0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift trat mit Ausnahme des Abs. 2 gemäß Art. 70 Abs. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch v. 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954) am 1.1.2005 in Kraft. In dieser Fassung enthielt sie inhaltliche und verfahrensrechtliche Regelungen zur Bestimmung des Regelbedarfs und des Inhalts der Regelsätze. Durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze v. 2.12.2006 (BGBl. I S. 2670) wurde Abs. 2 mit Wirkung zum 7.12.2006 neu gefasst.

 

Rz. 2

§ 28 in seiner ursprünglichen Fassung war das Kernstück der Neukonzeption der Regelsätze im Rahmen des Übergangs vom Recht des BSHG zum SGB XII. Diese Neukonzeption ist nur vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklung der Bemessung des Regelbedarfs im früheren Sozialhilferecht zu verstehen. Seit den 50er Jahren wurde der Bedarf nach dem sog. Bedarfsmengenschema ("Warenkorbmodell") beurteilt. Dabei wurde der regelsatzrelevante Bedarf konkret, d. h. ausgehend von bestimmten Bedarfsgegenständen, bestimmten Bedarfsmengen und bestimmten Preisen ermittelt, wobei der konkrete Warenkorb nicht als in allen Einzelheiten feststehender Bedarf, sondern nur als Bedarfsmuster neben möglichen anderen verstanden werden durfte (BVerwG, Urteil v. 18.12.1996, 5 C 43/95).

 

Rz. 3

Hieraus resultierte die Problematik der Notwendigkeit der ständigen Überprüfung und Anpassung des Warenkorbes. Darüber hinaus war natürlich umstritten, welche Bedarfsgegenstände überhaupt zur Erreichung der Ziele der Sozialhilfe (vgl. § 1 Satz 1 und 2) zu berücksichtigen waren.

 

Rz. 4

Vor diesem Hintergrund kam es nach längeren wissenschaftlichen Vorarbeiten im Oktober 1989 zu einem grundlegenden Wandel der Kriterien der Bedarfsbemessung. Damals beschloss die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder im Wesentlichen auf der Grundlage eines von ihnen in Auftrag gegebenen Gutachtens des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge die stufenweise Einführung des sog. Statistikmodells. Dieses orientiert sich an den durchschnittlichen Ausgaben und dem Verbraucherverhalten von Haushalten in unteren Einkommensgruppen. Die erforderlichen Daten werden anhand einer Bundesstatistik, der sog. Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) ermittelt, die alle 5 Jahre neu erhoben wird (vgl. auch Rz. 28). Dieses Modell ist vom Grundsatz her (zu Abweichungen vgl. Rz. 42 ff.) bis heute Grundlage der Ermittlung der Regelbedarfe im Rahmen von § 28 (zu weiteren Einzelheiten der geschichtlichen Entwicklung der Bedarfsbemessung im Fürsorge- bzw. Sozialhilferecht vgl. Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 26. EL II/2012, § 28 Rz. 9 ff.).

 

Rz. 5

In der Folgezeit nach Einführung der Regelsatzbemessung nach dem Statistikmodell war verstärkt die Tendenz zu beobachten, eine pauschalierte Abgeltung des Bedarfes auch bei solchen Gegenständen vorzunehmen, die nicht von § 22 BSHG erfasst wurden. Dies war auf freiwilliger Basis möglich, insbesondere bei der Versorgung von Hilfeempfängern mit Kleidung usw. (vgl. BT-Drs. 15/1514 S. 59). Vor diesem Hintergrund wurde im Jahre 1999 die nicht unumstrittene (vgl. dazu insbesondere Rothkegel, ZFSH/SGB 2002 S. 585, 657, und Hammel, ZFSH/SGB 2003 S. 724 m. w. N.) Experimentierklausel des § 101a in das BSHG aufgenommen, welche es den Landesregierungen ermöglichte, die Sozialhilfeträger durch Rechtsverordnung zu ermächtigen, in Modellvorhaben verschiedene, insbesondere einmalige Leistungen der Sozialhilfe pauschaliert zu erbringen. Mit dieser zeitlich befristeten Regelung sollte den Trägern die Möglichkeit gegeben werden, die Durchführbarkeit und die Auswirkungen weiterer Pauschalierungen zu erproben. Ziel war es, durch weitere Pauschalen neben einer Verwaltungsvereinfachung die Dispositionsfreiheit und Selbständigkeit bei den Hilfeempfängern zu stärken (BT-Drs. 15/1514, a. a. O.).

 

Rz. 6

Nach Auffassung des Gesetzgebers zeigten die Zwischenergebnisse der Modellvorhaben auf Grundlage der Experimentierklausel, dass sich nicht nur die laufenden, sondern auch der überwiegende Teil der einmaligen Leistungen pauschalieren und mit dem Regelsatz in einer Gesamtpauschale zusammenfassen ließen. Kritisch dazu wurde angemerkt, dass die Experimentierphase nach § 101a BSHG noch nicht abgeschlossen gewesen sei und deswegen keine hinreichenden Ergebnisse bzw. Auswertungen vorgelegen hätten (Berlit, info also 2003 S. 195, 202 Fn. 62/63; Rothkegel, ZFSH/SGB 2004 S. 396, 404).

 

Rz. 7

§ 28 war in der Zeit vom 1.1.2005 bis zum 31.12.2010 (gemeinsam mit der hierzu erlassenen Durchführungsverordnung – sog. Regelsatzverordnung – RSV) die Stelle des Gesetzes, an der sich gegenüber dem BSHG die größten Änderungen ergaben. Sie enthielt inhaltlich eine Nachfolgeregelung zu § 22 BSHG, in der nähere Einzelheiten zum Regelbedarf und der Festsetzung der Regelsätze bestimmt waren. Obwohl § 28 mit der alten Regelung nicht mehr vergleichbar war, wurden dennoch wesentliche Teile derselben auch Bestandteil des neuen SGB XII.

 

Rz. 8

Aufgrund der Neuk...

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