Voraussetzungen für Krankschreibung per Videosprechstunde

Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-RL) regelt seit Oktober 2020 die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von Versicherten per Videosprechstunde. Dies gilt auch bei Erkrankung eines Kindes. Durch eine Änderung der AU-RL sind seit dem 19.1.2022 die Möglichkeiten erweitert worden. Diese stellen wir nachfolgen im Einzelnen vor.

Grundsätzlich darf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) und die Ausstellung der AU-Bescheinigung (Muster 1) nur durch eine unmittelbar persönliche ärztliche Untersuchung erfolgen. Doch seit Oktober 2020 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Ausnahmen hiervon zugelassen. Die Ausnahmen wurden mit Beschluss des G-BA vom 19.11.2021 erweitert. Nachdem das Bundesministerium für Gesundheit diese Erweiterung nicht beanstandet hat, ist diese ist am 19.1.2022 nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft getreten.

Bisherige Voraussetzung zur Krankschreibung per Videosprechstunde 

Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-RL) regelt seit Oktober 2020, dass eine Krankschreibung von Versicherten und die Ausstellung einer AU-Bescheinigung auch ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt im Rahmen einer Videosprechstunde zulässig ist. Dafür muss bisher der Versicherte in der betreffenden Arztpraxis persönlich bekannt sein. Außerdem muss die Krankheit geeignet sein, um eine Untersuchung mittels Videosprechstunde durchzuführen. Zeitlich ist die erste Krankschreibung auf maximal sieben Kalendertage befristet. Eine weitere Krankschreibung kann per Videosprechstunde erfolgen, wenn die vorherige Krankschreibung aufgrund einer unmittelbar persönlichen Untersuchung in der Arztpraxis erfolgte. Ein Anspruch der Versicherten auf Krankschreibung per Videosprechstunde besteht jedoch nicht.

G-BA erweitert Krankschreibung per Videosprechstunde

Mit Beschluss vom 19.11.2021 hat der G-BA die Möglichkeiten zur Krankschreibung im Rahmen einer Videosprechstunde erweitert. Damit ist eine Krankschreibung in einer Videosprechstunde für alle Versicherten möglich, auch wenn sie in der Arztpraxis aufgrund einer früheren Behandlung nicht bekannt sind. Voraussetzung ist weiterhin, dass die Krankheit eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit per Videosprechstunde zulässt. Eine Folgekrankschreibung per Videosprechstunde ist nach wie vor nur in den Fällen möglich, in denen die vorherige Krankschreibung durch eine unmittelbar persönliche Untersuchung ausgestellt wurde. Auch durch den neuen G-BA-Beschluss besteht kein Anspruch auf Krankschreibung per Videosprechstunde. Die Änderungen der AU-RL wurden durch das Bundesministerium für Gesundheit nicht beanstandet und sind nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 19.1.2022 in Kraft getreten.

Wie lange kann eine Krankschreibung per Videosprechstunde erfolgen?

Ob der Versicherte in der Praxis bekannt ist oder nicht, wirkt sich auf die Dauer der Krankschreibung aus. Bekannte Versicherte können bis zu sieben Kalendertage krankgeschrieben werden, unbekannte Versicherte hingegen nur bis zu drei Kalendertage.

Ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Videosprechstunde kann nur erfolgen, wenn bei den Versicherten zuvor aufgrund einer unmittelbar persönlichen Untersuchung in der Vertragsarztpraxis die Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit festgestellt worden ist.

Kind krank: Wann kann eine Feststellung per Videosprechstunde erfolgen?

Für die Feststellung einer erforderlichen Betreuung, Beaufsichtigung oder Pflege eines erkrankten Kindes und die in diesem Zusammenhang erforderliche Ausstellung der ärztlichen Bescheinigung (Muster 21) gibt es keine konkretisierenden gesetzlichen Vorgaben wie für die Ausstellung der AU-Bescheinigung (Muster 1). Daher kann die Feststellung einer Erkrankung des Kindes und der notwendigen Betreuung, Beaufsichtigung oder Pflege per Videosprechstunde im berufsrechtlich zulässigen Rahmen unter Wahrung des ärztlichen Sorgfaltsmaßstabs erfolgen, sofern die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung und Behandlung gewahrt wird. Dies hat der Arzt im konkreten Fall zu prüfen und darüber zu entscheiden, ob er das – in der Praxis bekannte oder auch unbekannte – Kind per Videosprechstunde behandeln kann.

Videosprechstunde: Umgang mit der eGK

Behandelt der Arzt einen ihn bekannten Versicherten, für den im selben oder vorherigen Quartal die eGK vorgelegt wurde und erklärt der Versicherte, dass sich die Daten nicht geändert haben, kann der Arzt die Versichertendaten aus den bei ihm hinterlegten Patientendaten übernehmen.
Anderenfalls prüft der Arzt im Rahmen der Videosprechstunde die Identität des Versicherten anhand der per Videotelefonie vorgelegten eGK. Kann diese nicht vorgelegt werden, erhebt der Arzt folgende Daten:

  • Bezeichnung der Krankenkasse,
  • Name, Vorname und das Geburtsdatum des Versicherten,
  • Art der Versicherung,
  • Anschrift des Versicherten und
  • Krankenversichertennummer,

die er für die Abrechnung nutzt. Der Versicherte hat zudem das Bestehen des Versicherungsschutzes zu bestätigen. Wird die Videosprechstunde für die Behandlung von Kindern genutzt, geben die Eltern die Daten bekannt. 
Kann im weiteren Verlauf des Quartals die eGK vom Versicherten nachgereicht werden, ist die Abrechnung auf Basis von deren Daten zu erstellen.

Was die Praxis abrechnen kann

Im Falle der Krankschreibung per Videosprechstunde kann die Arztpraxis die Grund- oder Versichertenpauschale sowie ggf. die Gesprächsleistung abrechnen. Hinzu kommt die Gebührenordnungsposition (GOP) 01450 (Zuschlag je Videokontakt). Für die Versendung des Musters 1 als Brief ist die GOP 40128 und für das Muster 21 die GOP 40129 abrechnungsfähig. Falls in dem Quartal ausschließlich ein Video-Kontakt erfolgte, ist die GOP 88220 berechnungsfähig.