Pfändungsschutz auch im Zwangsverwaltungsverfahren?

Im Zwangsverwaltungsverfahren sind dem Schuldner Mittel für seinen Unterhalt nur zur Verfügung zu stellen, wenn es sich um einen landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Betrieb handelt. Keine Anwendung findet die Pfändungsschutzvorschrift nach § 850i ZPO.

Bei der Forderungspfändung ist der Pfändungsschutz nach § 850i ZPO zu beachten. Danach hat das Gericht bei der Pfändung sonstiger Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen darstellen, dem Schuldner auf seinen Antrag hin während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde.

Dem Schuldner sollen also genügend Mittel für seinen Unterhalt verbleiben, wenn seine Einkünfte beispielsweise aus selbstständiger Tätigkeit oder Vermietung gepfändet werden.

Anwendbarkeit von Pfändungsschutzvorschriften im Zwangsverwaltungsverfahren?

Der BGH hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Vorschrift des § 850i ZPO auch im Zwangsverwaltungsverfahren anzuwenden ist. Der Senat stellte zunächst klar, dass eine unmittelbare Anwendung des § 850i ZPO ausscheidet.

Wortlaut der Norm entscheidend!

Dies ergibt sich zunächst aus dem Gesetzeswortlaut, wonach sonstige Einkünfte „gepfändet“ werden. Im Zwangsverwaltungsverfahren werden aber keine Forderungen gepfändet. Stattdessen gilt der Beschluss zur Anordnung der Zwangsverwaltung als Beschlagnahme des Grundstücks und diese Beschlagnahme umfasst u.a. auch Miet- und Pachtforderungen (§ 1123 Abs. 1 BGB, § 148 i.V.m § 21 Abs. 2 ZVG).

Im Gegensatz zu einer gepfändeten Forderung werden diese beschlagnahmten Mietforderungen nicht dem Gläubiger zur Einziehung oder an Zahlungs statt überwiesen. Stattdessen werden sie vom Zwangsverwalter eingezogen, der zunächst die Ausgaben der Verwaltung und die Verfahrenskosten zu begleichen und die dann noch verbliebenen Überschüsse entsprechend dem Teilungsplan an die Gläubiger zu verteilen hat.

Systematik des Gesetzes ist zu beachten

Des Weiteren spricht die Gesetzessystematik gegen eine unmittelbare Anwendbarkeit des § 850i ZPO im Zwangsverwaltungsverfahren. Das Zwangsverwaltungsverfahren hat als Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Sinne des § 866 Abs. 1 ZPO eine eigenständige Regelung gefunden. Das insoweit einschlägige Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung enthält jedoch gerade keine Bestimmung, wonach die Pfändungsschutzvorschriften der ZPO bei der Zwangsverwaltung entsprechend anzuwenden sind.

Stattdessen ist in § 149 Abs. 3 und § 150e ZVG ein Anspruch des Schuldners auf Überlassung von Erträgnissen des Grundstücks gerade nur dann vorgesehen, wenn die Zwangsverwaltung sich auf ein landwirtschaftliches, forstwirtschaftliches oder gärtnerisches Grundstück bezieht. Bei der Zwangsverwaltung anderer Grundstücke ist im Gesetz nicht vorgesehen, dass dem Schuldner Beträge zu Unterhaltszwecken zur Verfügung stehen sollen. Der Gesetzgeber hat hier bewusst unterschiedliche Regelungen für die Forderungspfändung auf der einen Seite und die Zwangsverwaltung auf der anderen Seite getroffen. Es liegt auch keine planwidrige Regelungslücke vor, die eine Analogie ermöglichen würde.

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Schuldner, für dessen Eigentumswohnung die Zwangsverwaltung angeordnet worden war, mit seinem Antrag, ihm von den Mieteinkünften ein Teil zu belassen, im Ergebnis also keinen Erfolg.

(BGH, Beschluss v. 10.10.2019,  V ZB 154/18).

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Hintergrund: Durchführung und Beendigung der Zwangsverwaltung

Welche Voraussetzungen müssen für die Einleitung der Zwangsverwaltung vorliegen?

Es muss ein Zahlungstitel gegen den Schuldner vorliegen (hierbei handelt es sich in der Regel um ein rechtskräftiges oder vorläufig vollstreckbares Gerichtsurteil oder um einen Vollstreckungsbescheid).

Wer sind die Verfahrensbeteiligten?

Verfahrensbeteiligte sind die Eigentümergemeinschaft als Gläubigerin und der säumige Wohnungseigentümer als Schuldner.

Bei welchem Gericht wird der Antrag auf Zwangsverwaltung gestellt?

Der Antrag wird beim Vollstreckungsgericht (Amtsgericht) gestellt.

Was veranlasst das Gericht bei Bejahung der Zwangsverwaltung?

  • Das Gericht ordnet per Beschluss die Zwangsverwaltung an und setzt einen Zwangsverwalter ein.
  • Die Anordnung der Zwangsverwaltung ist im Grundbuch einzutragen!

Wer benachrichtigt den Mieter über die Zwangsverwaltung?


Was bewirkt die Anordnung der Zwangsverwaltung?

  • Zwangsverwaltung bewirkt Beschlagnahme des Grundstücks, sodass alle Erträge – wie z. B. die Mieteinnahmen – künftig nicht mehr dem Wohnungseigentümer zustehen.
  • Irrtümlich an den Eigentümer gezahlter Mietzins ist von diesem an den Zwangsverwalter weiterzuleiten.
  • Der Wohnungseigentümer darf die Wohnung nicht mehr weiter verwalten. Verwaltungsrecht geht auf den vom Gericht eingesetzten Zwangsverwalter über.
  • Die Eigentumsverhältnisse bleiben unberührt.

Wie hat der Zwangsverwalter die eingehenden Erträge zu verwenden?

Der Zwangsverwalter ist verpflichtet, aus den eingehenden Beträgen – also der Miete – vorab die laufenden Hausgelder an die Eigentümergemeinschaft abzuführen.

Wann wird die Zwangsverwaltung aufgehoben?

Die Zwangsverwaltung ist spätestens dann aufzuheben, wenn der Gläubiger befriedigt ist.

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium

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