Entscheidungsstichwort (Thema)
Missglückter gewerblicher Grundstückshandel: Bei Verkauf von weniger als vier Objekten (hier: überhaupt keinem Objekt) unbedingte Veräußerungsabsicht erforderlich
Leitsatz (NV)
Zieht der Eigentümer eines zum Zwecke der Vermögensverwaltung erworbenen Grundstücks den Verkauf mit einem von ihm zu errichtenden Gebäude lediglich in Erwägung, so ist nicht erkennbar, in welcher Weise er in unbedingter Veräußerungsabsicht gewerblich (z.B. als Bauunternehmer, Baubetreuer oder Erschließungsunternehmer) tätig geworden sein soll.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2; EStG § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 25.02.2005; Aktenzeichen 8 K 3031/01) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zu 1 bis 7 sind Gesellschafter der Klägerin zu 8. Ursprünglicher Gegenstand des Unternehmens war das projektierte Bauvorhaben X-Straße in Gesellschaftsbesitz zu bringen, zu be-bauen und im Bestand zu halten.
Das Grundstück X-Straße, für das am 8. Dezember 1992 eine Baugenehmigung erteilt worden war, gehörte ursprünglich einem Herrn K. zu Alleineigentum. Anfang November 1993 brachte Herr K. das Grundstück in eine zwischen ihm und seiner Mutter bestehende GbR ein. Am 18. Dezember 1993 übertrugen seine Mutter und er ihre gesamten Gesellschaftsanteile zu einem Kaufpreis von 2 Mio. DM an die Gesellschafter der Klägerin. Mitübertragen wurden auch die "Urheberrechte an der Baugenehmigung bzw. an den Bauplänen". Der Bauplan sah zwei Gewerbeeinheiten und acht Wohneinheiten vor.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 14. August 1996 veräußerte die Klägerin zu 8 das Grundstück in unbebautem Zustand für 2 170 000 DM. Mitveräußert wurden dem Klägervorbringen zufolge die Bauplanung sowie die Baugenehmigung vom 8. Dezember 1992.
In den Jahren 1994 und 1995 hatte die Klägerin zu 8 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Werbungskostenüberschüsse in Höhe von 194 361 DM (1994) und 167 015 DM (1995) erklärt.
Für das Streitjahr (1996) erklärte die Klägerin zu 8 einen gewerblichen Verlust in Höhe von 361 610 DM. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erkannte diesen Verlust nicht an und erließ einen entsprechenden negativen Feststellungsbescheid. Auch die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos.
Mit ihrer Klage machte die Klägerin zu 8 geltend, dass sich der Gesellschaftszweck geändert habe. Ursprünglich habe man beabsichtigt, das Grundstück zu erwerben, zu bebauen und im Bestand zu erhalten. Davon sei man abgekommen. Nunmehr habe man beabsichtigt, auf dem Grundstück zwei Gewerbe- und 10 Wohneinheiten zu errichten und sie dann zu verkaufen. Drei Bauanträge ("Tek-turpläne") seien verworfen worden. Dadurch sei wertvolle Zeit verloren gegangen. Die Stellplatzproblematik habe eine aufwändige Lösung erfordert. Man habe nur mit Fremdmitteln gearbeitet. Die zu erzielenden Mieten hätten sich vermindert. Nach Aufgabe der Vermietungsabsicht habe sie, die Klägerin zu 8, sich wie ein Bauunternehmer verhalten. So habe sie versucht, eine bestehende Bebauung zu Gunsten einer höheren Bebauung umzuwerfen. Ferner habe sie eine Vereinbarung über die Möglichkeit eines Stellplatznachweises abgeschlossen. Nach einer weiteren Umplanung hätten ca. 30 Wohnungen nach dem Modell des betreuten Wohnens entstehen sollen. Hierzu seien umfangreiche Verhandlungen geführt worden. Dabei habe das Grundstück nach den Wünschen der Erwerber bebaut werden sollen. Man habe versucht, durch Umstrukturierungen im Gesellschafterbestand die Bebauung weiter zu treiben. Außerdem sei sie, die Klägerin zu 8, auf dem Grundstücksmarkt anderweitig tätig geworden.
Die Klage hatte keinen Erfolg, die Revision gegen sein Urteil ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu.
Entscheidungsgründe
II. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde ist unbegründet.
1. Den für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Fragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu.
a) Die Kläger messen der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung bei, ob ein gewerblicher Grundstückshandel auch dann zu bejahen sei, wenn eine angedachte Neu- bzw. Umplanung von Steuerpflichtigen nicht realisiert wurde.
Die Frage ist nicht klärungsbedürftig. Ihre Beantwortung ergibt sich ohne weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel.
Verkauft der Steuerpflichtige weniger als vier unbebaute Grund-stücke, so kann nach den im Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98 (BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) niedergelegten Grundsätzen ein gewerblicher Grundstückshandel nur unter besonderen Voraussetzungen vorliegen. Der Große Senat des BFH hat dazu Beispiele angeführt. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass der Veräußerer Aktivitäten zur Erhöhung des Grundstückswertes --wie etwa die Bebauung-- zu einem Zeitpunkt entfaltet, zu dem zweifelsfrei erwiesen ist, dass das Grundstück aus seinem Vermögen ausscheiden soll oder bereits ausgeschieden ist (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 unter C.III.5., und insbesondere BFH-Urteil vom 9. Dezember 2002 VIII R 40/01, BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294 unter 3.b). Diese Grundsätze beruhen auf der Rechtsansicht, dass es der "Drei-Objekt-Grenze" nicht bedarf, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass die Tätigkeiten, die in ihrer Gesamtheit das Merkmal der Nachhaltigkeit erfüllen, mit unbedingter Veräußerungsabsicht ausgeübt worden sind (BFH-Entscheidungen vom 29. Oktober 1997 X R 183/96, BFHE 184, 355, BStBl II 1998, 332 unter III.3.a, und in BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294 unter 3.b). In derartigen Fällen wird der Veräußerer --sofern er das Grundstück für Rechnung des Erwerbers bebaut-- wie ein Bauunternehmer, Generalübernehmer oder Baubetreuer tätig. Derjenige, der nach der Entscheidung zum Verkauf Erschließungsmaßnahmen durchführt, wird wie ein Baulanderschließungsunternehmer tätig. Das gilt selbst dann, wenn der Grundbesitz ursprünglich in der Absicht erworben worden sein sollte, ihn im Wege der Vermietung oder Verpachtung zu nutzen. Die in Veräußerungsabsicht vorgenommenen neuen Aktivitäten markieren den Zeitpunkt, in dem das Grundstück vom Gegenstand der privaten Vermögensverwaltung zum gewerblichen Umlaufvermögen geworden ist (Senatsurteil vom 15. April 2004 IV R 54/02, BFHE 206, 90, BStBl II 2004, 868 unter II.1.a bb; zur ähnlichen Problematik beim Wechsel vom landwirtschaftlichen Anlagevermögen zum gewerblichen Umlaufvermögen Senatsurteil vom 8. September 2005 IV R 38/03, BFHE 211, 195, BStBl II 2006, 166).
Zieht der Eigentümer eines zum Zwecke der Vermögensverwaltung erworbenen Grundstücks den Verkauf mit einem von ihm zu errichtenden Gebäude lediglich in Erwägung, so ist nicht erkennbar, in welcher Weise er in unbedingter Veräußerungsabsicht gewerblich (z.B. als Bauunternehmer, Baubetreuer oder Erschließungsunternehmer) tätig geworden sein soll. Das gilt in noch viel stärkerem Maße, wenn lediglich eine Neu- bzw. Umplanung angedacht, aber nicht realisiert wurde.
b) Aus demselben Grund ist auch die Rechtsfrage, ob ausschließliche Fremdfinanzierung des Grundstücksgeschäfts ein Abweichen von der Drei-Objekt-Grenze rechtfertigen könnte, nicht klärungsbedürftig. Es liegt nach dem vorstehend Ausgeführten auf der Hand, dass die Art der Finanzierung nichts darüber aussagt, ob der Steuerpflichtige mit unbedingter Veräußerungsabsicht gewerblich tätig geworden ist oder ob er mit dem Verkauf lediglich seine bisherige vermögensverwaltende Tätigkeit beendet.
2. Die Divergenzrügen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) sind allesamt nicht in zulässiger Weise vorgetragen.
a) Es ist nicht erkennbar, woraus die Kläger herleiten wollen, dem vorinstanzlichen Urteil liege der Rechtssatz zugrunde, dass der Handel mit unbebauten Grundstücken nicht zu einem gewerblichen Grundstückshandel führe. Das FG hat sich mit der Bebauung nur insoweit befasst, als es ausgeführt hat, die Kläger könnten sich nicht darauf berufen, dass es nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 auf die Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze nicht ankomme, wenn der Veräußerer das Grundstück mit einem von ihm zu errichtenden Gebäude veräußere.
b) Der Beschwerdebegründung zufolge soll das FG von einem Rechtssatz des BFH abweichen, demzufolge es nicht auf den tatsächlich verwirklichten, sondern auf den geplanten Sachverhalt ankomme. Diesen Rechtssatz wollen die Kläger daraus herleiten, dass für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht ausreiche. Dabei wird übersehen, dass die bedingte Veräußerungsabsicht nur bei Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 206, 90, BStBl II 2004, 868 unter II.1.b.bb).
c) Die Kläger haben keinen Rechtssatz eines Urteils des BFH oder eines anderen Gerichts benannt, demzufolge es auf das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze auch dann nicht ankommt, wenn das Grundstück nicht vom Veräußerer nach den Wünschen des Erwerbers bebaut wird, sondern der Veräußerer eine solche Bebauung lediglich in Erwägung zieht.
d) Das FG hat nicht in Abrede gestellt, dass auch die Veräußerung an nur einen Erwerber zu der Erfüllung des geschriebenen Tatbestandmerkmals der Nachhaltigkeit (§ 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes) führen kann. Es hat diese Frage im Streitfall lediglich unter Abwägung aller entscheidenden Gesichtspunkte verneint. Eine Divergenz zu einem BFH-Urteil lässt sich nicht erkennen. Abgesehen davon spielt die Frage der Nachhaltigkeit keine Rolle (mehr), wenn das FG das Überschreiten der Grenze zwischen Vermögensverwaltung und Gewerblichkeit verneint, ohne dass insoweit durchgreifende Gründe für eine Zulassung der Revision vorgebracht würden.
3. Auch die Verfahrensrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist unzulässig. Es fehlt bereits an der Darlegung, welche Beweise das FG von Amts wegen hätte erheben müssen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 70). Zudem hätte die unterlassene Beweiserhebung nur die Frage der Nachhaltigkeit betroffen, auf die es nicht entscheidend ankam (s. vorstehend unter II.2.d).
Fundstellen
Haufe-Index 1581459 |
BFH/NV 2006, 2063 |