Sammelanderkonten der Rechtsanwälte vor dem Aus?

Einige Kreditinstitute haben bereits – andere beabsichtigen – die Sammelanderkonten von Rechtsanwälten zu kündigen. Begründung: Geänderte Regeln der BaFin zur Geldwäscheprävention – mit erheblichen Folgen für die Anwaltschaft.

Nicht wenige Anwälte sind bereits betroffen und haben die Kündigung des von ihnen unterhaltenen Sammelanderkontos von ihrem Kreditinstitut erhalten. Andere Kreditinstitute wollen nachziehen. Sie verweisen auf die neuen Auslegungs- und Anwendungshinweise der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum Geldwäschegesetz (GwG).

BaFin hat ihre GwG-Anwendungshinweise geändert

Bereits im Juni 2021 hatte die BaFin ihre Auslegungs- und Anwendungshinweise zum GwG geändert. Gemäß Ziff. 7 der Anwendungshinweise weist die BaFin Sammeltreuhandkonten ein besonders hohes Risiko der Nutzung zur Geldwäsche zu. Die Führung dieser Konten ist nach dem GwG daher mit besonderen Sorgfaltspflichten verknüpft. Gemäß § 14 GwG können Kreditinstitute für bestimmte Fallgruppen nach entsprechender Risikoeinschätzung vereinfachte Sorgfaltspflichten bei Sammeltreuhandkonten mit niedrigem Risiko vorsehen.

Sammelanderkonten der Rechtsanwälte bisher privilegiert

Bisher hatte die BaFin u.a. Sammelanderkonten von Rechtsanwälten und Notaren in die Niedrigrisikogruppe gemäß Ziff. 7 des Besonderen Teils der Auslegungshinweise (Anlage gw2 zum GwG) eingestuft. Diese Einstufung führte dazu, dass Sammeltreuhandkonten von Anwälten banküblich waren und ohne größeren Verwaltungsaufwand bei den Kreditinstituten geführt werden konnten. Diese Niedrigrisikoeinstufung für Rechtsanwaltssammelanderkonten hat die BaFin ersatzlos gestrichen.

Banken kündigen überraschend Sammelanderkonten

Auf diese Änderung stützen einige Banken nun die für Anwälte ebenso überraschende wie einschneidende Maßnahme, Sammelanderkonten schlicht zu kündigen. Dies ist für einen Großteil der Anwälte mit erheblichen Folgen verbunden, da die meisten Anwälte eingehende Fremdgelder auf Sammelanderkonten verwahren. In der Regel verfügt die Kanzlei über eine Software, die die einzelnen Beträge den einzelnen Mandanten zuordnet.

Es droht kostenintensiver Verwaltungsaufwand

Müssten statt der Sammelkonten für jeden einzelnen Geldeingang künftig individuelle namentliche Treuhandkonten für den jeweiligen Mandanten angelegt werden, für den die Gelder verwahrt werden, so entstünde hierdurch nicht nur ein erheblicher Verwaltungsaufwand sowohl für den jeweiligen Anwalt als auch für das Kreditinstitut, darüber hinaus würde hierdurch eine erhebliche zusätzliche Kostenbelastung verursacht, denn jede einzelne Kontoeröffnung ist mit einer Kontoeröffnungsgebühr verbunden, deren Summierung bei einigen Kanzleien zu einigen Tausend Euro im Jahr führen dürfte.

BaFin beschwichtigt

Die BaFin selbst verweist darauf, dass die Streichung der Risikoeinstufung nicht automatisch dazu führt, dass Sammelanderkonten von Rechtsanwälten mit einem derart hohen Geldwäscherisiko belastet wären, dass die Kreditinstitute diese zwingend nicht mehr als Sammelkonten führen dürften und kündigen müssten. Die Kreditinstitute hätten vielmehr in eigener Verantwortung über ihre Angebote gegenüber ihren Kunden unter individueller Risikoabwägung über die Führung von Sammelanderkonten zu entscheiden.

BRAK will Kontokündigungen nicht hinnehmen

Angesichts der bereits angelaufenen bzw. drohenden Kündigungswelle für Sammelanderkonten hat die BRAK angekündigt, gegen diese neue Praxis vorzugehen und sich mit den zuständigen Bundesministerien, insbesondere dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) in Verbindung zu setzen, um das Problem grundsätzlich zu regeln. Die Gefahren der Verwahrung der Gelder verschiedener Mandanten auf einem einzigen Sammelkonto werden nach Auffassung der BRAK schon bisher durch § 4 Abs. 2 Satz 3 BORA in angemessener Weise begrenzt. Nach dieser Vorschrift dürfen Beträge über 15.000 EUR für einen einzelnen Mandanten nicht länger als einen Monat auf diesem Konto verwaltet werden. Außerdem seien Sammelanderkonten als solche immer kenntlich zu machen und damit für die Banken hinreichend transparent.

Einige Banken warten noch ab

Ähnlich sieht es der DAV, der die Kündigungen als unnötige, nicht gerechtfertigte Erschwernis der täglichen Arbeit der Anwaltskanzlei bewertet. Die BRAK-Vizepräsidentin Paul äußerte: „Die Kündigungen grenzen an einen Generalverdacht gegenüber der Anwaltschaft, der nicht hinnehmbar ist“. Sie kritisiert auch, dass die BRAK nicht im Vorfeld in die Änderungspläne der BaFin eingeweiht wurde und hofft, dass die Stellungnahmen der BRAK gegenüber dem BMJ, dem BMF und der BaFin zu einer Klarstellung seitens der BaFin führen, die die Situation entschärft und die Banken zum Einlenken bewegt. Die BRAK-Ankündigung zeigt bereits Wirkung: Zumindest einige Banken haben angekündigt, vor dem vorschnellen Ausspruch von Kündigungen den Ausgang der von der BRAK eingeleiteten Entwicklung abzuwarten.