Ausschluss- und  Warteklauseln in der Restschuldversicherung

Ausschluss- bzw. Warteklauseln in der Restschuldversicherung, z.B. wegen einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit, sind weit verbreitet. Welche Anforderungen sie erfüllen müssen, um wirksam zu sein, bemisst sich u.a. an den Erwartungen eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers und wurde nun durch das OLG Hamm konkretisiert.

Der Kläger hatte bei der beklagten Versicherung eine Restschuldversicherung abgeschlossen. Von der Versicherung wollte er Darlehensraten ersetzt bekommen, die er vom März 2015 bis Dezember 2017 trotz Arbeitsunfähigkeit geleistet hatte. Zudem wollte er wegen Arbeitsunfähigkeit von der Zahlungspflicht ab Januar 2018 freigestellt werden.

Arbeitsunfähigkeit war laut AVB-RSV nicht versichert da "mitgebracht" 

Es war zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Beginns des Versicherungsschutzes arbeitsunfähig war und danach bis zur der von ihm geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit seine Tätigkeit nicht für mindestens drei Monate wieder aufgenommen hatte.

Die Versicherung weigerte sich deshalb die eingeforderten Leistungen zu erbringen und verwies auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Restschuldversicherung (AVB-RSV). In denen heißt es:

  • „Eine bei Beginn des Versicherungsschutzes bestehende Arbeitsunfähigkeit ist nicht versichert.
  • Die erste darauffolgende Arbeitsunfähigkeit ist nur versichert, nachdem die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nicht nur vorübergehend wieder aufgenommen
  • und ununterbrochen mehr als drei Monate ausgeübt hat.“

AVB-RSV-Ausschlussklausel war wirksam

Das OLG Hamm entschied, dass die Klausel wirksam ist und der Kläger keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen hat. Die AVB-RSV sind nach Maßgabe von § 305 Abs. 2 BGB Vertragsbestandteil geworden. Die Klausel ist auch wirksam. Insbesondere ist sie nicht überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB.

Eine Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen § 305c Abs. 1 BGB kommt in Betracht, wenn eine deutliche Abweichung zwischen den Erwartungen eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers einerseits und dem Inhalt der betreffenden Klausel andererseits besteht. Die Klausel ist aus folgenden Gründen nicht überraschend:

  • Sie findet sich nicht an unerwarteter Stelle
  • Sie ist vielmehr in § 5 der AVB-RSV enthalten, der sich allgemein mit „Einschränkungen und Ausschlüssen“ der Leistungspflicht befasst.
  • Die Systematik der AVB ist insoweit gewöhnlich und für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne Weiteres verständlich.

Klausel widerspricht nicht berechtigten Erwartungen eines Versicherungsnehmers

Auch inhaltlich widerspricht die Klausel nicht den berechtigten Erwartungen eines verständigen Versicherungsnehmers, so das OLG:

  • Ihrem materiellen Inhalt nach ist die Klausel mit der Regelung einer Wartezeit vergleichbar, deren grundsätzliche Zulässigkeit vom Gesetzgeber anerkannt hat
  • und in vielen Versicherungszweigen üblich ist (vgl. z.B. § 197 Abs 1 VVG für die Krankheitskosten-, Krankenhaustagegeld- und Krankentagegeldversicherung)

Für einen verständigen Versicherungsnehmer ist offensichtlich, dass der Versicherer nicht für solche Versicherungsfälle einstehen will, deren Eintritt schon bei Vertragsschluss schon in besonderem Maße wahrscheinlich ist.

Ausschlussklausel war weder intransparent noch unangemessen

Die Klausel ist auch nicht unwirksam aufgrund von Intransparenz oder Unangemessenheit i.S.d. § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB:

  • Das Transparenzgebot verlangt vom Verwender von AGBs, dass die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar dargestellt sind.
  • Zudem müssen die Klauseln die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGB, Urteil v. 13.01.2016, IV ZR 38/14).
  • Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klausel ist weder übermäßig kompliziert formuliert, noch weist sie sonstige Unklarheiten auf.

Fazit des Gerichts: Die Ansprüche des Klägers sind aufgrund der Wirksamkeit der Klausel in § 5 Nr. 2 AVB-RSV ausgeschlossen.

(OLG Hamm, Beschluss v. 12.10.2018, 20 U 98/18).

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Hintergrund:

Restschuldversicherung oder Kreditlebensversicherung

Eine Restschuldversicherung (auch Kreditlebensversicherung genannt) kann ein Darlehensnehmer abschließen, der sich gegen die finanziellen Folgen von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder auch sein Ableben vor Leistung der letzten Rate absichern will. Im letztgenannten Fall dient die Restschuldversicherung damit auch dem Schutz der Erben des Darlehensnehmers.

Solche Versicherungen werden meist bei Eingehung von Kreditverträgen mit einer Versicherung, die mit der kreditgebenden Bank verbunden ist, mit abgeschlossen. Um den hierzu notwendigen vereinfachten und schnellen Vertragsabschluss zu ermöglichen, wird auf eine Gesundheits- und Annahmeprüfung verzichtet, im Gegenzug sind bei den meisten Versicherungen Leistungen ausgeschlossen, wenn der Versicherungsfall durch Vorerkrankungen innerhalb der letzten zwei Jahre vor Vertragsschluss verursacht worden ist.

Im Todesfall erhält der Darlehensgeber die Versicherungsleistung zur Tilgung der noch offenen Restschuld, teilweise besteht noch ein darüber hinausgehendes Guthaben, das regelmäßig den Erben zusteht.

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium

Schlagworte zum Thema:  Versicherung, Darlehensvertrag