Ist  Tempolimit wegen verwirrendem Verkehrsschild unwirksam?

Weil ein neues Verkehrsschild, das vor Baumunfällen warnt, mit einer normalen Geschwindigkeitsbegrenzung kombiniert war, hielt ein Autofahrer die Geschwindigkeitsbegrenzung für unwirksam. Doch bei Gericht stieß er damit nicht auf Verständnis.

Irrungen im Schilderwald. In Sachen Verkehrsschilddichte sind Deutschland und die Schweiz ganz vorne dabei. Dass es da bei den Adressaten, sprich den Verkehrsteilnehmern, immer wieder zu Missverständnissen kommt, kann nicht überraschen.

Neu eingeführtes Verkehrsschild

In einem vor dem OLG Oldenburg verhandelten Fall ging es um das in Niedersachsen neu eingeführte Verkehrsschild „Baumunfall“. Ein derartiges Schild, das ein Auto zeigt, das an einen Baum gefahren ist, war auf einer Landstraße unterhalb der Tempo-Limit-Schilder angebracht, die die zulässige Geschwindigkeit mit 70 km/h auswiesen.

Der Mann war auf der Landstraße wesentlich schneller unterwegs. Er wurde mit 97 km/h geblitzt und erhielt einen Bußgeldbescheid in Höhe von 80 Euro. Gegen den legte er Einspruch ein. Begründung: Die Bedeutung des Zusatzschildes sei unklar und das angeordnete Tempolimit deshalb unwirksam.

Abstruse Argumentation

Ein Verkehrsteilnehmer könne auf die Idee kommen, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung nur dann 70 km/h betrage, wenn ein Fahrzeug an den Baum gefahren sei. Diese Argumentation, die in ihrer Absurdität Karl Valentin alle Ehre gemacht hätte, hielt vor Gericht nicht stand.

Das Amtsgericht hatte den Einspruch des Mannes bereits zurückgewiesen. Und auch mit seiner Rechtsbeschwerde vor dem OLG Oldenburg hatte er keinen Erfolg. Das angeordnete Tempolimit ist nicht unwirksam, entschied das Gericht.

Das Zusatzschild weise auf die Gefahr von Baumunfällen als Grund für die Geschwindigkeitsbegrenzung hin, argumentierte das Gericht. Eine andere Auslegung komme ernsthaft nicht in Betracht.

Einschätzung des Gerichts:

  • Ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer werde nicht davon ausgehen, dass ein Tempolimit nur dann gelte, wenn ein Fahrzeug an einen Baum gefahren sei.
  • Niemand komme ernsthaft auf die Idee, eine Geschwindigkeitsbegrenzung nur dann zu beachten, wenn mitten auf der Fahrbahn ein Baum stehe oder er nicht mit einer höheren Geschwindigkeit als 70 km/h an einen Baum fahren dürfe.

Schließlich wies das Gericht noch darauf hin, dass die Tatsache, dass das Zusatzzeichen Baumunfall nicht in der Straßenverkehrsordnung aufgeführt sei, mangels abschließender Regelung der Gefahrenzeichen keine Rolle spiele.

(OLG Oldenburg, Beschluss v. 14.12.2015, 2 Ss (OWi) 297/15).


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