0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die am 1.7.1983 durch das Gesetz v. 4.11.1982 (BGBl. I S. 1450) in Kraft getretene Vorschrift wurde durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) um die Sätze 2 und 3 im Abs. 3 ergänzt. Diese Änderungen wurden wiederum durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) zurückgenommen, so dass § 96 wieder seine ursprüngliche Fassung hat. Der Regelungsgehalt der gestrichenen Ergänzungssätze findet sich ab dem 1.1.1997 in § 204 SGB VII wieder. Im Zusammenhang mit der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) wurde § 96 neu bekanntgemacht.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

§ 96 ist im Zusammenhang mit den §§ 62 und 65 SGB I zu lesen. Die letztgenannten Vorschriften sind die Rechtsgrundlage für die Durchführung von ärztlichen oder psychologischen Untersuchungen als Voraussetzung für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang Leistungen zu gewähren sind. § 65 SGB I enthält den Grundsatz, dass derjenige, der Sozialleistungen beantragt hat, seine Mitwirkung versagen kann, wenn der Leistungsträger sich die erforderlichen Kenntnisse mit geringerem Aufwand selbst beschaffen kann.

Inwieweit ein Anspruch auf Sozialleistungen (z. B. auf eine Rehabilitationsmaßnahme) besteht, ist häufig abhängig vom Gesundheitszustand des Versicherten. Dieser kann regelmäßig nur durch entsprechende Untersuchungen ermittelt werden. Für die Erbringung der Leistung können mehrere Leistungsträger zuständig sein. Es können auch andere Leistungsträger zuvor eine Leistung erbracht und im Rahmen der Anspruchsprüfung bereits Untersuchungen veranlasst haben.

Nach § 96 werden die Sozialleistungsträger verpflichtet, Untersuchungsergebnisse auch für die Verwendung anderer Leistungsträger zu gestalten und entsprechend – was Aufbewahrungsdauer und Zugriffsbereitschaft anbelangt – für eine Weitergabe bereitzuhalten.

Demnach dient § 96 dem Schutz der Antragsteller auf Sozialleistungen vor übermäßiger Beanspruchung durch Untersuchungen. § 96 ist auch Ausdruck des Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsprinzips, da zusätzliche, durch Mehrfachuntersuchungen begründete Kosten vermieden werden sollen.

2 Rechtspraxis

2.1 Ärztliche Untersuchungen und psychologische Eignungsuntersuchungen (Abs. 1)

 

Rz. 3

Regelungsgegenstand des § 96 Abs. 1 sind nur die von Sozialleistungsträgern veranlassten Untersuchungsmaßnahmen. Diese müssen Antwort auf die Frage geben, ob die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung vorliegen. Andere Untersuchungsergebnisse (z. B. ärztliche Entlassungsberichte) werden nicht von § 96 erfasst. Grundsätzlich gehören auch nicht Gutachten, die nach Aktenlage, also ohne vorherige Untersuchung angefertigt wurden, zum Regelungsgehalt des § 96. Auch Untersuchungen, die zwar im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung durchgeführt wurden, aber nicht von einem Sozialleistungsträger veranlasst wurden, werden nicht von § 96 erfasst. Ärztliche Untersuchungen i. S. d. § 96 dienen der Feststellung des Befindens eines Patienten im Hinblick auf die Voraussetzungen einer Sozialleistung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft. Sie müssen durch einen Arzt erbracht werden.

 

Rz. 4

Auch gilt § 96 nicht für psychologische Untersuchungen, die keine Eignungsuntersuchungen sind.Bei Eignungsuntersuchungen handelt es sich vorwiegend um Untersuchungen der praktischen Befähigung sowie der seelischen und geistigen Eignung und des Persönlichkeitsbildes im Hinblick auf die Berufswahl und Berufsreife, für die Fortsetzung des Schulbesuchs, für die Ausbildung, Fortbildung und Umschulung sowie für die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen und für die berufliche Eingliederung von schwer vermittelbaren Personen wie auch der Beurteilung des Leistungsvermögens behinderter Menschen für den allgemeinen Arbeitsmarkt und die Tätigkeit in Werkstätten für behinderte Menschen (vgl. auch Sehnert, in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: 12/2011, § 96 Rz. 5). Diese Untersuchungen dienen regelmäßig der Aufgabenerfüllung der Bundesagentur für Arbeit sowie des Rentenversicherungsträgers, soweit eine berufliche Rehabilitation durchgeführt werden soll.

2.1.1 Grundsätze der Erhebung und Dokumentation

 

Rz. 5

Die Untersuchungsergebnisse sollen so erhoben und dokumentiert werden, dass sie auch bei der Prüfung anderer Sozialleistungen im Hinblick auf die Feststellung des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen verwendet werden können. Dies soll sowohl für die Leistungsgewährung durch den gleichen wie auch für Leistungen eines anderen Leistungsträgers gelten.

Die Vorschrift ist als Soll-Vorschrift für den Regelfall verbindlich, gibt dem betroffenen Sozialleistungsträger aber in atypischen Fällen einen Ermessensspielraum, der es ihm ermöglicht, ggf. von dem Regelungsinhalt abzuweichen (Engelmann, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 95 Rz. 4a).

 

Rz. 6

(unbesetzt)

 

Rz. 7

§ 96 Abs. 1 Satz 2 enthält die gesetzliche Klarstellung, dass der eine Untersuchung veranlassende Leistungsträger seinen Auftrag nicht dahingehend zu formulieren verpflichtet ist, dass bereits Aspekte des Gesundheitszustands, die für die Aufgabenerfüllung anderer Leistungsträger von Belang sein könnten, mituntersucht werden müssen. Eine entsprechende Pflicht würde auch ...

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