Einkommensteuerliche Pflichten des Zwangsverwalters
Der BFH hat sich in einem Urteil v. 10.2.2015, IX R 23/14, umfassend zu der Frage, welche steuerlichen Pflichten den Zwangsverwalter eines Grundstücks treffen, Stellung genommen. Dieses Urteil hat seinen Niederschlag in einem BMF-Schreiben v. 3.5.2017 gefunden. Aufgrund verschiedener Gesetzesänderungen, vor allem im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts v. 10.8.2021 (BGBl I 2023 S. 3436), das im Wesentlichen seit 1.1.2024 gilt, sowie nachfolgenden Änderungen in der AO, war es erforderlich, dieses Schreiben zu überarbeiten.
Diese Überarbeitung ist durch das BMF nunmehr erfolgt. Das neue Schreiben tritt mit sofortiger Wirkung an die Stelle des alten Schreibens und ist damit von der Finanzverwaltung zu beachten. Steuerpflichtigen bietet das BMF-Schreiben einen guten Überblick über die Pflichten des Zwangsverwalters.
Zwangsverwaltung eines Grundstücks
Die Zwangsverwaltung ist eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung, die im Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG) geregelt ist. Durch den Beschluss über die Anordnung der Zwangsverwaltung wird einem Schuldner das Recht zur Verwaltung und Benutzung eines Grundstücks entzogen. Diese Rechte gehen auf den Zwangsverwalter über.
Der Zwangsverwalter ist verpflichtet, das Grundstück zu erhalten und wirtschaftlich zu nutzen. Aus den Nutzungen erfolgt eine Befriedigung der Gläubiger. Das Grundstück wird also bei der Zwangsverwaltung nicht versteigert, sondern der Schuldner bleibt Eigentümer. Die Anordnung der Zwangsverwaltung führt aber dazu, dass das Grundstück bis zur Aufhebung der Zwangsverwaltung getrennt vom übrigen Vermögen verwaltet wird.
Für den Zwangsverwalter ergeben sich verschiedene Verpflichtungen, die aus seiner Stellung erwachsen. Dies betrifft naturgemäß auch steuerliche Verpflichtungen. Diese ergeben sich vor allem aus der Tatsache, dass der Schuldner Einkünfte aus dem der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstück erzielt, wenn dieses vermietet oder verpachtet ist
Inhalt des BMF-Schreibens
Der wesentliche Inhalt des BMF-Schreibens vom 17.7.2025 lässt sich kurz und knapp wie folgt zusammenfassen:
- In einem einleitenden Abschnitt (Tz. 1 bis 4) werden die rechtlichen Grundlagen der Zwangsverwaltung kurz dargestellt.
- Abschnitt I (Tz. 5) stellt klar, dass der Zwangsverwalter ein Vermögensverwalter im Sinne des § 34 Abs. 3 AO ist. Als solcher hat er die steuerlichen Pflichten des Grundstückseigentümers zu erfüllen, soweit diese das Grundstück betreffen.
- Abschnitt II (Tz. 6 bis 18) setzt sich mit der zentralen Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen auseinander. Hierbei hat der Zwangsverwalter insbesondere Angaben zu machen über die Einnahmen aus dem Grundstück, etwaige Kapitalerträge aus der Verwaltung des Grundstücks sowie die Kosten der Verwaltung im Zusammenhang mit dem Grundstück. Insofern hat er die entsprechenden Anlagen beim Finanzamt einzureichen. Eine Pflicht zur Einreichung auf elektronischem Wege besteht nicht.
- Ist Eigentümerin des Grundstücks eine rechtsfähige Personengesellschaft, besteht die Pflicht zur Abgabe der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung primär bei der Personengesellschaft und nachrangig bei den Feststellungsbeteiligten. Der Zwangsverwalter ist insofern zur Erklärung verpflichtet, wie die Besteuerungsgrundlagen das Grundstück betreffen (Tz. 8). Dieser Punkt ist einer der Aspekte, der neu zu fassen war, da das MoPeG erst die gesetzliche Grundlage für eine rechtsfähige GbR geschaffen hat. Das Steuerecht ist dem neuen Konzept zumindest teilweise gefolgt, auch wenn Personengesellschaften im Steuerrecht nach wie vor als Gesamthand behandelt werden.
- Ein gesonderter Unterabschnitt (Tz. 9 bis 12) betrifft die Erklärungspflicht bei einer nicht rechtsfähigen Personengesellschaft oder im Falle von Miteigentum. Hier und im Falle von Sonderbetriebsvermögen besteht nur eine eingeschränkte Verpflichtung des Zwangsverwalters. Von einiger Praxisrelevanz dürfte der Fall sein, dass das Grundstücks im Gesamthandseigentum einer Erbengemeinschaft steht. Hier ist der Zwangsverwalter nicht zur Abgabe einer Feststellungserklärung verpflichtet, da die Verpflichtung die einzelnen Miterben trifft (Tz. 11).
- Ist das Grundstücks in eine Feststellungserklärung nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b AO einzubeziehen, hat der Zwangsverwalter neben dem Schuldner bei der Erstellung der Klärung mitzuwirken (Tz. 13).
- In dem Fall, das das Schuldner, dessen Grundstück der Zwangsverwaltung unterliegt, auch insolvent ist, treffen primär den Insolvenzverwalter die Pflichten zu Abgabe der Steuererklärungen (Tz. 14). Eine Ausnahmen gilt allerdings, wenn bezüglich des Grundstücks die Freigabe erklärt worden ist.
- In Tz. 15 stellt das BMF-Schreiben klar, dass die Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen den Zwangsverwalter erst ab der Bestellung trifft Dies unterscheidet den Zwangsverwalter vom Insolvenzverwalter, der auch für die Abgaben von Steuererklärungen für abgelaufene Veranlagungszeiträume verantwortlich ist. Mit Beendigung der Zwangsverwaltung endet grundsätzlich die Abgabepflicht (Tz. 16f).
- Abschnitt III (Tz. 19 bis 24) setzt sich mit der Entrichtungspflicht auseinander. Unter Bezugnahme auf die entsprechende Rechtsprechung des BFH stellt das Schreiben klar, dass der Zwangsverwalter die Einkommensteuer des Grundstückseigentümers zu entrichten hat, soweit die Einkünfte aus dem beschlagnahmten Grundstück resultieren (Tz. 19). Dies gilt auch im Insolvenzverfahren (TZ. 20). Der Eigentümer bleibt aber Schuldner der Einkommensteuer (Tz. 23). Steht das zwangsverwaltete Grundstück im Eigentum einer Personengesellschaft treffen den Zwangsverwalter keine weitergehenden Pflichten als die Personengesellschaft. Er muss also in diesem Fall nicht die Einkommensteuer der Gesellschafter entrichten. Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung endet die Entrichtungspflicht, der Zwangsverwalter bleibt aber verpflicht die Steuer zu zahlen, die während der Zwangsverwaltung festgesetzt wird.
- Abschnitt IV (Tz. 25 bis 26) stellt klar, dass der Zwangsverwalter die steuerlichen und zivilrechtlichen Mitwirkungspflichten zu erfüllen hat.
- Die örtliche Zuständigkeit wird durch die Zwangsverwaltung nicht berührt, Abschnitt V, Tz. 27.
- Abschnitt VI (Tz. 28 bis 32) betrifft die Ermittlung der steuerlichen Einkünfte für den Zeitraum der Zwangsverwaltung. Hierbei sind typische Kosten im Zusammenhang mit der Vermietung eines Grundstücks als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar. Die Pflicht zur Ermittlung obliegt dem Zwangsverwalter. Insbesondere sind Kosten der Zwangsverwaltung als Ausgaben in voller Höhe abziehbar (Tz. 30). Antragsrechte sind durch den Zwangsverwalter geltend zu machen, sofern sich diese auf das Grundstück beziehen (Tz. 31). Die Einkommensteuer ist nicht abziehbar, dies entspricht allgemeinen Grundsätzen (Tz. 32).
- Das Recht zur Ausübung des Veranlagungswahlrechts nach § 26 EStG fällt nicht in die Kompetenz des Zwangsverwalters, Abschnitt VII, Tz. 33.
- Abschnitt VIII stellt klar, wie vorzugehen ist, wie die Einkommensteuer zu berechnen ist, wenn andere Einkünfte des Grundstückseigentümer und eines Ehegatten vorliegen (Tz. 34).
- Der umfangreiche Abschnitt IX betrifft die Bekanntgabe von Steuerbescheiden in der Zwangsverwaltung (Tz. 35 bis 43). Da dieser Abschnitt im Wesentlichen die Finanzverwaltung betrifft, sei an dieser Stelle nur darauf hingewiesen, dass Besonderheiten bei Einkommensteuerbescheiden, Feststellungsbescheiden und insbesondere nach Aufhebung der Zwangsverwaltung zu beachten sind.
- Liegen die Voraussetzungen des § 37 EStG vor, sind Einkommensteuervorauszahlungen festzusetzen, die der Zwangsverwalter zu entrichten hat, Abschnitt X, Tz. 44.
- Bezieht sich die Zwangsverwaltung auf mehrere Grundstücke, ist steuerlich jedes Grundstück getrennt zu betrachten, Abschnitt XI, Tz. 45.
- Eine Einspruchsbefugnis gegen Steuerbescheide, die im Zusammenhang mit dem zwangsverwalteten Grundstück stehen, haben der Zwangsverwalter und der Grundstückseigentümer (Abschnitt XII, Tz. 46 bis 47).
- Ein Antragsrecht auf einen Verlustrücktrag oder dessen Beschränkung steht dem Zwangsverwalter nicht zu, Abschnitt XIII, Tz. 48.
- Mit dem Erstattungsanspruch des Zwangsverwalters setzt sich Abschnitt XIV, Tz. 49 bis 51, auseinander. Grundsätzlich stehen Erstattungen während der Zwangsverwaltung dem Zwangsverwalter zu.
- Wichtig ist Abschnitt XV, Tz. 52 bis 54, der die Haftung des Zwangsverwalters betrifft. Da dieser Vermögensverwalter nach § 34 Abs. 3 AO ist, haftet er nach § 69 AO, wenn er die steuerlichen Pflichten grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt (Tz. 53). Ist der Zwangsverwalter einer Berufsgruppe angehörig, die in § 191 Abs. 2 AO genannt ist, also insbesondere Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, ist zuvor die zuständige Kammer anzuhören (Tz. 53). Eine Haftung kommt erst seit der Veröffentlichung des BFH-Urteils v. 10.2.2015 in Betracht, da dieses zu einer veränderten Auffassung von den steuerlichen Pflichten des Zwangsverwalters geführt hat (Tz. 54).
- Im Fall der Veräußerung des Grundstücks ist die hierauf entfallende Einkommensteuer durch den Schuldner und nicht den Zwangsverwalter zu entrichten, Abschnitt XVI, Tz, 55.
- Die Ausführungen des BMF-Schreibens gelten gemäß Abschnitt XVII, Tz. 56, auch im Fall einer gerichtlich angeordneten Verwaltung. Dies gilt nach Abschnitt XVIII indes nicht im Fall einer sog. kalten Zwangsverwaltung, Tz. 57. Diese ist ein Instrument der Insolvenzverwaltung.
- Die abschließenden Abschnitte XIX und XX stellen die zeitliche Anwendung der Grundsätze dar (Tz. 58) sowie die sinngemäße Anwendung im Bereich der Körperschaftsteuer (Tz. 59).
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Geänderte Nutzungsdauer von Computerhardware und Software
8.2005
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0,03 %-Regelung für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte
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Steuerbonus für energetische Baumaßnahmen
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Umsatzsteuerliche Behandlung kleiner Photovoltaikanlagen ab 2023
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1. Neuregelungen ab 2023 und BMF-Schreiben
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