Rz. 148b

Ist der Antragsteller Erbe einer Immobilie, die als Vermögen zu berücksichtigen ist, hat er zum Nachweis seiner Hilfebedürftigkeit den Beweis zu erbringen, dass ihm innerhalb des nach § 41 Abs. 3 Satz 1 maßgeblichen Zeitraums von einem Jahr trotz aller zumutbaren Bemühungen eine Veräußerung des Grundstücks nicht gelungen ist (SG Neuruppin, Gerichtsbescheid v. 6.9.2023, S 26 AS 1466/18).

 

Rz. 149

Gibt der Antragsteller oder im laufenden Bezug der Leistungsberechtigte vorhandenes Vermögen nicht an, muss er sich im Falle einer Aufdeckung des Vermögens gefallen lassen, dass sich eine Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht auf den Zeitraum und Zahlbetrag beschränkt, wie er sich bei ordnungsgemäßer Anzeige bzw. Angabe des Vermögens berechnet hätte. Für eine solche Beschränkung besteht keine Rechtsgrundlage (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 3.4.2014, L 7 AS 827/12). Das Gericht hat herausgestellt, dass die von Anfang an rechtswidrigen Leistungsbewilligungen nicht dadurch ersetzt werden könnten, dass ein fiktiver Eintritt von Hilfebedürftigkeit zu dem Zeitpunkt angenommen werden könnte, zu dem das Vermögen fiktiv verbraucht gewesen sei. Es kam nur eine vollständige Aufhebung und Erstattung in Betracht. Das LSG Baden-Württemberg hat bestätigt, dass der Antragsteller, der relevantes Vermögen verheimlicht, damit rechnen muss, dass die gezahlten Leistungen nachträglich vom Jobcenter zurückverlangt werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.3.2017, L 7 AS 758/13).

In einem weiteren Verfahren hat das LSG Niedersachsen-Bremen eine Erstattungsforderung in Höhe von 175.000,00 EUR wegen verschwiegenen Vermögens bestätigt (Urteil v. 13.3.2018, L 13 AS 77/15).

Auch das LSG Schleswig-Holstein hat mit Urteil v. 29.10.2020 (L 6 AS 99/18) entschieden, dass der Umstand, dass der zu erstattende Betrag das bei der leistungsberechtigten Person im streitbefangenen Zeitraum vorhandene, zu verwertende Vermögen um ein Vielfaches übersteigt, eine Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Leistungsbewilligung und der Erstattungsforderung nicht begründet. Den damit verbundenen Bedenken, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit, ist nicht auf der Primär-, sondern auf der Sekundärebene bei der Geltendmachung der Forderung durch den Beklagten Rechnung zu tragen. § 44 SGB II sieht demnach insofern die Möglichkeit eines Erlasses von Ansprüchen durch den Leistungsträger vor, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Unbilligkeit ist zu bejahen, wenn der Schuldner sich in einer Notlage befindet und zu besorgen ist, dass die Weiterverfolgung des Anspruchs zu einer Existenzgefährdung führt bzw. wenn der Sachverhalt zwar den Tatbestand einer Anspruchsnorm erfüllt, die Forderungseinziehung gleichwohl den Wertungen des Gesetzes zuwider liefe (unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 25.4.2018, B 14 AS 15/17 R).

Das BSG hat eine Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil v. 29.6.2017, L 7 AS 395/16) über eine Erstattungsforderung von rd. 31.000,00 EUR und damit mehr als das verschwiegene Gesamtvermögen bestätigt (BSG, Urteil v. 25.4.2018, B 4 AS 29/17 R; vgl. auch Urteil v. 25.4.2018, B 4 AS 15/17). Der Betroffene konnte sich nicht auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, 3 SGB X berufen, weil er Vermögen in Höhe von rd. 10.000,00 EUR verschwiegen hatte und aufgrund dessen die ganze Zeit des Leistungsbezuges über nicht hilfebedürftig war. Das Jobcenter sei in solchen Fällen gezwungen, die Leistungsbewilligungen nach § 40 Abs. 2 i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III zurückzunehmen. Es war kein fiktiver Vermögensverbrauch zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für eine Reduzierung der Erstattungsforderung aus Härtegründen (etwa Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 ) lagen nicht vor. Auch aus dem Sinn und Zweck des SGB II und aus verfassungsrechtlicher Sicht lagen keine Gründe dafür vor, im Hinblick auf eine sich ergebende Überschuldung die Erstattungsforderung zu reduzieren. Eine Entscheidung des Jobcenters im Rahmen des § 44 SGB II stand noch aus, darüber war nicht zu befinden. Das LSG hatte klargestellt, dass vorhandene Schulden für die Berücksichtigung des Vermögens unbeachtlich sind, weil im Rahmen einer Bedürftigkeitsprüfung nach dem SGB II wegen der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge grundsätzlich keine Saldierung der Aktiva und Passiva erfolgt. Vorhandenes Vermögen sei nicht nur so lange zu berücksichtigen, wie mit dem anrechenbaren Vermögen der Bedarf hätte gedeckt werden können. Eine Rechtsgrundlage für die Zurechnung des Vermögens auf einen fiktiven Verbrauchszeitraum existiere nicht. Den damit verbundenen Bedenken, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit, ist nicht auf der Primär-, sondern auf der Sekundärebene bei der Geltendmachung der Forderung durch den Leistungsträger Rechnung zu tragen. § 44 sehe insofern die Möglichkeit eines Erlasses von Ansprüchen durch den Leistungsträger vor, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Auch nach Auffassung des SG Leipzig ist eine Durchbrec...

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