 1971 I B 26/71, BFHE 103, 390, 393, BStBl II 1972, 83).

Somit verletzte das FG das Recht des Beschwerdeführers auf Gehör nicht dadurch, daß es auf die Einwendungen des Beschwerdeführers (die allein den jeweiligen Anordnungsanspruch betrafen) nicht näher einging. Denn Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz dagegen, daß das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teiweise unberücksichtigt läßt (BVerfG Beschl. vom 14. April 1988 1 BvR 1580/87, StRK, VGFGEntlG Rechtsspruch 42).

Auch soweit die Einwendungen des Beschwerdeführers dahin zu verstehen sind, das FG habe zu Unrecht eine einstweilige Anordnung gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht getroffen, obwohl die Vollstreckung gegen ihn unbillig und deshalb gemäß § 258 AO 1977 einstweilen einzustellen gewesen sei, fehlt es an der Voraussetzung, daß der Beschwerdeführer den Anordnungsgrund (die bestehende Gefahr, ,,daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte") schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht hat (§ 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 FGO, § 920 Abs. 2 ZPO; BFH-Beschluß vom 14. Juni 1988 VII B 15/88, StRK, Abgabenordnung, § 257, Rechtsspruch 5, m. w. N.).

 

Fundstellen

BFH/NV 1990, 797

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