Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorstationäre Behandlung. Krankenhausbehandlung. Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütungsanspruch für eine vorstationäre Diagnosebehandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Krankenhaus darf eine vorstationäre Diagnosebehandlung nach § 115a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V erbringen, auch wenn diese in einer entsprechend ausgestatteten Fachpraxis ambulant möglich wäre und die Untersuchung ergibt, dass ein vollstationärer Krankenhausaufenthalt nicht erforderlich ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.09.2013; Aktenzeichen B 1 KR 67/12 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 119,13 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Kosten einer vorstationären Krankenhausbehandlung.

Der Kläger betreibt das Krankenhaus W in B. Am 29. Februar 2008 verordnete die Vertragsärztin K der bei der Beklagten versicherten Frau E T - Versicherte - auf dem vorgesehenen Formular eine Krankenhausbehandlung. Unter “Diagnose/Befund„ enthält die Verordnung die Angaben “N39.42 G Urge-Inkontinenz; N39.32 G zur Abklärung/evt. OP„. Mit Schreiben vom 3. März 2008 erklärte die Beklagte dem Kläger gegenüber die Kostenübernahme für die Krankenhausbehandlung “einschließlich der vor- und nachstationären Behandlung". Das Krankenhaus führte bei der Versicherten am 14. März 2008 vorstationär eine Urodynamik durch. Die Rechnung in Höhe von 119,13 € wurde von der Beklagten bezahlt, der Kläger jedoch um einen Kurzbericht gebeten. Am 19. Mai 2008 beauftragte der Beklagte weiter den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) mit einer Prüfung. Dieser führte am 8. Juli 2009 im Rahmen einer Krankenhausbegehung ein Fallgespräch mit dem verantwortlichen Oberarzt durch und führte in seiner Stellungnahme vom 8. Juli 2008 aus, die prästationäre Aufnahme sei zur urodynamischen Untersuchung bei Inkontinenz erfolgt. Es handele sich um eine ambulant zu erbringende Leistung. Die prästationäre Durchführung sei medizinisch nicht begründet. Hierauf gestützt bat die Beklagte den Kläger um Übersendung einer korrigierten Rechnung. Dies lehnte der Kläger ab. Die Beklagte setzte daraufhin am 11. September 2009 von einer Rechnung des Klägers in einem anderen Behandlungsfall den Betrag von 119, 13 € ab.

Hiergegen hat sich die am 18. März 2010 beim Sozialgericht Berlin (SG) erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen ausgeführt hat, es habe eine Einweisung eines niedergelassenen Facharztes vorgelegen, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären. Ergebe die Abklärung - wie hier -, dass eine stationäre Behandlung nicht notwendig sei, sei die Leistung des Krankenhauses als vorstationäre zu vergüten.

Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 23. Februar 2011 verurteilt, an den Kläger 119,13 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2009 zu zahlen. Der Beklagte habe nicht mit einer späteren Forderung aufrechnen dürfen, weil dem Kläger für die vorstationäre Behandlung der Versicherten der Beklagten ein Anspruch auf die am 14. März 2008 erbrachte Leistung aus § 115a Abs. 3 S. 3 und 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit § 1 und Anlage 1 der “Gemeinsamen Empfehlung über die Vergütung für vor- und nachstationäre Behandlung nach § 115a Abs. 3 SGB V„ vom 30. Dezember 1996 zugestanden habe. Das Krankenhaus sei zur vorstationären Behandlung befugt gewesen. Zum einen habe eine Verordnung von Krankenhausbehandlung vorgelegen, zum anderen sei der der Fall medizinisch geeignet gewesen im Sinne des § 115a Abs. 1 S. 1 SGB V. Der unbestimmte Rechtsbegriff der “medizinisch geeignete Fälle„ werde durch die beiden gesetzlich genannten Varianten der vorstationären und nachstationären Krankenhausbehandlung konkretisiert. Zu beiden Fallkonstellationen liefere die Norm die entsprechende Legaldefinition. Vorliegend sei § 115a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V erfüllt. Zweck der vorstationären Behandlung der Versicherten sei es gewesen, “die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären„.

Gemäß § 1 Satz 1 der gemeinsamen Empfehlung werde als Vergütung für die vorstationäre Behandlung von Patienten vom Krankenhaus pro Fall eine fachabteilungsbezogene Pauschale nach der Anlage 1 berechnet. Falls - wie hier - im Anschluss an eine vorstationäre Behandlung eine vollstationäre nicht erforderlich sei, sei für die Berechnung die Pauschale der Fachabteilung maßgeblich, welche die vorstationäre Krankenhausbehandlung durchgeführt habe (§ 1 Satz 3). Die danach maßgebliche Vergütungspauschale der Fachabteilung Frauenheilkunde betrage 119,13 €.

Da es sich bei der vorstationären Behandlung um eine Sonderform der ambulanten Versorgung der Versicherten handele, sei der Einwand der Beklagten, die Maßnahme hätte ambulant durchgeführt werden können, unerheblich. Die Nutzung krankenhausspezifi...

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