0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift trat ursprünglich durch Art. 1, Art. 70 Abs. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022) am 1.1.2005 mit einem völlig anderen Inhalt in Kraft. Sie enthielt damals die in der Folgezeit mehrfach geänderten Regelungen für Unterkunft und Heizung.

 

Rz. 2

Durch Art. 3 Nr. 8 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch v. 24.3.2011 (BGBl. I S. 453) wurde die Vorschrift im Zuge der Einfügung des Ersten Abschnitt s (§§ 27 bis 29) mit Wirkung zum 1.1.2011 vollständig neu gefasst. Gleichzeitig wurde die bisherige Regelung als § 35 in den Vierten Abschnitt Unterkunft und Heizung (§§ 35 bis 36) überführt. Die Norm ist weder von den Änderungen des SGB XII durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch v. 22.12.2016 (BGBl. I S. 3159) noch durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) betroffen.

1 Allgemeines

 

Rz. 3

Die Vorschrift enthält Zuständigkeitsregelungen für die Festsetzung der Regelsätze. Es handelt sich um die Nachfolgeregelung zu § 28 Abs. 2 (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung), wonach die Festsetzung der Höhe der Regelsätze generell in die Zuständigkeit der Länder fiel (vgl. auch noch § 2 Abs. 1 und Abs. 4 RSV – zur historischen Entwicklung der Regelsatzfestsetzung instruktiv Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 25. EL XII/2011, § 29 Rz. 4 ff.).

 

Rz. 4

Nach der jetzigen differenzierenden Regelung (Abs. 1) gelten die vom Bund nach § 28 ermittelten Regelbedarfsstufen als Regelsätze, solange die Länder keine abweichende Regelung vornehmen. Die praktische Bedeutung der Vorschrift hinsichtlich der Festsetzung abweichender Regelsätze durch die Länder und Träger der Sozialhilfe ist sehr gering, was auch mit dem Umstand zusammenhängt, dass im Parallelsystem des SGB II eine solche regionale Festsetzung des Regelbedarfs nicht vorgesehen ist (vgl. Gutzler, in: jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, Stand: 1.2.2020, § 29 Rz. 30; vgl. auch Rz. 11).

2 Rechtspraxis

 

Rz. 5

Abs. 1 enthält die unter Rz. 4 dargestellte grundsätzliche Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Macht ein Land von seinem Recht, abweichende Regelungen zu treffen, Gebrauch, hat es die besonderen Regelungen in den Abs. 2 bis 4 zu beachten. Die so festgesetzten bzw. fortgeschriebenen Regelsätze gelten als Regelbedarfsstufen (Abs. 5).

2.1 Grundsatz (Abs. 1)

 

Rz. 6

Werden die Regelbedarfsstufen nach § 28 vom Bund neu ermittelt, gelten sie nach Abs. 1 Satz 1 als Regelsätze, sofern die Länder von der Möglichkeit der abweichenden Regelsatzfestsetzung keinen Gebrauch machen. Dies stellt insofern eine Vereinfachung gegenüber dem bis zum 31.12.2010 geltenden Rechtszustand dar, als es einer Festsetzung der Regelsätze durch die Länder nicht mehr zwingend bedarf.

 

Rz. 7

In den Jahren, in denen eine Neuermittlung der Regelbedarfe nicht erfolgt, gelten die nach § 28a fortgeschriebenen Regelbedarfe als Regelsätze (Abs. 1 Satz 2).

2.2 Abweichende Regelsatzfestsetzung durch Länder und Träger (Abs. 2 bis 5)

 

Rz. 8

In den Abs. 2 bis 5 finden sich Bestimmungen über das Recht der Länder, abweichend von Abs. 1 Regelsätze festzusetzen.

2.2.1 Abweichende Festsetzung durch die Länder selbst (Abs. 2)

 

Rz. 9

Abs. 2 sieht vor, dass die Neufestsetzung durch Verordnung der Landesregierungen zu erfolgen hat. Die Verordnungsermächtigung kann von den Landesregierungen auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen werden. Dies entspricht dem in § 28 Abs. 2 (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) geregelten Verfahren. Für die abweichende Regelsatzfestsetzung wurden die bereits darin enthaltenen Vorgaben übernommen. Dies bedeutet, dass sich die abweichende Neufestsetzung durch die Länder grundsätzlich vollständig am Verfahren des § 28 orientieren muss. Dabei sind anstelle der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen, die sich aus der bundesweiten Sonderauswertung der EVS ergeben, aus regionalen Sonderauswertungen der EVS ermittelte Regelbedarfsstufen zugrunde zu legen. Die in einem Land vorhandenen Besonderheiten, die sich auf die Höhe der Regelbedarfe auswirken, können bei der Neufestsetzung der Regelsätze berücksichtigt werden. Die abweichend ermittelten Regelbedarfe sind vom Jahr der Erhebung der EVS bis zum Jahr, das der Neufestsetzung vorausgeht, entsprechend den Vorgaben des § 28a Abs. 2 fortzuschreiben und ergeben die Regelsätze.

 

Rz. 10

Da die Länder aufgrund der Regelung in Satz 4 befugt sind, bei der Festsetzung auf ihr Land bezogene besondere Umstände zu berücksichtigen, können sie grundsätzlich auch vom RBEG abweichende Bewertungen vornehmen. Dennoch dürfte der hierdurch eröffnete Gestaltungsspielraum relativ gering sein (ausführlich dazu Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 25. EL XII/2011, § 29 Rz. 15 ff.). Denn auch die Länder sind bei der Festsetzung abweichender Regelsätze an das vom BVerfG aufgestellte Begründungs- und Transparenzgebot gebunden.

 

Rz. 11

Die Vorschrift ist jedenfalls unter 2 Asp...

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