Rz. 2

§ 22 übernimmt im Wesentlichen wortgleich die Regelung des bisherigen § 26 BSHG.

 

Rz. 3

Die praktische Bedeutung der Vorschrift ist eher gering. Auszubildende sind regelmäßig erwerbsfähig i. S. des SGB II, weshalb schon der Leistungsausschluss nach § 21 greift (vgl. Voelzke, in: jurisPK SGB XII, § 22 Rz. 17; Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII Kommentar, 5. Aufl. 2014, § 22 Rz. 1). Die Vorschrift stellt zum einen klar, dass Ausbildungsförderung keine Aufgabe der Sozialhilfe ist (so schon BVerwG, Urteil v. 29.4.1982, 5 C 54/81, Buchholz 436.0, § 26 BSHG Nr. 1; bestätigt u. a. von BVerwG, Urteil v. 4.3.1993, 5 C 13/89, BVerwGE 92 S. 163). Derartige Leistungen ordnet der Gesetzgeber – insoweit systematisch korrekt – dem SGB III oder dem BAföG, ggf. auch dem SGB II zu. Darüber hinaus schließt § 22 aber alle Personen, die Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, zumindest in der Regel auch von der Hilfe zum Lebensunterhalt aus. Dabei lässt die Vorschrift es nicht zu, die nach dem BAföG nur pauschalen Förderungsleistungen für den Lebensunterhalt im Einzelfall mit individuell bemessenen, ergänzenden Sozialhilfeleistungen aufzufüllen (BVerwG, Urteil v. 3.12.1992, 5 C 15/90, BVerwGE 91 S. 254). Derartige Fälle können nur über die Härtefallklausel des Abs. 1 Satz 2 erfasst werden (krit. hinsichtlich der Frage, ob der Umfang der gegenwärtigen Härtefallklausel ausreicht: Fleischmann, NDV 1996 S. 398).

 

Rz. 4

Vor diesem Hintergrund stellt § 22 durch das Ausgrenzen einer ganzen Gruppe eine Ausnahme von § 9 Abs. 1 dar, wonach sich die Leistungen nach den Besonderheiten des Einzelfalles richten. Das ist systematisch nicht unbedenklich, da die Funktion der Sozialhilfe auch darin besteht, nach anderen Gesetzen geschuldete Sozialleistungen je nach dem individuellen Bedarf zu ergänzen oder aufzustocken (zur Kritik vgl. auch Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2006, § 22 Rz. 9; Wenzel, in: Wenzel/Fichtner, Sozialhilfe mit Asylbewerberleistungsgesetz, 4. Aufl. 2009, § 22 Rz. 1; a. A.: Adolph, in: Linhard/Adolph, SGB II/SGB XII/AsybLG, Stand: April 2012, SGB XII, § 22 Rz. 4). Gleichwohl ist § 22 nach der Rechtsprechung des BVerwG mit Verfassungsrecht, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), vereinbar (BVerwG, Urteil v. 17.1.1980, 5 C 48/78, BVerwGE 59 S. 294; Beschluss v. 18.7.1994, 5 B 25/94, FEVS 45 S. 49). Das BSG (Urteil v. 6.9.2007, B 14/7b AS 36/06 R, BSGE 99 S. 67 = FEVS 59 S. 289; Urteil v. 30.9.2008, B 4 AS28/07 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 9) hat die gleichlautenden Regelungen des § 7 Abs. 5 und 6 SGB II ebenfalls als verfassungsgemäß eingestuft.

 

Rz. 5

Seinem eindeutigen Wortlaut nach schließt § 22 für den betroffenen Personenkreis nur die Hilfe zum Lebensunterhalt aus, nicht dagegen sonstige Hilfen, insbesondere z. B. Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten oder in anderen Lebenslagen (§§ 67 bis 74). Eingliederungshilfe z. B. für behinderungsbedingten Wohnraum oder behinderungsbedingten besonderen Studienbedarf kann daher grundsätzlich als Leistung in Betracht kommen (BVerwG, Urteil v. 19.10.1995, 5 C 28/95).

 

Rz. 6

Die Vorschrift ist im AsylbLG entsprechend anzuwenden (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 15.11.2005, L 23 B 1008/05 AY ER; Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 22 Rz. 1 m. w. N.; Voelzke, in: juris-PK SGB XII, § 22 Rz. 12; a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 15.6.2001, 12 B 797/00, InfAuslR 2001 S. 455; Beschluss v. 15.6.2001, 12 B 795/00, FEVS 53 S. 95).

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