Der Arbeitnehmer ist nach § 5 EFZG verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, mitzuteilen (sog. Anzeigepflicht). Unverzüglich bedeutet keine sofortige Anzeige beim Arbeitgeber. Ausreichend ist die Mitteilung spätestens zu Beginn des ersten Tages der Arbeitsunfähigkeit. Tritt diese früher und zu einer Zeit ein, zu der der erkrankte Arbeitnehmer nicht arbeiten muss (z. B. bei Teilzeitbeschäftigung), hat die Mitteilung spätestens am nächstfolgenden betrieblichen Arbeitstag zu erfolgen. Regelmäßig ist eine telefonische oder sonstige digitale Mitteilung (E-Mail) erforderlich. Adressat muss der Vorgesetzte bzw. die speziell zuständige (HR-)Abteilung sein.

Anzeigepflicht bei Arbeitsunfähigkeit

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden – also dem vierten – Arbeitstag vorzulegen (sog. Nachweispflicht).

 
Wichtig

Frühere Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung bereits vom ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit an zu verlangen. Der Arbeitgeber kann sowohl eine zeitlich frühere Vorlage als auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für Zeiten verlangen, die weniger als 3 Tage andauern.[1] Das Recht des Arbeitgebers ist an keinerlei weitere Voraussetzungen, Sachgründe o. Ä. gebunden – es steht in seinem "nicht gebundenen Ermessen".[2]

Die Angabe des Befundes in der Bescheinigung für den Arbeitgeber ist nur ausnahmsweise (z. B. bei wiederholten gleichartigen Erkrankungen) erforderlich und zulässig. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen.

 
Hinweis

Digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den Arbeitgeber seit dem 1.1.2023

Durch das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz vom 22.11.2019[3] wurde die digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingeführt.[4] Seit dem 1.10.2021 erhält die Krankenkasse direkt vom Vertragsarzt eine elektronische Mitteilung über die Arbeitsunfähigkeit. Die elektronische Meldung an den Arbeitgeber erfolgt seit dem 1.1.2023. Arbeitnehmer, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse sind, müssen nur noch ihre Arbeitsunfähigkeit direkt beim Arbeitgeber anzeigen. Die nachfolgende ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt direkt und auf elektronischem Weg über die Krankenkassen, die die vom Arzt übermittelten Informationen dem Arbeitgeber zum Abruf aufbereiten. Dabei bleibt der Inhalt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unverändert; insbesondere enthält die Bescheinigung keine Krankheitsdiagnose.

Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausschließlich per Ferndiagnose ist – unabhängig von der Corona-Pandemie – mittlerweile möglich. Durch das "Digitale-Versorgung- und Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG)" wurde der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in § 92 Abs. 4a SGB V beauftragt, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausschließlich per Fernbehandlung zu ermöglichen.[5] Dazu beschloss der G-BA entsprechende Richtlinien zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Möglich ist die ferndiagnostisch festgestellte Arbeitsunfähigkeit nur in dafür geeigneten Fällen. Einschränkend gilt bei der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung, dass diese nicht über einen Zeitraum von bis zu 3 Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll.

Unter bestimmten Voraussetzungen besteht so die Möglichkeit einer Videosprechstunde als Basis für eine Krankschreibung ohne persönliche Untersuchung des Versicherten. Es muss sich um die Ersterkrankung handeln, die Krankschreibung darf für dem Arzt bekannte Versicherte maximal 7 Tage, für unbekannte Versicherte maximal 3 Tage umfassen.[6]

 
Wichtig

Auslaufen der telefonischen Krankschreibung

Seit dem 1.4.2023 muss die Arbeitsunfähigkeit auch bei Atemwegserkrankungen grundsätzlich wieder durch eine unmittelbare ärztliche Begutachtung in der Arztpraxis festgestellt werden.

Die besonderen Anforderungen an die Anzeige- und Nachweispflicht bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland ergeben sich aus § 5 Abs. 2 EFZG. Der Beweiswert von im Ausland ausgestellten steht grundsätzlich den inländischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gleich.[7] Der Arbeitgeber darf einem Arbeitnehmer, der ein ärztliches Attest aus einem EU-Staat vorlegt, die Entgeltfortzahlung nur dann verweigern, wenn er nachweisen kann, dass der Mitarbeiter missbräuchlich oder betrügerisch eine Arbeitsunfähigkeit gemeldet hat, ohne krank gewesen zu sein.[8] Im Falle einer Erkrankung während des Urlaubs besteht kein Anlass, den Arbeitnehmer unter den strengen Maßgaben der "Unverzüglichkeit" i. S. d. § 5 Abs. 5 EFZG zur Anzeige der Arbeitsunfähigkeit bzw. der Erkrankung zu verpfli...

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