0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit dem Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983) mit Wirkung zum 1.1.2012 eingeführt worden. Aufgrund des Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) v. 10.12.2015 (BGBl. I S. 2229) sind mit Wirkung zum 1.1.2016 in Abs. 1 Satz 2 nach dem Wort "abgeben" ein Semikolon sowie die Wörter "hierzu gehören auch Empfehlungen zu einer sektorenübergreifenden Notfallversorgung" eingefügt worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Bundesländer haben im Rahmen der allgemeinen Daseinsfürsorge die Pflicht, eine flächendeckende, umfassende medizinische Versorgung sicherzustellen. Diese Verpflichtung ist der gesetzlichen Sicherstellungspflicht einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) für die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung übergeordnet, sodass ein Bundesland sich um die Sicherstellung der medizinischen Versorgung seiner Bürgerinnen und Bürger kümmern muss, wenn im Bundesland irgendwelche medizinischen Sicherstellungsprobleme bestehen. Auf Drängen der Bundesländer ist mit Wirkung zum 1.1.2012 durch die Vorschrift die Option geschaffen worden, in allen Bundesländern Landesgremien einzurichten, in denen Empfehlungen zu sektorenübergreifenden Versorgungsfragen abgegeben werden können, aber nicht müssen.

Mit dem gemeinsamen Landesgremium sind die Voraussetzungen für eine landesbezogene Möglichkeit geschaffen worden, den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (vgl. § 90) bei seinen Entscheidungen zur sektorenübergreifenden Sicherstellung der ambulanten und stationären ärztlichen Versorgung durch ein anders zusammengesetztes Fachgremium zu unterstützen. Außerdem können in dem Landesgremium sektorenübergreifende Versorgungsfragen und in diesem Zusammenhang auch die Fragen zur spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b erörtert werden. Während im ambulanten Bereich die Kassenärztliche Vereinigung gemeinsam mit den Krankenkassen die Bedarfsplanung ohne Mitentscheidungsrecht des Landes gestaltet, hat das Land im Bereich der akut-stationären Krankenhausplanung im Wesentlichen ein Alleinentscheidungsrecht. Im Reha-Bereich vollzieht sich die Bedarfsdeckung durch Verträge der Krankenkassen mit einzelnen Leistungserbringern. Die Versorgungsplanung innerhalb der jeweiligen Leistungssektoren geschieht dabei nach eigenen Regeln, mit unterschiedlichen Akteuren sowie unterschiedlichen Zielsetzungen und Prioritäten. Ob es deshalb zur Bildung des gemeinsamen Landesgremiums kommt, hängt vom Recht des jeweiligen Landes ab. Inzwischen sind in fast allen Bundesländern solche Gremien eingerichtet oder die Einrichtung steht kurz bevor.

Die mit Wirkung zum 1.1.2016 vorgenommene Ergänzung in Abs. 1 Satz 2 stellt klar, dass sich die Empfehlungen des Landesgremiums auch auf Maßnahmen im Zusammenhang mit einer sektorenübergreifenden Notfallversorgung beziehen können. Damit knüpft die Ergänzung an die in § 75 Abs. 1b Satz 2 vorgesehene Verpflichtung der KV an, den vertragsärztlichen Notdienst auch durch Kooperation und organisatorische Verknüpfung mit den nach § 108 zugelassenen Krankenhäusern sicherzustellen.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 3

Die Bildung des gemeinsamen Landesgremiums ist eine Option, die in einem Bundesland wahrgenommen werden kann, aber nicht umgesetzt werden muss (vgl. "kann" in Abs. 1 Satz 1). Ob die Option realisiert wird, hängt u. a. davon ab, ob und wie bisher ein gemeinsames, untereinander abgestimmtes und abgestuftes Versorgungsverhalten von den Verantwortungsträgern praktiziert wird, wie im Land die Entscheidungen im Landesausschuss getroffen und wie sie akzeptiert bzw. konkret umgesetzt werden und ob die für die vertragsärztliche Versorgung maßgebenden Institutionen gemeinsam den Willen haben, die oft noch vorhandene Abschottung der unterschiedlichen Versorgungsbereiche aufzubrechen und Empfehlungen zur sektorenübergreifenden Versorgung abzugeben.

 

Rz. 4

Nach der Gesetzesbegründung liegt die Verantwortung für die Bildung des gemeinsamen Landesgremiums bei den Ländern, für die die Sicherstellung einer zukunftssicheren, flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung ihrer Bevölkerung mit medizinischen Dienstleistungen ein zentrales gesundheitspolitisches Anliegen ist. Die Steuerung von Versorgung und die Entwicklung zukunftsfähiger Konzepte, insbesondere für strukturkritische Regionen, machen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine systematische, sektorenübergreifende Betrachtung auf Landesebene notwendig. Damit gibt das jeweilige Land den Anstoß für die Bildung des gemeinsamen Landesgremiums. Inzwischen ist in vielen Bundesländern das gemeinsame Landesgremium gebildet worden, wobei nachstehend zur Verdeutlichung die Beispiele aus Berlin und Hessen näher ausgeführt sind.

Dem im Land Berlin eingerichteten gemeinsamen Landesgremium sind z. B. als Aufgaben und Ziele übertragen worden, Abstimmungsprozesse zur Verbesserung der medizinischen Versorgung der Bevölk...

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