Entscheidungsstichwort (Thema)

Restschuldversicherung: Karenzzeit nach Arbeitsunfähigkeit bei Vertragsschluss

 

Leitsatz (amtlich)

In der Restschuldversicherung ist eine Klausel wirksam, in der es heißt:

Eine bei Beginn des Versicherungsschutzes bestehende Arbeitsunfähigkeit ist nicht versichert. Die erste darauf folgende Arbeitsunfähigkeit ist nur versichert, nachdem die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nicht nur vorübergehend wieder aufgenommen und ununterbrochen mehr als 3 Monate gearbeitet hat.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 18 O 174/17)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

Die Berufungsangriffe der Kläger, wie sie sich aus der Berufungsbegründung vom 24.09.2018 (GA 140 ff.) ergeben, greifen nicht durch.

1. Den Klägern stehen die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung eines Betrages in Höhe der von März 2015 bis Dezember 2017 geleisteten Darlehensraten sowie auf Freistellung von der Zahlungspflicht ab Januar 2018 nicht zu. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem zwischen den Parteien unstreitig bestehenden Versicherungsvertrag.

Dies ergibt sich, ohne dass es auf die weiteren Voraussetzungen für das Vorliegen der Ansprüche ankäme, schon daraus, dass die Ansprüche der Kläger gemäß § 5 Nr. 2 der für den Vertrag maßgeblichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (im Folgenden: AVB-RSV) ausgeschlossen sind. Dort heißt es: Eine bei Beginn des Versicherungsschutzes bestehende Arbeitsunfähigkeit ist nicht versichert. Die erste darauf folgende Arbeitsunfähigkeit ist nur versichert, nachdem die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nicht nur vorübergehend wieder aufgenommen und ununterbrochen mehr als 3 Monate ausgeübt hat.

a) Die AVB-RSV sind nach Maßgabe von § 305 Abs. 2 BGB Vertragsbestandteil geworden.

Der Vortrag der Kläger, es sei ihnen "nicht positiv bewusst, dass ihnen die Versicherungsbedingungen überhaupt seinerzeit bei Vertragsschluss ausgehändigt worden sind", steht dem nicht entgegen. Es kommt nicht darauf an, ob die in § 305 Abs. 2 BGB normierten Voraussetzungen für eine Einbeziehung in der Person der Kläger erfüllt sind. Dies beurteilt sich vielmehr nur nach dem Verhältnis des Versicherers zu der Bank als Versicherungsnehmerin.

Teils wird angenommen, dass es sich bei der - auch hier unstreitig vorliegenden - Restschuldversicherung nicht um eine Versicherung für fremde Rechnung handelt, da das Kreditinstitut sich damit selbst gegen den Ausfall des Darlehensnehmers und damit gegen die Uneinbringlichkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs absichert (so auch OLG Köln, Beschluss vom 26.03.2010 - 20 U 198/09, juris). Sofern es sich - wie ebenfalls auch vorliegend - um eine Gruppenversicherung handele, komme hinzu, dass durch den Beitritt neuer versicherter Personen gar kein neues Versicherungsverhältnis begründet, sondern nur ein bestehendes hinsichtlich des Kreises der versicherten Personen erweitert werde. Schon aus diesem Grunde komme es für eine Einbeziehung der AVB nicht auf die versicherte Person an (OLG Köln a.a.O.).

Aber selbst wenn man eine Versicherung für fremde Rechnung annimmt, weil eine solche durchaus auch dann vorliegen kann, wenn der Versicherungsnehmer ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Versicherung hat (Prölss/Martin-Klimke, VVG, 30. Aufl. 2018, § 43 Rn. 3), richteten sich dennoch die Voraussetzungen für eine wirksame Einbeziehung der AVB nach dem Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer (vgl. Prölss/Martin-Klimke, a.a.O., § 45 Rn. 2).

b) § 5 Abs. 2 AVB-RSV ist auch wirksam.

aa) Die Klausel ist nicht überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB.

(1) Eine solche Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen § 305c Abs. 1 BGB kommt in Betracht, wenn eine deutliche Abweichung zwischen den Erwartungen eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers einerseits und dem Inhalt der betreffenden Klausel andererseits besteht. Die berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers werden dabei von allgemeinen Umständen, wie etwa dem Grad der Abweichung von dispositiven Normen bzw. den Umständen des Vertragsschlusses, bestimmt (Senat, Beschluss vom 03.05.2013 - 20 U 247/12, r+s 2013, 439, juris Rn. 6 m. w. N., Senat, Beschluss vom 04.01.2012 - 20 U 124/11, r+s 2012, 245, juris Rn. 7 m. w. N., vgl. auch BGH, Urteil vom 05.12.2012 - IV ZR 110/10, VersR 2013, 219, juris Rn. 40). Auch aus der Stellung einer Klausel kann sich ein Überraschungseffekt ergeben, wenn sie in einem syste...

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