Rz. 8

Abs. 2 regelt Beginn und Höhe der Rückzahlungsverpflichtung während des Leistungsbezugs. Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung erfolgt, durch monatliche Aufrechnung i. H. v. 5 % (ab 1.7.2023) des maßgebenden Regelbedarfs getilgt (Abs. 2 Satz 1). Vor dem 1.7.2023 war in Abs. 2 Satz 1 eine Aufrechnung noch in Höhe von 10 % des maßgeblichen Regelbedarfs normiert. Durch Änderungsantrag in den Ausschussberatungen zum Bürgergeld-Gesetz ist dies auf 5 % reduziert worden (BT-Drs. 20/4360 S. 14). Die Verringerung erfolgte, um die Höhe der monatlichen Aufrechnung an § 37 Abs. 4 Satz 1 SGB XII anzugleichen. Die Regelung zur Darlehenstilgung durch Aufrechnung nach Abs. 2 Satz 1 betrifft grundsätzlich alle Darlehensarten, mithin auch ein Mietkautionsdarlehen (BSG, Urteil v. 28.11.2018, B 14 AS 31/27 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.9.2022, L 29 AS 620/18). Ebenfalls erfasst sind auch Fälle der Tilgung von Darlehen für Genossenschaftsanteile (LSG Hamburg, Urteil v. 14.8.2020, L 4 AS 13/20; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 27.1.2019, L 4 AS 385/17).

 

Rz. 9

Die Begrenzung auf 5 % des maßgeblichen Regelbedarfs gilt auch bei mehreren gleichzeitig zu tilgenden Darlehen. Die Begrenzung auf 5 % des Regelbedarfs greift allerdings nicht, wenn neben dem Darlehen nach § 42a auch noch Erstattungsforderungen nach § 43 aufgerechnet werden. In diesen Fällen ergibt sich die Obergrenze der Aufrechnungsbeträge aus § 43 Abs. 3 (Fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit zu § 42a SGB II, Stand: 4.8.2016). Die Aufrechnung steht nicht im Ermessen des Darlehensgebers ("werden … getilgt").

 

Rz. 10

Die nach § 42a Abs. 2 Satz 2 zulässige Aufrechnung setzt allerdings die Ausübung von Ermessen voraus (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 17.2.2016, L 32 AS 516/15 B). Die Rückführung eines Darlehens zur Deckung eines unvermuteten auftretenden und unabweisbaren einmaligen Bedarfs durch Einbehalt der Regelleistung von 5 % als vorübergehende monatliche Kürzung der Regelleistung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG, Urteil v. 25.2.2014, B 4 AS 417/13 B m. w. N. noch für die 10 %ige Aufrechnung; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 15.3.2013, L 2 AS 1829/12 B; a. A. Bender, in: Gagel, SGB II, § 42a Rz. 20).

 

Rz. 11

Die Aufrechnung ist nur möglich, wenn eine Gegenforderung des Grundsicherungsträgers besteht. Die Einforderung der Darlehensrückgewähr auf der Grundlage von § 42a setzt aber nicht zwingend eine vorherige Festsetzung der Gegenforderung durch Bescheid voraus (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.9.2022, L 29 AS 620/18). Eine zeitliche Begrenzung der Aufrechnung ist im Gesetz nicht enthalten. Die Aufrechnung kann demnach grundsätzlich über Jahre hinweg erfolgen. In der Literatur gibt es Stimmen, die dies bedenklich erachten, wenn der Leistungsberechtigte über Jahre dauerhaft unterhalb des Existenzminimums leben muss (Conradis, in: Münder/Geiger, SGB II, § 42a Rz. 16). Dieser Problematik ist auch durch die mit dem Bürgergeld-Gesetz erfolgten Absenkung der Aufrechnungsmöglichkeit von 10 % auf 5 % nicht aufgelöst, aber zumindest abgemildert.

 

Rz. 12

Eine Übergangsregelung für bereits vor Inkrafttreten des § 42a gewährte Darlehen ist vom Gesetzgeber nicht geschaffen worden. Die Rückzahlungsmodalitäten gelten nach Auffassung von Teilen der Rechtsprechung auch für vor Inkrafttreten des § 42a SGB II gewährte Darlehen (Bay. LSG, Urteil v. 18.3.2015, L 11 AS 104/15, m. w. N.). Allerdings gilt die zum 1.4.2011 eingefügte Aufrechnungsregelung für Darlehen jedenfalls nicht für Mietkautionsdarlehen, die vor diesem Zeitpunkt ausgezahlt wurden (BSG, Urteil v. 25.6.2015, B 14 AS 28/14 R). Nach der Praxis der Bundesagentur für Arbeit wird § 42a – anknüpfend an diese BSG-Rechtsprechung – nur auf Darlehen angewandt, die ab dem 1.4.2011 ausgezahlt wurden (vgl. Fachliche Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 42a SGB II, Stand: 4.8.2016).

 

Rz. 13

Nach bisherigem Recht bezog sich die 5 %ige Höhe der Aufrechnung auf die Regelleistung der gesamten Bedarfsgemeinschaft (§ 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F. "… von bis zu 10 von Hundert der an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlenden Regelleistung"). Nach der neuen Regelung wird nur noch auf den Darlehensnehmer abgestellt, sodass der maßgebende Regelbedarf ausschließlich der des Darlehensnehmers ist. Die Regelleistungen der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bleiben demnach unberücksichtigt.

 

Rz. 14

Die Aufrechnung ist entsprechend § 51 SGB I nur möglich, wenn es sich um pfändbare Ansprüche handelt. Nach dem zum 1.8.2016 eingefügten neuen Abs. 2 Satz 2 gilt § 43 Abs. 3 entsprechend. Danach ist eine Aufrechnung nicht zulässig für Zeiträume, in denen der Auszahlungsanspruch nach § 31b Abs. 1 Satz 1 um mindestens 30 % des maßgeblichen Regelbedarfs gemindert ist. Ist die Minderung des Auszahlungsanspruchs ger...

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