Verfahrensgang

LSG Berlin (Urteil vom 07.03.1986; Aktenzeichen L 1 An 137/85)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 7. März 1986 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I

Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).

Die Klägerin war nach einem Studium an der Pädagogischen Hochschule B. vom 1. August 1977 bis 15. April 1979 als Pförtnerin beschäftigt. Sie meldete sich am 20. August 1979 im zuständigen Arbeitsamt persönlich arbeitslos und erhielt dort auf ihre Antragstellung den Antragsvordruck ausgehändigt. Diesen gab sie zunächst nicht an das Arbeitsamt zurück.

Vom 1. September 1979 bis 31. Januar 1980 war die Klägerin in Teilzeitbeschäftigung als Lehrerin an einer Grundschule tätig, anschließend bis 11. November 1981 als Lehrer-Anwärterin im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Am 12. November 1981 meldete die Klägerin sich unter Antragstellung erneut persönlich arbeitslos und nahm den Antragsvordruck entgegen.

Am 27. Januar 1982 ging beim Arbeitsamt das Schreiben der Klägerin vom 23. Januar 1982 ein, mit dem sie die ihr am 20. August 1979 und am 12. November 1981 ausgehändigten Antragsvordrucke ausgefüllt übersandte. Sie gab an, daß die Beschaffung der Unterlagen längere Zeit gedauert habe; sie sei im 8. Monat schwanger, seit 4. Februar 1982 bestehe Mutterschutz, wegen drohender Frühgeburt könne sie nicht persönlich erscheinen.

In einem Bescheid vom 15. Februar 1982 bewilligte die Beklagte mit der Begründung, daß ein Alg-Anspruch für 234 Tage bestehe, Alg für die Zeit vom 20. bis 31. August 1979. In einem weiteren Bescheid vom 15. Februar 1982 bewilligte sie Alg ab 12. November 1981 für restliche 223 Tage. Durch Bescheid vom 17. Februar 1982 hob sie die Alg-Bewilligung mit Wirkung ab 4. Februar 1982 auf, weil die Klägerin Anspruch auf Mutterschaftsgeld besitze und deshalb der Anspruch auf Alg gemäß § 118 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) ruhe. Dieser Bescheid enthielt ua den Hinweis, daß die Leistung von neuem nur gewährt werden dürfte, wenn sie erneut beantragt würde. Es werde deshalb empfohlen, nach Wegfall des angeführten leistungsausschließenden Grundes sofort und möglichst persönlich beim zuständigen Arbeitsamt vorzusprechen. Alg und Arbeitslosenhilfe (Alhi) könnten frühestens vom Tage der Antragstellung an gewährt werden.

Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) bezog die Klägerin vom 3. Februar 1982 bis 16. September 1982 Mutterschaftsgeld. Am 18. September 1982 meldete die Klägerin sich erneut arbeitslos und beantragte Alg. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Dezember 1982 (Widerspruchsbescheid vom 11. April 1983) ab, weil seit der Entstehung des Anspruchs am 20. August 1979 bis zur Antragstellung am 18. September 1982 mehr als drei Jahre verstrichen seien, so daß der Anspruch gemäß § 125 Abs. 2 AFG nicht mehr geltend gemacht werden könne. Eine neue Anwartschaftszeit habe die Klägerin inzwischen nicht erfüllt.

Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, daß die Berufung der Beklagten auf die Ausschlußfrist rechtsmißbräuchlich sei. Vor Stellung des Antrags auf Mutterschaftsgeld habe sie sich bei der zuständigen Vermittlerin persönlich erkundigt, ob diese Leistung ihren Anspruch auf Alg verkürzen würde. Dies sei verneint worden; der Anspruch auf Alg ruhe lediglich und lebe bei neuer Antragstellung wieder auf. Auch in dem Aufhebungsbescheid vom 17. Februar 1982 fehle jeder Hinweis auf § 125 Abs. 2 AFG.

Das Sozialgericht (SG) hat die von der Klägerin genannte Vermittlerin als Zeugin gehört. Diese hat ausgesagt, daß sie sich an ein Gespräch mit der Klägerin im Februar 1982 weder erinnern könne, noch sei ein solches in ihren Unterlagen oder den Unterlagen der damals zuständigen Kollegin vermerkt. Sie könne sich auch nicht vorstellen, die von der Klägerin behaupteten Angaben gemacht zu haben; Restansprüche auf Alg zu klären sei Aufgabe der Leistungsabteilung. Im übrigen bewirke der Bezug von Mutterschaftsgeld in der Regel nur ein Ruhen für etwa 7 1/2 Monate, so daß Fristüberschreitungen nicht zu befürchten seien.

Das SG hat gleichwohl die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin auf ihren Antrag vom 18. September 1982 Alg zu gewähren; es hat § 125 Abs. 2 AFG im Hinblick darauf, daß der Anspruch auf Mutterschaftsgeld von vornherein kalendermäßig bestehe, nicht für anwendbar gehalten (Urteil vom 27. November 1984).

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. März 1986). Es hat dazu ausgeführt: Die Berufung sei zulässig. Der Klageanspruch umfasse 151 Leistungstage, nämlich die zuletzt bewilligte Leistung für 223 Tage abzüglich des Leistungsbezugs vom 12. November 1981 bis 3. Februar 1982 mit 72 Tagen; er belaufe sich mithin auf mehr als 13 Wochen (3 Monate), so daß die Berufung nicht gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen sei.

Die Berufung der Beklagten sei begründet. Es handele sich beim Klageanspruch um den Rest des am 20. August 1979 entstandenen Anspruchs auf Alg. Diesen Anspruch habe die Klägerin nur bis zum 20. August 1982 geltend machen können; denn § 125 Abs. 2 AFG schreibe insofern eine Ausschlußfrist von drei Jahren seit Entstehung des Anspruchs vor. Die Beklagte habe auch die Alg-Bewilligung ab 4. Februar 1982 aufheben dürfen; denn nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 AFG habe der Alg-Anspruch wegen der Zuerkennung von Mutterschaftsgeld geruht. Der Aufhebungsbescheid vom 17. Februar 1982 sei bindend geworden. Deshalb sei für die erneute Entstehung des Alg-Anspruchs ein neuer Antrag erforderlich gewesen (§ 151 Abs. 2 AFG). Der Antrag vom 18. September 1982 habe wegen der Ausschlußfrist des § 125 Abs. 2 AFG diese Wirkung aber nicht auslösen können. Der Fristablauf nach dieser Vorschrift erfasse auch ruhende Ansprüche. Im Urteil vom 9. Dezember 1982 (BSG SozR 4100 § 125 Nr. 2) habe das Bundessozialgericht (BSG) zwar offengelassen, ob dies auch für Ansprüche gelte, deren Ruhenszeitraum von vornherein kalendermäßig feststehe. Darauf habe sich das SG jedoch zu Unrecht gestützt; denn beim Bezug von Mutterschaftsgeld handele es sich nicht um einen von Anfang an exakt festliegenden Zeltraum, wie schon die dafür maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften zeigten. Das LSG führt das im einzelnen aus.

Eine neue Anwartschaftszeit habe die Klägerin nicht erfüllt; die Zeit ihrer Tätigkeit als Beamtin auf Widerruf sei beitragsfrei gewesen. Sie habe seit 20. August 1979 mithin nicht erneut 360 Tage in beitragspflichtiger Beschäftigung gestanden (§ 104 Abs. 1 Satz 1 AFG).

Der Klageanspruch lasse sich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Schadensersatzanspruch stützen; denn die Beklagte habe keine Betreuungs- und Beratungspflichten im Sinne des § 14 des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB 1) verletzt. Die vom SG durchgeführte Beweisaufnahme habe nicht ergeben, daß die als Zeugin gehörte Vermittlerin der Klägerin eine falsche oder unzureichende Auskunft erteilt habe. Auch auf das Fehlen eines Hinweises auf § 125 Abs. 2 AFG im Aufhebungsbescheid vom 17. Februar 1982 könne sich die Klägerin nicht berufen. Für solche Hinweise bestehe keine generelle Verpflichtung der Beklagten.

Mit der Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung des § 125 Abs. 2 SGG durch das LSG und trägt dazu vor: Die Vorschrift finde hier keine Anwendung. Aus den Regelungen in §§ 3, 6, 8a des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) iVm § 200a der Reichsversicherungsordnung (RVO) ergebe sich, daß das Ruhen des Alg-Anspruchs wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld für einen kalendermäßig genau feststehenden Zeitraum eintrete. Im Sinne der Entscheidung des BSG von 9. Dezember 1982 komme die Ausschlußfristregelung des § 125 Abs. 2 AFG deshalb nicht in Betracht. Im übrigen habe das LSG den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu Unrecht verneint. Zum einen würde es die Pflichten der Beklagten keineswegs überspannen, auf bestehende Leistungsausschlußmöglichkeiten hinzuweisen, ggf in Form eines Merkblattes. Zum anderen habe die Beklagte die Klägerin hier geradezu in die Irre geführt. Sie habe der Klägerin ausdrücklich empfohlen, nach Wegfall des leistungsausschließenden Grundes einen neuen Antrag zu stellen. Die Klägerin habe daraus nur den Schluß ziehen können, daß sie dadurch in jedem Falle ihren Anspruch auf Alg wieder realisieren könne. Letztlich deshalb sei sie daran gehindert worden, sich über diese Frage Gedanken zu machen und Rechtsrat einzuholen, ob ihr erworbener Anspruch durch Zeitablauf vernichtet werden könnte.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Berlin vom 27. November 1984 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des LSG für richtig. Ergänzend weist sie auf die Rechtsprechung des BSG hin, wonach Sozialleistungsträger Beratungspflichten nur dann verletzten, wenn sie den Versicherten nicht auf Gestaltungsmöglichkeiten hinwiesen, die klar zutage lägen und deren Wahrnehmung offenbar so zweckmäßig sei, daß jeder Versicherte sie mutmaßlich nutzen würde. Ein solcher Sachverhalt sei hier nicht gegeben. Eine allgemeine Pflicht, auf die Rechtsfolge von § 125 Abs. 2 AFG hinzuweisen, bestehe nicht.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.

Der Klageanspruch kann begründet sein. Mach den Feststellungen des LSG hatte die Klägerin am 20. August 1979 einen Anspruch auf Alg iSd § 100 Abs. 1 AFG für 234 Leistungstage erworben und davon bis zur Aufhebung der Leistungsbewilligung ab 4. Februar 1982 für insgesamt 83 Tage Leistungen bezogen. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Klägerin mit der Klage die Erfüllung der noch nicht verbrauchten 151 Leistungstage aus dem am 20. August 1979 entstandenen Anspruch für die Zeit ab 18. September 1982 begehrt. Die Auffassung des LSG, daß die Klägerin in der Zwischenzeit eine neue Anwartschaftszeit gemäß § 104 AFG nicht erfüllt hat, aus der durch den Antrag vom 18. September 1982 ein neuer Anspruch auf Alg erwachsen wäre, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Allein nach diesen äußeren Umständen könnte die Klägerin den erhobenen Anspruch nicht mehr begründet geltend machen. Dies folgt aus § 125 Abs. 2 AFG, der die wirksame Geltendmachung eines einmal entstandenen Alg-Anspruchs auf einen Zeitraum von drei Jahren seit seiner Entstehung beschränkt. Für den hier geltend gemachten Rest des am 20. August 1979 entstandenen Alg-Anspruchs endete dieser Zeitraum am 20. August 1982, so daß der Antrag vom 18. September 1982 insoweit verspätet war. Der § 125 Abs. 2 AFG hat nämlich die Bestimmung einer Ausschlußfrist zum Inhalt, die ohne Hemmungs- und Unterbrechungsmöglichkeit kalendermäßig abläuft. Der Senat hat dies bereits unter Hinweis auf die Rechtsentwicklung und die Rechtsprechung hierzu entschieden (BSGE 54, 212, 214 = SozR 4100 § 125 Nr. 2) und sieht keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Der Ablauf der Frist des § 125 Abs. 2 AFG bedeutet, daß die gesamte Anspruchsberechtigung, die gesamte rechtliche Grundlage untergegangen ist, derzufolge der Arbeitnehmer durch Arbeitslosigkeit einen Anspruch erwerben kann (BSG aaO; ebenso BSGE 47, 101, 102 = SozR 4100 § 119 Nr. 5). Der Senat hält auch an seiner Auffassung fest, daß diese Rechtsfolge selbst dann eintritt, wenn der Fristablauf einen lediglich ruhenden Anspruch erfaßt (BSG aaO).

Indessen kommt es vorliegend auf die Frage des Ablaufs der Frist nach § 125 Abs. 2 AFG während eines Ruhens des Anspruchs nicht an. Durch den bindend gewordenen Bescheid vom 17. Februar 1982 ist nämlich die frühere Alg-Bewilligung gänzlich aufgehoben worden. Damit war das Recht der Klägerin, von der Beklagten die Zahlung von Alg verlangen zu können, rechtswirksam beseitigt (vgl. BSGE 42, 199, 200, insoweit in SozR nicht abgedruckt; s auch § 39 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – -SGB 10–). Für den Fortfall des am 20. August 1979 entstandenen Alg-Anspruchs ab 4. Februar 1982 war folglich nicht sein Ruhen als Folge des Bezugs von Mutterschaftsgeld (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 AFG) die rechtlich maßgebende Ursache, sondern die oa Aufhebung der zuvor ausgesprochenen Bewilligung. Anders als bei einem bloßen Ruhen eines Alg-Anspruchs konnte er deshalb erst durch Erfüllung der dafür erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen, mithin erst nach Stellung eines erneuten Bewilligungsantrages wieder zur Entstehung gelangen, eine Rechtsfolge, wie sie § 151 Abs. 2 AFG ausdrücklich vorschreibt. Aus diesem Grunde kommt es hier nicht darauf an, ob durch den Bezug von Mutterschaftsgeld das Ruhen des Anspruchs für einen von vornherein genau festgelegten Zeitraum eintritt und ob in solchen Fällen § 125 Abs. 2 AFG nicht wirksam wird. Der Senat hat dies schon im Urteil vom 9. Dezember 1982 (BSGE 54, 212, 218 = SozR 4100 § 125 Nr. 2) offengelassen. Soweit die Beteiligten und die Vorinstanzen sich mit dieser Aussage des Senats befaßt haben, wurde übersehen, daß sie lediglich den Fall betrifft, in dem keine gänzliche Aufhebung einer früheren Alg-Bewilligung vorliegt. Dies ist hier anders, wie ausgeführt.

Als Folge der durch die Aufhebung der früheren Bewilligung eingetretenen Rechtslage kann ferner offenbleiben, ob der Ablauf der Verfallsfrist des § 125 Abs. 2 AFG bei einem bloßen Ruhen des Alg-Anspruchs wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld überhaupt eintritt, etwa weil dies mit dem Gedanken nicht zu vereinbaren sei, daß Zeiten des Mutterschutzes für berechtigte Mütter keine nachteiligen Auswirkungen haben dürften. Hier geht es, wie gesagt, nicht um den Ablauf der Frist des § 125 Abs. 2 AFG während des bloßen Ruhens eines Anspruchs, sondern während einer Zeit der gänzlichen Beseitigung des Anspruchs durch Aufhebung. Um Mißverständnissen vorzubeugen, weist der Senat allerdings darauf hin, daß er Bedenken hat, für den Ablauf der Verfallsfrist des § 125 Abs. 2 AFG Unterschiede zwischen den einzelnen im AFG enthaltenen Ruhenstatbeständen anzunehmen. Schützenswerte Interessen stehen auch sonst auf dem Spiel, ohne daß ihnen das Gesetz Vorrang vor dem Verfall eines erworbenen Alg-Anspruchs durch Fristablauf einräumt. Im übrigen hat der Gesetzgeber einem sachgerechten Ausgleich solcher Interessen inzwischen dadurch Rechnung getragen, daß er durch das 7. AFG-Änderungsgesetz (7. AFGÄndG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 1985 2484, 1986 32) die Verfallsfrist des § 125 Abs. 2 AFG von drei auf vier Jahre verlängert hat. Diese Regelung kommt der Klägerin allerdings nicht zugute, da sie erst am 1. Januar 1986 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 13 des 7. AFGÄndG und § 242f AFG).

Ungeachtet der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 125 Abs. 2 AFG im vorliegenden Falle weist der vom LSG festgestellte Sachverhalt Anhaltspunkte dafür auf, daß die Klägerin die Folgen des eingetretenen Fristablaufs gleichwohl nicht treffen.

Nach der Rechtsprechung des BSG kann ein Versicherter in bestimmten Fällen trotz Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen im Wege des sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verlangen, so gestellt zu werden, als lägen die Voraussetzungen vor, wenn es sich um Gestaltungen handelt, die gesetzlich zulässig sind (vgl. ua BSGE 49, 76 s SozR 2200 § 1418 Nr. 6 mwN); dies gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsverlust darauf zurückzuführen ist, daß der Versicherungsträger eine sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebende Nebenpflicht zur Auskunft, Beratung und verständnisvollen Förderung des Versicherten (vgl. § 14 Sozialgesetzbuch –Allgemeiner Teil– –SGB 1–) verletzt hat, weil er sie, obwohl ein konkreter Anlaß zu den genannten Dienstleistungen bestand, nicht oder nicht ausreichend erfüllt hat (vgl. BSGE 60, 79, 85 = SozR 4100 § 100 Nr. 11; BSGE 50, 12, 13 = SozR 2200 § 313 Nr. 6, jeweils mwN). Typischerweise ist dies der Fall, wenn der Versicherungsträger den Versicherten nicht auf solche Gestaltungsmöglichkeiten hingewiesen hat, die klar zutage liegen und deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig erscheint, daß sie jeder verständige Versicherte mutmaßlich nutzen würde (vgl. BSGE 41, 126 s SozR 7610 § 242 Nr. 5; BSGE 48, 211, 213 = SozR 2600 § 50 Nr. 2; BSG SozR 1200 § 14 Nr. 15). Die Verletzung solcher Betreuungspflichten führt zum Anspruch auf Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn sich der Versicherungsträger pflichtgemäß verhalten hätte (BSG aaO; ebenso BSGE 46, 124, 126 = SozR 2200 § 1290 Nr. 11). In Fällen der Versäumung von gesetzlichen Antragsfristen bedeutet dies, daß sich der Versicherungsträger auf den eingetretenen Fristablauf nicht berufen darf, den Versicherten vielmehr so zu behandeln hat, als sei der Antrag rechtzeitig gestellt worden (BSGE 32, 60 = SozR Nr. 15 zu § 1286 RVO aF). Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Versäumung von Ausschlußfristen, wenn sich die Berufung des Versicherungsträgers darauf aus den oa Gründen als rechtsmißbräuchlich erweist (vgl. BSG SozR 4100 § 72 Nr. 2; BSGE 49, 76, 81 s SozR 2200 § 1418 Nr. 6 mwN; BSGE 58, 283, 284 = SozR 1200 § 14 Nr. 20; BSG SozR 4100 § 141e Nr. 7 mwN).

Eine solche Sachlage ist im vorliegenden Falle gegeben. Die Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, die Klägerin zutreffend zu beraten und sie dadurch davon abgehalten, den Alg-Anspruch rechtzeitig geltend zu machen. Zwar pflichtet der Senat dem LSG darin bei, daß seitens der Beklagten keine allgemeine Pflicht besteht, jeden Leistungsbezieher stets auf die Verfallsfrist des § 125 Abs. 2 AFG bei der Aufhebung von Leistungsbewilligungen aufmerksam zu machen. Diese Frist kommt nur in besonders gelagerten Fällen zum Tragen, wenn nämlich Unterbrechungen im Leistungsbezug von größerer Zahl oder längerem Umfange auftreten, ohne daß der Anspruchsberechtigte im Ablauf von drei Jahren eine neue Anwartschaftszeit erfüllt. Es würde deshalb unabhängig von dem etwa anfallenden Verwaltungsaufwand die Anforderungen an die Beratungs- und Betreuungspflichten der Beklagten überspannen, ihr aufzuerlegen, stets auf § 125 Abs. 2 AFG hinweisen zu müssen.

Das entbindet die Beklagte jedoch dann nicht von einer entsprechenden Aufklärungs- und Beratungspflicht, wenn dafür nach den Umständen des Einzelfalles besonderer Anlaß besteht. So war es hier. Dem zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten war sowohl bei der Alg-Bewilligung vom 15. Februar 1982 wie bei deren Aufhebung im Bescheid vom 17. Februar 1982 bekannt, daß die Klägerin im 8. Monat schwanger war und ihr ab 4. Februar 1982 Mutterschutz zustand. Dies folgt aus den Angaben der Klägerin in ihrem Schreiben vom 23. Januar 1982, worauf möglicherweise sogar der Aufhebungsbescheid vom 17. Februar 1982 zurückzuführen ist. Bei der Leistungsbewilligung und deshalb auch bei der praktisch gleichzeitigen Bewilligungsaufhebung war dem Sachbearbeiter nicht verborgen geblieben, daß der Leistungsanspruch am 20. August 1979 entstanden war. In der Bewilligungsverfügung für die Zeit vom 20. August bis 31. August 1979 ist als Leistungsbeginn das Datum vom 20. August 1979 eingetragen, in der Bewilligungsverfügung für die Zeit ab 12. November 1981 die entsprechenden Daten für Leistungsdauer und Dynamisierungsstichtag. Es mußte sich ihm deshalb aufdrängen, daß die Schutzfristen nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 und § 8a MuSchG idF des Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. HStruktG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1523) hier über das Ende der Verfallsfrist des § 125 Abs. 2 AFG hinausreichen könnten, und daß diese Rechtsfolge dann die Klägerin treffen wird, wenn sie den vollen Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 13 MuSchG iVm §§ 200, 200a Abs. 3 RVO (idF des Finanzänderungsgesetzes 1967 vom 21. Dezember 1967 – BGBl I 1259) mit den Auswirkungen gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 AFG geltend macht. Die Kenntnis über den Umfang dieser Schutzfristen muß sich der Sachbearbeiter und damit die Beklagte zurechnen lassen (vgl. dazu BSG SozR 1200 § 14 Nr. 15 und BSG vom 15. Mai 1984 – 12 RK 32/83 –). Die Aussage der vom SG gehörten Vermittlerin, derartige Schutzfristen betrügen im Regelfalle etwa 7 1/2 Monate, belegt im übrigen, daß dies keine Überforderung der Sachkunde von zuständigen Bediensteten der Beklagten ist.

Angesichts dieser Sachlage war es die Pflicht des Sachbearbeiters, die Klägerin im Zusammenhang mit der Aufhebungsentscheidung vom 17. Februar 1982 auf mögliche Folgen des Bezuges von Mutterschaftsgeld für ihren Alg-Anspruch aus der Regelung des § 125 Abs. 2 AFG aufmerksam zu machen. In welcher Weise die Klägerin sich nach Aufklärung veranlaßt sehen wollte, von Gestaltungsmöglichkeiten mutmaßlich Gebrauch zu machen, hat keinen Einfluß auf die erforderliche Aufklärungspflicht des Versicherungsträgers (BSG SozR 1200 § 14 Nr. 15).

Dieser Pflicht war der Sachbearbeiter hier auch nicht wegen des in formularmäßiger Weise in dem Aufhebungsbescheid enthaltenen Hinweises auf die Erforderlichkeit eines neuen Antrages nach Wegfall des leistungsausschließenden Grundes enthoben. Im Gegenteil mußte er erkennen, daß gerade dieser Hinweis die Klägerin veranlassen könnte, von jeder weiteren Erkundigung in Bezug auf die Auswirkungen des Bezuges von Mutterschaftsgeld auf den Bestand ihres Alg-Anspruchs Abstand zu nehmen in dem Vertrauen darauf nämlich, daß der Hinweis bedeute, auch in ihrem Falle genüge für das Wiederaufleben des Alg-Anspruchs der Antrag nach Ablauf des Bezuges von Mutterschaftsgeld. Die unterlassene Aufklärung oder Beratung der Klägerin stellt sich mithin als eine in den Verantwortungsbereich der Beklagten fallende Pflichtwidrigkeit dar. Auf Verschulden kommt es insoweit nicht an (BSGE 49, 76, 77 = SozR 2200 § 1418 Nr. 6).

Auf diese Pflichtwidrigkeit könnte die Klägerin ihren Anspruch allerdings nicht stützen, wenn diese nicht kausal dafür gewesen ist, daß sie die Verfallsfrist des § 125 Abs. 2 AFG versäumt hat (vgl. BSG vom 10. Dezember 1980 – 7 RAr 76/79 – Dienstblatt R der Beklagten Nr. 2471a zu § 81 AFG). Das setzt hier voraus, daß der Klägerin die Möglichkeit eröffnet war, die Bezugsdauer des Mutterschaftsgeldes so zu gestalten, daß ein rechtswirksamer Antrag auf Alg vor Ablauf der Verfallsfrist des § 125 Abs. 2 AFG, also spätestens bis zum 20. August 1982, in Betracht kam. Erforderlich war dafür eine Beendigung der Ruhenswirkung vor dem 20. August 1982, also auch eine entsprechende Begrenzung des Bezuges von Mutterschaftsgeld; denn Geltendmachung im Sinne des § 125 Abs. 2 AFG bedeutet Geltendmachung zu einem Zeitpunkt, in dem alle Voraussetzungen für die Bewilligung des beantragten Alg vorliegen, was bei Fortdauer eines Ruhenstatbestandes nicht der Fall wäre (vgl. BSGE 54, 212 = SozR 4100 § 125 Nr. 2).

Die Klägerin besaß das Recht, den Ruhenstatbestand fristwahrend zu begrenzen. Maßgeblich sind dafür die für den Anspruch der Klägerin auf Mutterschaftsgeld einschlägigen Rechtsvorschriften, hier die Regelungen des MuSchG und der §§ 200 ff RVO in den oa Fassungen. Die späteren Änderungen bzw Aufhebungen dieser Bestimmungen durch das Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) vom 6. Dezember 1985 (BGBl I 2154) seit 1. Januar 1986 sind nicht zu berücksichtigen (vgl. Art. 39 bis 41 BErzGG). Die Klägerin besaß offensichtlich den Anspruch auf Mutterschaftsgeld für die in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG genannten Zeiten vor und nach der Geburt ihres Kindes, sowie für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs im Sinne des § 8a MuSchG, dh im Anschluß an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG bis zu dem Tage, an dem das Kind sechs Monate alt wurde (§ 13 MuSchG iVm § 200a Abs. 3 RVO). Da sie Mutterschaftsgeld bis zum 16. September 1982 erhalten hat, ist ihr Kind offenbar am 17. März 1982 geboren worden. Bedeutsam für den Ablauf der Verfallsfrist des § 125 Abs. 2 AFG kann folglich lediglich der Bezug von Mutterschaftsgeld während des Mutterschaftsurlaubs im Sinne des § 8a MuSchG (iVm § 200 Abs. 4, § 200a Abs. 3 RVO) sein.

Nach § 200a Abs. 3 RVO kann ua die Versicherte, die bei Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG Alg bezieht, die Weiterzahlung des Mutterschaftsgeldes für die Zeit verlangen, für die sie bei Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Mutterschaftsurlaub gemäß § 8a MuSchG hätte beanspruchen können. Die Realisierung des Weiterzahlungsanspruchs bedarf eines Antrags an die zuständige Krankenkasse (§ 1545 Abs. 1 Nr. 2 RVO; vgl. Zmarzlik/Zipperer, MuSchG, 4. Auflage, RdNr. 46 zu § 200 RVO, RdNr. 14 zu § 200a RVO; Bulla/Buchner, Komm z MuSchG, 5. Auflage, RdNr. 177 zu § 13 MuSchG). Es wird zwar der Standpunkt vertreten, daß die Berechtigte im Sinne des § 200a Abs. 3 RVO den (eingeräumten) Bezug von Mutterschaftsgeld nicht einseitig vorzeitig beenden kann, weil auch der in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mutter nicht erlaubt ist, den Mutterschaftsurlaub durch einseitige Erklärung zu beenden (§ 8a Abs. 5 MuSchG; vgl. Zmarzlik/Zipperer, aaO, RdNr. 16 zu § 200a RVO). Der Senat vermag dem jedoch nicht zu folgen. Der dem § 8a Abs. 5 MuSchG zugrundeliegende Zweck, die Dispositionsfreiheit des Arbeitgebers für den Fall eines beantragten Mutterschaftsurlaubs zu gewährleisten und deshalb eine vorzeitige Beendigung von seiner Zustimmung abhängig zu machen (vgl. dazu Bulla/Buchner, aaO, RdNr. 52 zu § 8a MuSchG), besteht in Fällen des § 200a Abs. 3 RVO nicht. Der Mutterschaftsurlaub als solcher ist hier lediglich eine Fiktion, wie auch im Wortlaut des § 200a Abs. 3 RVO zum Ausdruck kommt. So besteht kein stichhaltiger Grund, der arbeitslosen Mutter, die sich zunächst für die Ausschöpfung des vollen ihr zustehenden Mutterschaftsgeldes entschieden hat, etwa das Recht vorzuenthalten, eine sich ihr bietende Arbeitsgelegenheit unter Verzicht auf das restliche Mutterschaftsgeld wahrzunehmen. Belange eines Dritten wie in Fällen nach § 8a Abs. 5 MuSchG würden dadurch nicht berührt. Dasselbe gilt, wenn die Mutter sich entschließt, sich wieder der Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen (vgl. dazu Töns, Mutterschaftshilfe und Mutterschutz, Stand: August 1984, Anm. V 3 zu § 200a RVO). Im übrigen läßt § 46 Abs. 1 SGB 1 den Verzicht auf Sozialleistungen, zu denen auch das Mutterschaftsgeld gehört (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 SGB 1), grundsätzlich zu.

Allgemein anerkannt ist auch, daß die Mutter nicht verpflichtet ist, von vornherein stets die volle Dauer des Mutterschaftsurlaubs in Anspruch zu nehmen. Ebenso wie sie das Recht hat, von der Geltendmachung des Mutterschaftsurlaubs (und damit des entsprechenden Mutterschaftsgeldes) gänzlich abzusehen, kann sie ihr Begehren auf einen Teil der ihr gesetzlich zustehenden Zeiten beschränken (vgl. Töns aaO, Anm. 6b zu § 8a MuSchG; Zmarzlik/Zipperer, aaO, RdNr. 19 zu § 8a MuSchG; Bulla/Buchner, aaO, RdNrn 64 ff zu § 8a MuSchG; Gröninger/Thomas, Komm z MuSchG, 2. ErgLfg, Anm. 7 zu § 8a MuSchG; Heilmann, Komm z MuSchG, 1984, Anm. 56 zu § 8a MuSchG). In der Regelung des § 8a Abs. 7 MuSchG idF des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) geht der Gesetzgeber selbst von dieser Möglichkeit im bisherigen Recht aus.

Auch dieses Recht steht der gemäß § 200a Abs. 3 RVO berechtigten Mutter hinsichtlich der Geltendmachung des Mutterschaftsgeldes zu. Wenn sie nach dem Wortlaut des § 200a Abs. 3 RVO die Weiterzahlung verlangen kann, so bedeutet dies zugleich, daß sie dies nicht muß. Daraus folgt, daß erst ihre entsprechende Erklärung, ihr Antrag auf Weiterzahlung, den Anspruch auf Mutterschaftsgeld in dem Sinne gestaltet, die Leistungspflicht der zuständigen Krankenkasse auszulösen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, daß dieses Begehren stets auf die Leistung für den vollen fiktiven Mutterschaftsurlaub gerichtet sein muß. Der Senat folgt insoweit der überzeugenden Begründung von Töns (aaO, insbesondere Anm. V 3c, zu § 200a RVO), daß mit § 200a Abs. 3 RVO die Gleichstellung arbeitsloser mit beschäftigten Frauen beabsichtigt war, so daß eine dieses Ziel verfehlende benachteiligende Auslegung ausscheidet. Sowohl aus dieser Erwägung wie aus dem allgemeinen Grundsatz, daß das Recht, etwas zu verlangen, die Freiheit umfaßt, hiervon ganz oder teilweise keinen Gebrauch zu machen, führt zu dem Ergebnis, daß § 200a Abs. 3 RVO die Beschränkung des Begehrens auf Mutterschaftsgeld auf eine kürzere als die gesetzlich vorgesehene Dauer zuläßt.

Bei der Beschränkung des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld im oa Sinne handelt es sich nicht um einen unwirksamen Verzicht auf Sozialleistungen im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB 1, wenn die Mutter beabsichtigt, für den Fall fortbestehender Arbeitslosigkeit anstelle des nicht oder nicht mehr in Anspruch genommenen Mutterschaftsgeldes Alg-Leistungen bei der Beklagten aus einem Anspruch geltend zu machen, dessen frühere Bewilligung bindend aufgehoben worden ist. Diese werden nämlich nicht schon dadurch ausgelöst, daß Mutterschaftsgeld nicht mehr oder nicht voll begehrt wird; vielmehr ist dafür die erneute Erfüllung weiterer, nämlich aller Voraussetzungen im Sinne des § 100 Abs. 1 AFG erforderlich. Es fehlt mithin von vornherein an der nach § 46 Abs. 2 SGB 1 erforderlichen Kausalität zwischen Verzicht und Anspruchsbegründung gegen Dritte (vgl. dazu Hauck/Haines, Komm z SGB, 7. ErgLfg, RdNr. 6 zu § 46 SGB 1).

Es liegt ferner keine mißbräuchliche Umgehung von Rechtsvorschriften im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB 1 vor, wenn die Mutter von einem ihr eingeräumten Gestaltungsrecht Gebrauch macht, um den Verlust weitergehender Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis zur Beklagten zu vermeiden, dafür von der Geltendmachung eines Teiles ihrer Ansprüche auf Mutterschaftsgeld absieht oder auf diese verzichtet und sich zu einem früheren Zeitpunkt als nötig wieder der Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt.

Nach allem war es der Klägerin erlaubt, ihren Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 200a Abs. 3 RVO so zu gestalten, daß sie noch vor Ablauf der Verfallsfrist des § 125 Abs. 2 AFG erneut den Antrag auf Alg wirksam zu stellen vermochte. Die pflichtwidrig unterbliebene Belehrung der Beklagten über die Rechtslage wirkte sich hierauf aus, denn diese Gestaltung ist allein deshalb unterblieben. Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Klägerin in einer ihren Interessen entsprechenden Weise sachgerecht von der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeit zur Verhinderung des Verfalls ihres Alg – Anspruchs Gebrauch gemacht hätte. Als Folge hiervon ist die Klägerin so zu stellen, als hatte sie ihren Alg-Antrag noch vor Ablauf der Verfallsfrist des § 125 Abs. 2 AFG erhoben. Allerdings muß sie sich auf die Dauer des ihr ab 18. September 1982 zustehenden Alg-Anspruchs die Zeiten des Bezuges von Mutterschaftsgeld seit dem 20. August 1982 anrechnen lassen. Die Klägerin kann im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht mehr erhalten, als ihr zustünde, wenn sie sich rechtzeitig, dh spätestens am letzten Tage der Frist des § 125 Abs. 2 AFG arbeitslos gemeldet und Alg beantragt und deshalb von diesem Zeitpunkt an kein Mutterschaftsgeld mehr bezogen hätte.

Die Sache ist nicht entscheidungsreif; fest steht zwar, daß die Klägerin sich am 18. September 1982 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend hat das LSG jedoch nicht festgestellt, wie lange die Klägerin arbeitslos gewesen ist und sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hat. Das LSG wird diese Feststellungen nachzuholen und auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

BSGE, 179

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