0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 91 ist mit Wirkung zum 1.1.1992 auf der Grundlage von Art. 1 RRG 1992 v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) in Kraft getreten und gilt seitdem unverändert fort. Die Bestimmung ist an die Stelle der (hinsichtlich der Rentenaufteilung im Wesentlichen inhaltsgleichen) § 1268 Abs. 4 und 5 RVO, § 45 Abs. 4 und 5 AVG getreten.

1 Allgemeines

 

Rz. 1a

Die Vorschrift regelt die Aufteilung einer Witwen- bzw. Witwerrente aus der Versicherung eines (verstorbenen) Versicherten auf mehrere Berechtigte. Durch diese Aufteilungsverpflichtung soll vermieden werden, dass die Versichertengemeinschaft durch die Bewilligung von mehr als nur einer Witwen- bzw. Witwerrente belastet wird, wenn Versicherte mehr als nur eine Ehe eingegangen sind und deshalb mehrere Witwen bzw. Witwer Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteil v. 26.5.1971, 5 RJ 154/70, BSGE 33 S. 7; BSG, SozR Nr. 20 zu § 1268 RVO). Maßgebliches Kriterium für die Aufteilung der Hinterbliebenenrente ist der auf den jeweiligen Berechtigten entfallende Anteil an der Gesamtehezeit: Jeder Berechtigte erhält den Teil der Witwen- bzw. Witwerrente, der dem Verhältnis der Dauer ihrer/seiner Ehe mit der/dem Versicherten zu der Dauer der Ehe(n) der anderen Berechtigten mit der/dem Versicherten entspricht. Jedem der Berechtigten steht nur ein Recht auf Beteiligung (Ehezeitanteil) an der einen, nach dem Versicherten zu zahlenden Hinterbliebenenrente zu (vgl. BVerfGE 66 S. 66 = SozR 2200 § 1268 RVO Nr. 23; BSG, SozR 2200 § 1268 RVO Nr. 32). Es besteht ein gesetzlicher Zwang zur Teilung dieser einen Rente (BSG, a. a.O.).

2 Rechtspraxis

2.1 Anspruch auf Hinterbliebenenrente für mehrere Berechtigte

 

Rz. 2

Die aufzuteilende Witwen- oder Witwerrente umfasst die Ansprüche auf kleine bzw. große Witwenrente gemäß § 46 Abs. 1 und Abs. 2, die wiederaufgelebte Witwen- bzw. Witwerrente nach § 46 Abs. 3 und den Anspruch auf die sog. Geschiedenenwitwenrente nach § 243. Durch die Einführung des Versorgungsausgleichs mit Wirkung zum 1.7.1977 hat das von § 91 geregelte Konkurrenzverhältnis im Ergebnis nur noch Bedeutung für Ansprüche auf Witwen- bzw. Witwerrenten nach § 46 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 auf der einen Seite und – auf Scheidungen vor dem 1.7.1977 beruhende – Ansprüche auf Witwen- bzw. Witwerrenten nach § 243 auf der anderen Seite (vgl. zu weiteren denkbaren Fällen mehrerer Berechtigter und der daraus resultierenden Aufteilung der Witwen- bzw. Witwerrente Rz. 3 sowie die Komm. zu § 46). Der durchgeführte Versorgungsausgleich steht einem Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des verstorbenen geschiedenen Ehepartners entgegen, so dass mehrere Berechtigte i.S.d. § 91 dann nicht vorhanden sind (so auch Löns, in: Kreikebohm, SGB VI, § 91 Rz. 2). Aufgrund der in § 46 Abs. 4 mit Wirkung zum 1.1.2005 durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts eingeführten Gleichstellungsklausel für eingetragene Lebenspartnerschaften (vgl. insoweit die Komm. zu § 46) erfasst § 91 auch die Fälle der Aufteilung der Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des verstorbenen (eingetragenen) Lebenspartners.

 

Rz. 3

Mehrere Berechtigte sind vorhanden, wenn der Versicherte mehr als nur einmal verheiratet war, so dass nach seinem Tod ein Anspruch auf mehrere Witwen- bzw. Witwerrenten besteht. Durch die Einführung des Versorgungsausgleichs mit Wirkung zum 1.7.1977 erfasst das von § 91 geregelte Konkurrenzverhältnis – wie oben bereits erwähnt – im Ergebnis nur Ansprüche auf Witwen- bzw. Witwerrenten nach § 46 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 einerseits und Ansprüchen auf Witwen- bzw. Witwerrenten nach § 243 andererseits (vgl. hierzu auch Rz. 2). Ebenso werden die allerdings seltenen Fälle erfasst, dass mehrere Berechtigte mit Ansprüchen nach § 243 aufgrund von Scheidungen vor dem 1.7.1997 bestehen. Darüber hinaus ist in Ausnahmefällen auch die Konkurrenz mehrerer Rentenansprüche nach § 46 möglich. Hierbei handelt es sich zunächst um Fälle, in denen der Versicherte bis zu seinem Tod in bigamischer Ehe (§ 1306 BGB) gelebt hat. Jedenfalls ist in diesen Fällen bei – mangels Aufhebungsurteils nach §§ 1313, 1314, 1306 BGB – Rechtswirksamkeit (vgl. § 1313 Satz 2 BGB) beider (oder mehrerer) Ehen die Witwen- bzw. Witwerrente nach § 91 aufzuteilen (vgl. BSG, Urteil v. 21.11.1984, 4 RJ 59/83; ebenso Urteil v. 13.9.1994, 5 RJ 72/92).

Gleiches gilt bei späterer Aufhebung der 2. Ehe bis zur Rechtskraft des Aufhebungsurteils; denn die 2. Ehe ist bis zu diesem Zeitpunkt zunächst wirksam (§ 1313 Satz 2 BGB). Nach Rechtskraft des Aufhebungsurteils ist der Rentenversicherungsträger berechtigt, den Bescheid über die Bewilligung der Hinterbliebenenrente an den ehemaligen "Ehegatten" nach § 45 SGB X aufzuheben, dessen Ehe mit dem Versicherten aufgehoben wurde.

Entsteht nach bereits bewilligter Witwen- bzw. Witwerrente ein Zahlungsanspruch eines (weiteren) Berechtigten für denselben Zeitraum, so ist die Rente vom Zeitpunkt der Entstehung dieses Anspruchs an nach § 91 aufzuteilen und der Bescheid über die bewilligte Rente wegen Änderung der Verhältnisse nach Maßgabe des § ...

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