Beschwerdewert bei Antrag auf Unterlassung einer Äußerung

Wird die Unterlassung begehrt, eine bestimmte Äußerung zu tätigen, dann ist es für die Bemessung des Beschwerdewertes in der Berufungsinstanz nicht nur von Bedeutung, welche Breitenwirkung die Äußerung entfaltet, sondern auch, welche Wirkungen sie auf den Kläger selbst hat.

Um gegen ein erstinstanzliches Urteil Berufung einlegen zu können, ist das Erreichen einer bestimmten Beschwer erforderlich. Der Beschwerdewert muss mindestens 600 EUR betragen. Andernfalls ist die Berufung von vornherein unzulässig.

Ermessenausübung zur Höhe des Beschwerdewertes muss fehlerfrei sein

In nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten ist es oftmals schwierig, die konkrete Beschwer der Höhe nach zu bemessen. Dem Gericht steht hier ein Ermessensspielraum zu, von dem es allerdings nicht nach freiem Belieben Gebrauch machen kann. Vielmehr sind bei der Ausübung des Ermessens alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Umfang und die Bedeutung der Sache für den Kläger zu berücksichtigen. Das Gericht darf die Grenzen seines Ermessens nicht überschreiten und auch nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise, also fehlerhaft, von dem Ermessen Gebrauch machen. Es müssen vielmehr alle in Betracht zu ziehenden Umstände vom Gericht berücksichtigt werden.

Aus diesem Grund hielt der BGH eine vom Landegericht für die Berufungsinstanz vorgenommene Wertfestsetzung für ermessensfehlerhaft und hat die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Es ging um den Anspruch auf Unterlassung einer ehrverletzenden Äußerung, den der Kläger geltend gemacht hatte. Die Äußerung war in einem Anwaltsschreiben getätigt worden, das an den Kläger selbst adressiert war. Da Sie also keine Breitenwirkung entfaltete, hat das Berufungsgericht den Wert der Beschwer mit rund 320 EUR so gering angesetzt, dass es die eingelegte Berufung als unzulässig verworfen hat.

Breitenwirkung und individuelle Bedeutung maßgeblich für Beschwerdewert der Unterlassungsklage

Mit seiner dagegen erhobenen Rechtsbeschwerde hatte der Berufungskläger vor dem BGH Erfolg. Der BGH bestätigte zwar, dass bei einer ehrverletzenden Äußerung zunächst berücksichtigt werden muss, inwieweit sich die Äußerung auf den sozialen Geltungsanspruch des Klägers auswirken kann. Insoweit sei die Beschwer bei einer Äußerung in einem an den Kläger selbst gerichteten Anwaltsschreiben als eher gering zu bewerten.

Nach Auffassung des BGH hat das Berufungsgericht aber nicht ausreichend berücksichtigt, welche Wirkung die Äußerung auf den Kläger selbst hat. Der geringe Wert der Beschwer von rund 320 EUR sei nur gerechtfertigt, wenn festgestellt werden könnte, dass die Äußerung für den Klägern äußerst geringe Bedeutung hat. Hierzu hat das Berufungsgericht jedoch keinerlei Feststellungen getroffen, sodass die Sache erneut zu verhandeln ist.

(BGH, Beschluss v. 16.11.2021, VI ZB 58/20).

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