Entscheidungsstichwort (Thema)

vertragsärztliche Versorgung. Vertragsarzt. Zulassung. Berufsfreiheit. Berufswahl. Bestimmtheitsgebot. Verhältnismäßigkeit. wesensmäßige Vereinbarkeit. Interessen- und Pflichtenkollision. eigenverantwortliche Tätigkeit. Kooperation mit Krankenhaus. Wettbewerbsvorteil. Konkurrenzlage. absoluter Revisionsgrund. Besetzung, fehlerhafte. Sachentscheidung bei absolutem Revisionsgrund. Outsourcing. Krankenhaus. Leistungseinkauf

 

Leitsatz (amtlich)

Der Zulassung eines Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung steht ein zwischen ihm und einem Krankenhaus geschlossener Kooperationsvertrag nicht ohne weiteres entgegen.

 

Normenkette

GG Art. 12, 80; Ärzte-ZV § 20; SGG § 170

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 02.02.1994; Aktenzeichen L 7 Ka 495/93)

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.04.1993; Aktenzeichen S 28 Ka 2856/92)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 2. Februar 1994 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. April 1993 sowie der Bescheid des Beklagten vom 7. Oktober 1992 aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Radiologen für den Kassenarztsitz L.-E.-Straße, 65199 Wiesbaden, mit Wirkung vom 15. März 1995 zu vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist die Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung.

Der Kläger ist Radiologe. Bis zum Zeitpunkt seiner Niederlassung in Wiesbaden war er Leiter der Kernspintomographie der Universität des Saarlandes in Homburg/Saar. Er beantragte am 5. Mai 1992 die Zulassung zur kassenärztlichen (ab 1. Januar 1993: vertragsärztlichen) Versorgung als Arzt für Radiologie einschließlich Computertomographie, Kernspintomographie und Ultraschalldiagnostik. Als künftige Praxisanschrift gab er die Adresse der Dr. H.-S. Kliniken (HSK), Klinikum der Stadt Wiesbaden, an.

Der Kläger beabsichtigt, nach erfolgter Zulassung auf dem Gelände der HSK eine radiologische und nuklearmedizinische Gemeinschaftspraxis mit Privatdozent Dr. S., der ebenfalls seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung beantragt hat, zu gründen. Diese Gemeinschaftspraxis soll in Praxisgemeinschaft mit den Ärzten Prof. Dr. W. und Dr. B. ausgeübt werden, von denen Prof. Dr. W. keine Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit hat. Rechtliche Grundlage für das gemeinsame Tätigwerden der Partner sind der Gesellschaftsvertrag vom 10. Juni 1992 und für die Zusammenarbeit mit den HSK der Kooperationsvertrag vom 2. Dezember 1992. Diese Verträge werden durch weitere Verträge ergänzt.

Nach den Vereinbarungen im Kooperationsvertrag ist Absicht des Vertrages die „Institutionalisierung der Gemeinschaftspraxis für Radiologie und Nuklearmedizin” und sein Ziel der Bezug radiologisch-nuklearmedizinischer Leistungen von niedergelassenen Ärzten zur Sicherstellung der notwendigen Betreuung und Versorgung der Patienten der HSK im radiologischen, strahlentherapeutischen und nuklearmedizinischen Bereich. Die HSK geben danach ab Aufnahme des Praxisbetriebes ihr Zentralinstitut für Röntgendiagnostik und das Institut für Nuklearmedizin auf. Hinsichtlich der sächlichen Mittel übernimmt die Praxis den Betrieb und die Geräte der Radiologie und Nuklearmedizin der HSK. Sie ist verpflichtet, auf eigene Kosten die für den Praxisbetrieb notwendigen Geräte und Einrichtungen dem technischen und wissenschaftlichen Standard entsprechend bereitzustellen. Die Einholung der zum Betrieb der Geräte notwendigen Genehmigungen/Erlaubnisse obliegt der Praxis.

Wünschen der HSK hinsichtlich der Ausstattung soll Rechnung getragen werden. Unter Berücksichtigung des Versorgungsauftrages der HSK ist die Praxis für den Fall ihres Ausfalles verpflichtet, „alles Notwendige zu veranlassen, den HSK die Übernahme der Geräte und Einrichtungen zu ermöglichen”, insbesondere die Einbeziehung der HSK bei Verhandlungen mit Leasing- und Kreditgebern. Die Praxis soll zunächst bis zur Fertigstellung eines – mit den HSK durch einen Glasgang verbundenen – Praxisneubaus in den Räumen der beiden früheren Krankenhausabteilungen eingerichtet werden bzw bleiben.

Bei der seit dem Jahre 1993 aufgenommenen Tätigkeit der Praxisgemeinschaft bzw Gemeinschaftspraxis, die unter der Bezeichnung „RNS” firmiert, ist der Kläger für den Bereich Radiologie/Schnittbildverfahren CT/MRT verantwortlich. Ihm obliegt ausschließlich die Versorgung der ambulanten Patienten. In seinem Verantwortungsbereich sind zwei Ärzte in der Weiterbildung (davon einer über Gestellungsvertrag), ein Physiker, vier MTRAs (davon zwei über Gestellungsvertrag) und zwei Verwaltungsangestellte beschäftigt.

Der Kläger ist zugleich – zusammen mit den Ärzten Prof. Dr. W., PD Dr. S. und Dr. B. – Gesellschafter der RNS-Verwaltungsgesellschaft für radiologische, nuklearmedizinische und strahlentherapeutische Anlagen mbH. Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb und die Vermietung von medizinischen Geräten.

Mit Bescheid vom 30. Juni 1992 erteilte der Zulassungsausschuß für Ärzte bei der zu 1) beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Hessen dem Kläger die Zulassung als Radiologe für den Kassenarztsitz Wiesbaden-Dotzheim zum 1. Oktober 1992. Auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 1) hob der beklagte Berufungsausschuß für Ärzte mit Bescheid vom 7. Oktober 1992 den Beschluß des Zulassungsausschusses auf und wies den Antrag des Klägers auf Zulassung als Radiologe für den Kassenarztsitz Wiesbaden-Dotzheim zurück. Zur Begründung führte der Beklagte im wesentlichen aus, der Zulassung des Klägers stünden Hinderungsgründe – derzeit – nach § 20 Abs. 1 und generell nach § 20 Abs. 2 der Zulassungsverordnung für Kassenärzte (Ärzte-ZV) entgegen. Die von ihm im Rahmen der geplanten Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft auszuübende Tätigkeit widerspreche ihrem Wesen nach der Tätigkeit eines Kassenarztes am Kassenarztsitz, wie sie sich aus den Vorschriften des Sozialgesetzbuches – Fünftes Buch – (SGB V) mit dessen fest umrissener Typologie ergebe.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt mit Urteil vom 30. April 1993 abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des Hessischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 2. Februar 1994). Zur Begründung hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zulassung als Kassenarzt bzw (ab 1. Januar 1993) als Vertragsarzt. Er erfülle zwar die Voraussetzungen des § 18 Ärzte-ZV. Auch griffen zusätzliche Zulassungsbegrenzungen, die mit Wirkung vom 1. Januar 1993 durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) eingeführt worden seien, im Hinblick auf den zuvor gestellten Zulassungsantrag des Klägers nicht ein. Er könne schließlich den aus § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV abgeleiteten Anforderungen bezüglich der Präsenzpflicht und der Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung entsprechen. Einer Zulassung stehe jedoch die Vorschrift des – verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden – § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV entgegen. Durch den in ihr geregelten Ausschluß „wesensfremder” Tätigkeit solle zum Schutz der Patienten und zur Vermeidung einer systemfremden und im Ergebnis zu mißbilligenden Konkurrenzlage eine Interessenkollision zweier nebeneinander ausgeübter ärztlicher Tätigkeiten ausgeschlossen werden. Grundsätzlich könne zwar weder die räumliche Nähe zu einem Krankenhaus noch die vertraglich übernommene Verpflichtung zur Mitbetreuung der Krankenhauspatienten zu einer Zulassungsverweigerung führen. Ein Versagensgrund lasse sich auch nicht aus der Größe der einem Krankenhaus angegliederten Praxis herleiten. Im Falle des Klägers ergebe sich ein Zulassungshindernis jedoch aus der Gesamtschau der konkreten „Gemengelage”: aus der gesamten Vertragslage, aus den räumlichen Vorgaben, aus den erkennbaren organisatorischen Gegebenheiten sowie aus der Beschreibung des derzeitigen Ablaufs der Praxisführung. So biete die Position der HSK einerseits und der Praxisgemeinschaft andererseits Anlaß, von vornherein eine Interessenbelastung des ambulanten Abrechnungsbereiches zu vermuten. Die Rechtsstellung der Beteiligten und deren Einbindung in das Gesamtsystem lasse weitere – prognostisch gesehen – wirksame Korrektur- und Kontrollmöglichkeiten nicht zu. Die Rahmenbedingungen erlaubten es damit nicht, in dem notwendigen Umfang die ambulante vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben.

Daneben ziele § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV auf die Vermeidung einer nach der Gesamtregelung des Gesundheitswesens zu mißbilligenden Konkurrenzlage ab. Ob eine solche vorliege, sei anhand der konkreten, in Aussicht genommenen ärztlichen Tätigkeit zu beurteilen. Soweit durch den Kläger ambulant Großgeräte eingesetzt würden, sei auch über die Regelungsmechanismen der Großgeräteplanung und der Mitbenutzungsmöglichkeit nach § 122 Abs. 4 SGB V hinaus weiterer Raum für eine den Berufszugang regelnde Zulassungsbegrenzung. Die Großgeräteplanung habe sich als zumindest schwer handhabbar bewiesen; jedenfalls sei das Vorhandensein der Großgeräteplanung kein Grund, schlechthin die Annahme einer zu mißbilligenden Konkurrenzlage auszuschließen. Eine Konkurrenzsituation als Resultat des Zusammenspiels von stationärer und ambulanter Versorgung könne besonders im Bereich der konventionellen Radiologie angenommen werden. Diese Aufgabenbereiche stünden weit mehr in Konkurrenz zu niedergelassenen Ärzten als zB der Bereich der Nuklearmedizin. Dies gelte um so mehr, als in Praxen auch größere Geräte Eingang fänden, wie etwa die digitale Subtraktions-Angiographie (DSA), die auch von Praxen in Wiesbaden angeboten werde. Dieselbe nicht billigenswerte Konkurrenzlage ergebe sich auch, soweit in der Praxis des Klägers kernspintomographische Leistungen angeboten würden. Der mit der Größe der Praxis verbundene Wettbewerbsvorteil werde insbesondere in der Möglichkeit des Angebots auch dieser Leistung durch ein und dieselbe Praxis deutlich. Die konkrete Prüfung zeige weiter, daß eine über die „normale” Konkurrenzsituation hinausgreifende ungleiche, systembedingte Konkurrenzlage gegeben sei, die ihre maßgebliche Ursache in der vielfältigen vertraglichen und tatsächlichen Verflechtung des Klägers in das Gesamtgebilde „Praxis” finde. Die Praxis, der er angehöre, sei durch den Kooperationsvertrag in einem so prägenden Umfang gegenüber den HSK verpflichtet, daß im Verhältnis dazu die ihm möglichen persönlichen Leistungen zwangsläufig in den Hintergrund träten. Durch die faktisch bestehende und rechtlich abgesicherte Ein- und Anbindung der Praxis des Klägers an die Klinik und in den Klinikbetrieb werde die wirtschaftliche Basis und der wirtschaftliche Handlungsrahmen in einem Maße erweitert, daß nicht mehr von einem kassenarztrechtlich systemkonformen Konkurrenzvorteil gesprochen werden könne; diese Konkurrenzverschiebung könne nicht im „Wesen” vertragsärztlicher Tätigkeit liegen.

Im Falle des Klägers verstärke sich die zu mißbilligende Konkurrenzlage noch durch seine Beteiligung als Mitgesellschafter an der RNS-Betriebs- und Verwaltungsgesellschaft für radiologische, nuklearmedizinische und strahlentherapeutische Anlagen mbH & Co Vermietungs-KG, die nicht als jedem Arzt erlaubte Geldanlage gewertet werden könne. Ein geradezu marktbeherrschender Einfluß werde zudem in der parallelen Verwendung der Praxisabkürzung „RNS” nicht nur für die Praxis in der L.-E.-Straße – dem Praxissitz des Klägers –, sondern auch für eine Praxisgemeinschaft in der S. Straße 15 mit Anbindung an das St.-Josephs-Hospital deutlich. Entscheidender sei hier jedoch, daß die RNS-Gerätefirma Gerätehersteller sei und damit auf dem Gerätemarkt am Zulassungsort über den eigenen Bedarf hinaus Einfluß ausübe. Diese Tatsache müsse iS einer zu mißbilligenden Konkurrenzsituation gewertet werden. Die gegebene Konkurrenzlage und die Interessenverwobenheit hätten im konkreten Fall ein Ausmaß erreicht, das nicht mehr allein durch erhöhten Prüfungsaufwand, sondern nur noch durch Verweigerung der Zulassung zu bewältigen sei.

Soweit der Beklagte und die Beigeladene zu 1) die Zulassungsversagung auch auf Verstöße gegen das Zulassungsrecht stützen wollten, sei dem nicht zu folgen. Schwerpunktmäßig seien insoweit Verstöße geltend gemacht worden, die mit der Gründung der Praxis in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Dabei handele es sich zum Teil um Verstöße, die nicht den Kläger selbst, sondern Mitglieder der Praxisgemeinschaft beträfen. Soweit die Verstöße in einer „vorgezogenen” vertragsärztlichen Tätigkeit bestanden hätten, sei diese ab dem Quartal IV/1993 eingestellt worden. Zwar sei die zeitweise durchgeführte Behandlung von Ersatzkassenversicherten ohne vertragsärztliche Genehmigung rechtswidrig. Die Verfahrensrealität lasse aber durchaus die – ggf vergütungslose – Erbringung vertragsärztlicher Leistungen zu, wenn die Zulassung im Streit stehe. Zulassungsrechtlich könne hierauf die spätere Zulassungsversagung jedenfalls dann nicht gestützt werden, wenn hieraus keine eigenständige, besonders gewichtige Konkurrenzlage folge und nicht erwiesen sei, daß der die Zulassung anstrebende Arzt nicht gewillt sei, die Regeln vertragsärztlicher Tätigkeit einzuhalten.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (Art. 12 Abs. 1, 19 Abs. 2, 28 Abs. 1 und 80 Abs. 1 Grundgesetz ≪GG≫ iVm § 368 c Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 10 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫, §§ 95, 98 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 10 SGB V, § 20 Abs. 1 und Abs. 2 Ärzte-ZV). Er macht im wesentlichen geltend, § 20 Ärzte-ZV sei wegen fehlender gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage verfassungswidrig. Darüber hinaus sei die Vorschrift nicht hinreichend bestimmt. Abgesehen davon sei er, der Kläger, in seinem Grundrecht aus Art. 12 GG verletzt; denn die Voraussetzungen für eine Versagung der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit nach § 20 Abs. 1 und/oder 2 Ärzte-ZV lägen nicht vor. Die angefochtene Entscheidung widerspreche Denkgesetzen und sei in sich widersprüchlich. Mit Schriftsatz vom 15. September 1994 rügt der Kläger zudem eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil das Berufungsgericht mit dem Geschäftsführer des beigeladenen Krankenkassenverbandes zu 3) als ehrenamtlichem Richter nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei. Mit Schriftsatz vom 6. Februar 1995 legt er ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. R. vom 1. Februar 1995 vor.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 2. Februar 1994 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 30. April 1993 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. Oktober 1992 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn, den Kläger zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Radiologe in Wiesbaden-Dotzheim. L.-E.-Straße, zuzulassen.

hilfsweise,

die Revisionsbegründungsfrist nachträglich in bezug auf die falsche Besetzung des Berufungsgerichts zu verlängern,

weiter hilfsweise,

in bezug auf den Verlängerungsantrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 4) beantragen.

die Revision zurückzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 2. Februar 1994 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Den Hilfsantrag begründen sie damit, im Berufungsverfahren Tatsachen vorgetragen zu haben, die eine Zulassungsversagung nach § 21 Ärzte-ZV rechtfertigten, die jedoch vom Berufungsgericht zum Teil nicht aufgenommen bzw nicht näher rechtlich behandelt worden seien. Inzwischen hätten sich weitere gravierende Verstöße im Zusammenhang mit der Praxisverlegung eines anderen Praxismitglieds ergeben, die auch den Kläger beträfen. Somit ergebe sich die Gefahr, daß dem Kläger die vertragsärztliche Zulassung nach § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV zugesprochen werde, obwohl sie ihm unter Berücksichtigung des § 21 Ärzte-ZV nicht erteilt werden könne.

Die Beigeladenen zu 5), 7) und 8) beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie beziehen sich im wesentlichen auf die angefochtene Entscheidung.

Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist begründet. Die entgegenstehenden Entscheidungen der Vorinstanzen und des Beklagten waren aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Vertragsarzt zuzulassen.

Sein Anspruch auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung beurteilt sich nach dem SGB V idF des GSG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) und der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), ebenfalls idF des GSG (Art. 9 GSG), die jeweils zum 1. Januar 1993 in Kraft getreten sind. Bei der vom Kläger erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist für die rechtliche Beurteilung der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend. Das gilt auch für die Revisionsinstanz (BSGE 72, 148, 153 = SozR 3-2500 § 15 Nr. 1). Mithin sind Rechtsänderungen, die während des laufenden Verfahrens eingetreten sind, vom Gericht zu beachten, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt oder nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen das frühere Recht noch anzuwenden ist bzw die frühere Sachlage noch maßgebend bleibt (BSGE 70, 153, 154 = SozR 3-2500 § 147 Nr. 3). Soweit durch das GSG Zulassungsbeschränkungen eingeführt worden sind (§§ 101 ff idF des GSG), finden diese gemäß Art. 33 § 3 Abs. 1 Satz 1 GSG auf den Zulassungsantrag des Klägers keine Anwendung, weil er den Antrag vor dem Stichtag 31. Januar 1993 gestellt hat. Im übrigen legt § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV allgemein fest, daß ein Antrag auf Zulassung wegen Zulassungsbeschränkungen nur dann abgelehnt werden kann, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet waren.

Die Vorinstanzen haben die Versagung der Zulassung auf § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV gestützt. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die vom Kläger in Aussicht genommene vertragsärztliche Tätigkeit widerspricht nicht dem Wesen der Tätigkeit eines Vertragsarztes am Vertragsarztsitz.

§ 20 Abs. 2 Ärzte-ZV, nach dem für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nicht geeignet ein Arzt ist, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz nicht zu vereinbaren ist, erweist sich als verfassungsgemäß. Die von der Revision zunächst geltend gemachten Bedenken, bei der Ermächtigungsgrundlage für die Ärzte-ZV handele es sich um eine Blankettermächtigung, die den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG an Verordnungsermächtigungen nicht entspreche, greifen nicht durch; denn bei der genannten Regelung der Ärzte-ZV handelt es sich trotz der Bezeichnung der Norm als Verordnung um ein formelles Gesetz. § 20 Ärzte-ZV ist nämlich durch formelles Gesetz (Art. 9 Nr. 14 GSG) geändert und damit in den Willen des formellen Gesetzgebers aufgenommen worden (zu vergleichbaren Änderungen der Ärzte-ZV durch das Gesundheitsreformgesetz ≪GRG≫ s Senatsurteil vom 27. Februar 1992 – BSGE 70, 167, 172 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 2). Vom formellen Gesetzesrang der Ärzte-ZV geht auch das GSG aus, das deshalb folgerichtig die Rückkehr der im Gesetz geänderten Teile der Rechtsverordnung zum Verordnungsrang bestimmt (Art. 24 Satz 1 GSG). Die Frage, ob die Ermächtigungsgrundlage der Ärzte-ZV den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG genügt, stellt sich nach allem für § 20 Ärzte-ZV idF des GSG nicht.

Der Hinderungsgrund des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV steht der Aufnahme einer vertragsärztlichen Tätigkeit entgegen. Die Vorschrift ist deshalb an den Voraussetzungen des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) zu messen. Bei Eingriffen in die Berufsfreiheit ist der Gesetzgeber gehalten, die für die Grundrechtsbeschränkung und -ausübung wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und die Festlegung der Schranken des Grundrechts nicht anderen Stellen zu überlassen. Dazu gehört es, daß die gesetzliche Regelung so gefaßt sein muß, daß sie Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen läßt (BVerfGE 49, 89, 126; 73, 280, 295; 82, 209, 224). Die Bedenken, die die Revision unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen dieses rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot erhebt, hält der Senat in der von ihm getroffenen Auslegung der Vorschrift nicht für durchgreifend.

Nach § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV ist für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nicht geeignet ein Arzt, der wegen der zeitlichen Inanspruchnahme durch eine anderweitige Tätigkeit der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht. Die Vorschrift dient der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, für die die KÄV den Krankenkassen gegenüber die Gewährleistung zu übernehmen hat (§ 75 Abs. 1 SGB V), indem sie die Ärzte von der Zulassung ausschließt, die wegen anderweitiger Tätigkeit nicht in der Lage sind, in ausreichendem Umfang an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen (vgl Hess, Kasseler Komm, § 95 SGB V RdNr. 35). Demgegenüber knüpft § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV für die Annahme der Ungeeignetheit an eine ärztliche Tätigkeit an, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit eines Vertragsarztes am Vertragsarztsitz nicht zu vereinbaren ist. Ihrem Sinn und Zweck nach will die Norm Interessen- und Pflichtenkollisionen eines Arztes ausschließen, die durch dessen ärztliche Tätigkeit entstehen. Sie will damit ebenfalls die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Versorgung gewährleisten.

Dieses Verständnis der Vorschrift wird durch die Entstehungsgeschichte des § 20 Ärzte-ZV bestätigt. Die Norm entspricht in ihrer geltenden Fassung – abgesehen von den durch das GSG bedingten Änderungen hinsichtlich der Begriffe Vertragsarzt/vertragsärztliche Versorgung – wortgleich § 20 Abs. 1 und 2 der Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ärzte) vom 28. Mai 1957 (BGBl I 572, ber 608). Die Arbeitsausschüsse der Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen bzw der Zahnärzte und Krankenkassen, die den Bundesminister für Arbeit gemäß § 368 c Abs. 1 Satz 2 RVO in der damals geltenden Fassung bei der Abfassung der Zulassungsverordnungen für Kassenärzte und Kassenzahnärzte zu beraten hatten, hatten ursprünglich eine Regelung des § 20 ZO-Ärzte vorgeschlagen, in der bestimmte Personengruppen aufgezählt waren, die von der Zulassung ausgeschlossen sein sollten, so ua hauptberuflich als Beamte oder als Angestellte tätige Ärzte und auch Werk- oder Betriebsärzte, sofern der Betrieb im Bereich des Kassenarztsitzes liegt. Da Bedenken gegen die Zulässigkeit des Ausschlusses bestimmter Personengruppen von der Zulassung bestanden, wurde diese konkrete Fassung der Vorschrift aufgegeben und sie später abstrakt in der Weise gefaßt, wie sie Gesetz geworden ist (zum Ganzen Aye, Die Bundeszulassungsverordnungen für Kassenärzte und Kassenzahnärzte, 1957, S 133). Im Hinblick auf diese Entstehungsgeschichte ist die Vorschrift von Beginn an dahin verstanden worden, daß sie Interessen- und Pflichtenkollision bei der Wahrnehmung der ärztlichen Tätigkeit ausschließen will, die sich auch zu Lasten der Versicherten auswirken können, zB dadurch, daß deren Recht zur freien Arztwahl in der praktischen Durchsetzung beschränkt würde (vgl Jantz/Prange, Das Gesetz über Kassenarztrecht, Kommentar, Stand: 7. Lieferung 1961, E § 20 II Nr. 2; Venter, Zulassungsrecht für Kassenzahnärzte, 1958, § 20 Anm. 2). Dem hat sich die Rechtsprechung des Senats angeschlossen und in Anwendung des § 20 Abs. 2 ZO-Zahnärzte geprüft, ob die gleichzeitige Ausübung kassenärztlicher und kassenzahnärztlicher Tätigkeit zu einer Pflichtenkollision führen kann (BSGE 21, 118, 124 = SozR Nr. 1 zu § 20 ZO-Zahnärzte).

Im Lichte des aufgezeigten Verständnisses des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV entspricht die Vorschrift den an eine Bestimmtheit einer Rechtsnorm zu stellenden Anforderungen. Auch im übrigen genügt sie den Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bei Eingriffen des Gesetzgebers in die berufliche Betätigungsfreiheit zu beachten sind. Diese sind strikt am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen, wobei die Gemeinwohlbelange, die den Eingriff rechtfertigen sollen, um so gewichtiger sein müssen, je nachhaltiger die Freiheitsbeschränkung wirkt und je stärker die Berufsausübung oder gar der Zugang zum Beruf reglementiert werden (vgl zum ganzen mwN: BSGE 70, 285, 302 = SozR 3-2500 § 120 Nr. 2).

Auch wenn man in § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV eine Regelung sieht, die nicht nur den Zugang zu einer Ausübungsform des einheitlichen Berufs des „frei praktizierenden Arztes” (vgl BVerfGE 11, 30, 41) regelt, sondern sie wegen ihrer Auswirkungen in die Nähe der Berufswahl rückt, wird sie den sich daraus ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht. In diesen Fällen ist ein Eingriff in die Berufsfreiheit zur Abwehr schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zulässig. § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV iVm Abs. 1 der Vorschrift dient der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Versorgung in qualitativer und organisatorischer Hinsicht. Diese wiederum liegt im Interesse der Volksgesundheit und damit eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes (vgl BVerfGE 25, 232, 247). Diesen Zweck zu ereichen, erscheint das vom Gesetzgeber gewählte Mittel des Ausschlusses von solchen Ärzten, bei denen Interessen- und Pflichtenkollisionen bei der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit auftreten können, als geeignet. Die Konsequenz der Nichtzulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit genügt auch dem Gebot der Erforderlichkeit, zumal § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV die Möglichkeit eröffnet, in den Fällen, in denen Hinderungsgründe beseitigt werden können, dem durch eine Zulassung unter einer Bedingung Rechnung zu tragen. Die Regelung ist bei einer Ausrichtung auf das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel auch verhältnismäßig. Sie läßt einen Ausschluß von der Zulassung als Vertragsarzt nur dann zu, wenn eine mit der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit unvereinbare Interessen- und Pflichtenkollision durch andere Maßnahmen nicht behoben werden kann. Im Sinne des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV unvereinbar wäre danach die faktische Wahrnehmung der Tätigkeit eines Krankenhausarztes durch einen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt, die nicht in den dafür zulassungsrechtlich vorgesehenen Formen wie der belegärztlichen Tätigkeit vorgenommen wird.

In Anwendung der dargelegten Grundsätze ist eine wesensmäßige Unvereinbarkeit der vom Kläger erstrebten Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt mit der Tätigkeit eines Vertragsarztes am Vertragsarztsitz zu verneinen. Interessen- und Pflichtenkollisionen im aufgezeigten Sinne sind nicht erkennbar. Die von ihm nach der Zulassung auszuübende Tätigkeit wird in rechtlicher Würdigung der vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen insbesondere den Anforderungen gerecht, die an eine persönliche Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in eigener Praxis (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV) zu stellen sind. Die Grenzziehung zwischen tatsächlicher Einbindung eines Arztes in eine Krankenhaustätigkeit und der persönlichen Ausübung der Vertragsarzttätigkeit in freier Praxis ist in zeitlicher Hinsicht an den Maßstäben des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV zu messen. Nach den Feststellungen des LSG hat der Kläger nur in geringem Umfang Verpflichtungen zur persönlichen Leistungserbringung gegenüber dem Krankenhaus, mit dem seine Praxis kooperiert. Nicht zu beanstanden ist, daß das LSG hieraus gefolgert hat, der Kläger sei insoweit nicht in einer Weise in den Krankenhausbetrieb eingebunden, daß er seinen vertragsärztlichen Verpflichtungen in zeitlicher Hinsicht und bezüglich der persönlichen Leistungserbringung nicht nachkommen könne.

Auch im übrigen stellt sich die vom Kläger auszuübende vertragsärztliche Tätigkeit nicht als Wahrnehmung der Tätigkeit eines Krankenhausarztes mit anderen Mitteln dar. Nach der vom LSG festgestellten Vertragslage ist der Kläger gegenüber seinen ambulanten Patienten sowohl im Bereich der eigentlichen Behandlungstätigkeit als auch im tatsächlichen und rechtlichen Umfeld dieser Behandlung in vollem Umfang unmittelbar verantwortlich. Dazu gehört, daß er Inhalt und Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit und den Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel selbst bestimmt und verantwortet. Dem steht nicht entgegen, daß der kleinere Teil des in seiner Praxis tätigen Personals im Wege des Gestellungsvertrages von dem Krankenhaus, mit dem die Praxis kooperiert, übernommen worden ist. Den genannten Anforderungen an eine eigenverantwortliche Praxisausübung könnte es allerdings widersprechen, wenn bei Kooperationsformen wie der hier zu beurteilenden der weitaus größere Teil des Personals der vertragsärztlichen Praxis vom Krankenhaus überlassen würde. Das ist jedoch nach den Feststellungen des LSG nicht der Fall.

Der Senat folgt der angefochtenen Entscheidung des LSG auch insoweit nicht, als sie die Verweigerung der Zulassung mit der Organisationsstruktur der Praxis des Klägers begründet hat. Nach den diesbezüglichen Feststellungen beabsichtigt der Kläger nach erfolgter Zulassung die Gründung einerseits einer Gemeinschaftspraxis mit PD Dr. Spitz, andererseits einer Praxisgemeinschaft mit Prof. Dr. W. und Dr. B.. Schon aus dem Umstand, daß der Verordnungsgeber in § 33 Abs. 1 und Abs. 2 Ärzte-ZV die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit als Praxisgemeinschaft bzw Gemeinschaftspraxis grundsätzlich als zulässig angesehen hat, ergibt sich ohne weiteres, daß die Ausübung ärztlicher Tätigkeit in diesen Organisationsformen nicht zu einer „wesensmäßigen Unvereinbarkeit” iS des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV führen kann. Das gilt auch, wenn nicht alle Ärzte der Praxisgemeinschaft zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. Soweit befürchtet wird, daß im konkreten Fall über die genannten Organisationsformen eine übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit erfolgen könnte, kann dem mit anderen Mitteln wie der Honorarkürzung wegen übermäßiger Ausdehnung (vgl § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V) begegnet werden.

Eine wesensmäßige Unvereinbarkeit im aufgezeigten Sinne läßt sich nicht, wie der Beklagte und der Beigeladene zu 1) annehmen, aus einer vermeintlichen Vermengung stationärer und ambulanter Tätigkeiten ableiten, die zu einer Verschiebung kostenintensiver Leistungen aus dem Krankenhausbereich heraus in den wirtschaftlichen Verantwortungsbereich von zugelassenen oder ermächtigten Ärzten führe. Gesundheitspolitisches Anliegen des GSG war es, durch Rationalisierung im System Rationierung bei den medizinischen Leistungen zu vermeiden. Deshalb sollten bestehende Überkapazitäten und Unwirtschaftlichkeiten in den einzelnen Leistungsbereichen abgebaut und die unzureichende Verzahnung der verschiedenen Versorgungsebenen beseitigt werden (vgl Begründung des RegEntw, BT-Drucks 12/3209, Begründung A, S 38 ff). So hat der Gesetzgeber in § 115 Abs. 1 SGB V die Landesverbände der Krankenkassen bzw die Verbände der Ersatzkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen zum Abschluß dreiseitiger Verträge mit den Landeskrankenhausgesellschaften oder den Vereinigungen der Krankenhausträger verpflichtet mit dem Ziel, durch enge Zusammenarbeit zwischen Vertragsärzten und zugelassenen Krankenhäusern eine nahtlose ambulante und stationäre Behandlung der Versicherten zu gewährleisten. Dabei haben die Verträge insbesondere die Förderung des Belegarztwesens und die Behandlung der Versicherten in Praxiskliniken, die Durchführung einer vor- und nachstationären Behandlung im Krankenhaus nach § 115 a SGB V und die allgemeinen Bedingungen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus zu regeln. Zudem hat der Gesetzgeber mit Inkrafttreten des GSG unmittelbar die Versorgungsform des ambulanten Operierens (§ 115 b SGB V) eröffnet. Diese neuen Versorgungsformen haben Vorrang vor der stationären Behandlung (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Ebenso fordert der Gesetzgeber im Großgerätebereich eine Kooperation der verschiedenen Leistungserbringer, um eine wirtschaftliche Nutzung medizinischer Großgeräte zu erreichen (§ 122 Abs. 1 SGB V). Aus den getroffenen Neuregelungen, vor allem der Eröffnung der genannten neuen Versorgungsformen – Praxisklinik, vor- und nachstationäre Behandlung, ambulantes Operieren –, muß gefolgert werden, daß eine Ausgliederung ärztlicher Leistungsbereiche aus der stationären in die ambulante Behandlung dem gesetzgeberischen Anliegen nicht widerspricht. Nicht zu verkennen ist, daß – worauf insbesondere die Beigeladene zu 1) hingewiesen hat – mit einer Verlagerung bisher stationär erbrachter Leistungen in den ambulanten Bereich die auch im Jahre 1995 noch budgetierte Gesamtvergütung (§ 85 Abs. 3 a SGB V) durch die Abrechnung weiterer Leistungen zusätzlich belastet wird, während andererseits bei den Krankenkassen Ersparnisse durch niedrigere Kosten der stationären Behandlung eintreten müßten. Diesen Auswirkungen auf dem Vergütungssektor kann aber nicht durch eine restriktive Auslegung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV begegnet werden. Vielmehr ist dem, sofern eine Verlagerung ursprünglich stationärer Leistungen in den ambulanten Bereich in größerem Umfang stattfinden sollte, durch eine entsprechende Anpassung der Gesamtvergütung Rechnung zu tragen.

Eine wesensmäßige Unvereinbarkeit iS des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV ergibt sich auch nicht aus einem Wettbewerbsvorteil der Gemeinschaftspraxis bzw Praxisgemeinschaft im Verhältnis zu anderen zugelassenen Radiologen. Das LSG sieht eine „zu mißbilligende Konkurrenzlage” darin, daß die Größe und das umfassende medizinisch-technische Angebot der Praxis, aber auch die faktisch und rechtlich abgesicherte Anbindung der Praxis an das Krankenhaus und die daraus resultierende Abhängigkeit einen Wettbewerbsvorteil begründen, der eine wesensmäßige Unvereinbarkeit der angestrebten vertragsärztlichen Tätigkeit iS des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV nach sich ziehe. Dieser Beurteilung kann der Senat nicht beitreten. Dabei kann zunächst dahingestellt bleiben, ob aus der Größe der Praxis oder wegen des angebotenen Leistungsumfangs eine „Konkurrenzlage” im Verhältnis zu anderen niedergelassenen Vertragsärzten entsteht. Hieraus ließe sich jedenfalls keine Ungeeignetheit iS des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV herleiten; denn es liegt nicht in der Zielrichtung der Vorschrift, durch Ausschaltung von Wettbewerb den Status vorhandener Praxen zu sichern. Schutzzweck des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV ist – wie wiederholt dargelegt – allein die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch Ausschluß von Interessen- und Pflichtenkollisionen auf Seiten des die Zulassung begehrenden Arztes. Aus denselben Erwägungen begründen die Vereinbarungen im Kooperationsvertrag mit dem Krankenhaus entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ebenfalls keine „zu mißbilligende Konkurrenzlage”. Sie stehen auch nicht einer eigenverantwortlichen Praxisführung entgegen. Soweit der Kläger und die übrigen Mitglieder der Gemeinschaftspraxis bzw Praxisgemeinschaft sich verpflichtet haben, bei Ausfall der eigenen Leistungserbringung die weitere Nutzung der Praxiseinrichtungen für eine Leistungserbringung durch das Krankenhaus sicherzustellen, dienen diese vertragliche Regelungen nicht der Abwälzung des eigenen wirtschaftlichen Risikos und seiner Verlagerung auf das Krankenhaus. Das gilt insbesondere für die Praxis des Klägers, der ausschließlich für die ambulante Versorgung der Versicherten zuständig ist. Die Vereinbarungen bezwecken vielmehr, die Leistungserbringung durch das Krankenhaus sicherzustellen. Sie sind unter diesem Gesichtspunkt notwendig.

Mit der Beteiligung des Klägers als Mitgesellschafter an der RNS-Verwaltungsgesellschaft für radiologische, nuklearmedizinische und strahlentherapeutische Anlagen mbH kann die Versagung der Zulassung ebenfalls nicht begründet werden. Hierbei handelt es sich nicht um eine ärztliche Tätigkeit, so daß § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV schon nach seinem Wortlaut nicht einschlägig ist. Die Funktion als Mitgesellschafter steht im übrigen, wie das LSG hinsichtlich der Präsenzpflicht und der Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung zutreffend aufgezeigt hat, der ordnungsgemäßen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht entgegen.

Soweit der Beklagte schließlich weitere Gründe für eine Ungeeignetheit des Klägers angeführt hat, die sich aus dessen Verhalten nach Stellung des Zulassungsantrages ergeben haben sollen, können diese aus den vom LSG dargelegten Gründen eine Verweigerung der Zulassung nicht stützen.

Nach allem kam es auf die ebenfalls von der Revision aufgeworfene Frage, ob das Berufungsurteil wegen einer fehlerhaften Besetzung des Gerichts aufzuheben sei, weil ein ehrenamtlicher Richter, der an der Entscheidung mitgewirkt habe, als Geschäftsführer des zu 3) beigeladenen Landesverbandes der Krankenkassen kraft Gesetzes ausgeschlossen gewesen sei, nicht an. Der Senat konnte, selbst wenn entgegen der Regelung des § 17 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der ehrenamtliche Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen gewesen wäre, in der Sache entscheiden (zur Sachentscheidung trotz Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 12; BVerwG NVwZ 1994, 1095).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 59

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