Anforderungen an Glaubhaftmachung durch anwaltliche Versicherung

Mit der anwaltlichen Versicherung kann der Rechtsanwalt von ihm geschilderte berufliche Vorgänge und mitgeteilte Tatsachen in gleicher Weise glaubhaft machen, wie durch eine eidesstattliche Versicherung. Doch das setzt voraus, dass der Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahme auf seine Standespflichten förmlich versichert.

Die anwaltliche Versicherung über Vorgänge, die der Rechtsanwalt in seiner Berufstätigkeit wahrgenommen hat, ist ein geeignetes Mittel der Glaubhaftmachung im Sinn von § 294 ZPO (BGH, Beschluss v. 27. 11.2014, I ZB 37/14), das nach BGH Rechtsprechung genauso wenig grundlos angezweifelt wird, wie eine eidesstattliche Versicherung.

Mindestanforderungen an anwaltliche Versicherung

Die Glaubhaftmachung auf diesem Wege funktioniert aber nach einem neuen Beschluss des Bundesgerichtshofs nur, wenn der Anwalt gewissen Formalien wahrt.  In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte ein Anwaltsbüro eine Beschwerdebegründungsfrist im Rahmen eines familiengerichtlichen Unterhaltsverfahrens versäumt und daraufhin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Wiedereinsetzungsantrag mit Fehler zuverlässiger Mitarbeiterin begründet

Der Anwalt begründete das Fristversäumnis damit, dass die Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Beschwerde von der langjährigen, stets äußerst zuverlässigen und sorgfältigen Mitarbeiterin

  • zwar korrekt in die Handakte eingetragen worden seien,
  • während lediglich versehentlich die Eintragung der Beschwerdebegründungsfrist im Fristenkalender uystem, dem eine entsprechende Dienstanweisung aus der Gründungszeit der Kanzlei zugrunde liege, habe sich nterblieben sei.
  • Aufgrund dieses Büroversehens sei die Handakte dem Anwalt erst im Zuge der Kostenerhebung wieder vorgelegt worden.

Kein Organisationsverschulden?

Im Bürobetrieb sei es seit zwanzig Jahren Übung, dass die zu beachtenden Termine auf den eingehenden Schriftstücken von der Mitarbeiterin handschriftlich vermerkt, vom Anwalt geprüft und mit einer Paraphe im Eingangsstempel abgezeichnet würden. Die Termine würden sodann auf einem Vorblatt der Handakte und im Fristenbuch eingetragen, was die Mitarbeiterin nach Erledigung durch einen entsprechenden Zusatz vermerke.

Dieses System, dem eine entsprechende Dienstanweisung aus der Gründungszeit der Kanzlei zugrunde liege, habe sich während der letzten zwanzig Jahre bewährt und bisher noch nie zu einer Fristversäumung geführt.

Ein entscheidender Punkt fehlte im Anwaltsvortrag

Doch das alles überzeugte den Bundesgerichtshof nicht. Zu Recht habe das OLG den Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, eine einwandfreie Büroorganisation der Kanzlei sei nicht glaubhaft gemacht worden. Zwar belegen laut der Karlsruher Richter der Fristenkalender und die Handakte, dass die Dienstanweisung nicht eingehalten wurde.

  • Der Anwalt habe aber bei der Glaubhaftmachung eine entscheidende Sache übersehen:
  • Ob nämlich seine Kanzleimitarbeiterin von der Dienstanweisung überhaupt Kenntnis hatte, lasse sich den Unterlagen nicht entnehmen.
  • Das ergebe sich auch nicht daraus, dass der Anwalt seinen Vortrag anwaltlich versichert habe.

Zwar kann, so der Bundesgerichtshof, die Schilderung von Vorgängen durch einen Rechtsanwalt die mitgeteilten Tatsachen in gleicher Weise glaubhaft machen, wie dies sonst durch eine eidesstattliche Versicherung der Fall ist, wenn der Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichert.

„Hierzu hätte es aber jedenfalls einer Versicherung der Richtigkeit dieser Angaben bedurft“,

betonte das Gericht. Die hier in Streit stehende anwaltliche Glaubhaftmachung beschränkte sich aber auf die bloße Wiedergabe der Geschehensabläufe, ohne deren Richtigkeit nochmals ausdrücklich zu bestätigen.  Der Rechtsanwalt habe lediglich angemerkt: "Im Übrigen wird auf beiliegende anwaltliche Versicherung Bezug genommen." Eine entsprechende anwaltliche Versicherung ist indessen nicht vorgelegt worden.

(BGH, Beschluss v. 5.7.2017, XII ZB 463/16).



Hintergrund:

Eine schlechte Organisation der Fristenkontrolle und das Fehlen wasserdichter Routine bei der Bearbeitung der ausgehenden Post sind Sargnägel für jeden Wiedereinsetzungsantrag.

Verschulden des Anwalts ist der Partei wie ihr wie eigenes zuzurechnen. Lediglich Verschulden des Büropersonals, welches nicht auf einem Organisationsverschulden des Anwalts beruht, hat die Partei nicht zu vertreten.