AG Hanau

Übergabeprotokoll bei Mietwohnung: Wie verbindlich ist es?


Übergabeprotokoll bei Mietwohnung: Wie verbindlich ist es?

Der Inhalt eines Übergabeprotokolls ist sowohl hinsichtlich positiv aufgeführter Verschlechterungen der Mietsache als auch Fehlens nicht aufgeführter regelmäßig bindend. Ein Mieter, der gegen die Inhalte des Protokolls vortrug, blieb vor dem AG Hanau erfolglos.  

Nachdem ein Mieter über mehrere Jahre die vereinbarten Mietzins nur teilweise bezahlt hatte, verklagte der Vermieter ihn auf Zahlung der rückständigen Miete.  

Demgegenüber berief sich der Mieter darauf, dass die Mietwohnung während der Mietzeit mehrere Mängel aufgewiesen habe, die bis zur Rückgabe vom Vermieter nicht behoben wurden.

Vermieter beruft sich auf Übergabeprotokoll 

Dies bestritt der Vermieter und verwies auf ein von beiden Seiten unterzeichnetes Rückgabeprotokoll, nach dem die Mietwohnung sich bei der Rückgabe in einem mangelfreien Zustand befunden hat. Demgegenüber erwiderte der Mieter, dass er das Übergabeprotokoll nur unterschrieben habe, damit der Vermieter gegen ihn keine Ansprüche auf Schadensersatz geltend machen kann. 

Das Amtsgericht Hanau entschied, dass der Mieter die nicht geleistete Miete an den Vermieter bezahlen muss.  

Übergabeprotokoll ist regelmäßig verbindlich 

Das Gericht begründete das damit, dass die Miete nicht gem. § 536 BGB gemindert wurde. In dem auch vom Mieter unterschriebenen Übergabeprotokoll sei rechtlich verbindlich festgestellt worden, dass die Wohnung keine Mängel aufgewiesen habe. Das Übergabeprotokoll umfasse in seiner Wirkung alle Zustände, mit Ausnahme derer, mit denen die Parteien bei Unterzeichnung grundsätzlich nicht rechen können (zB. verdeckte Schäden). Um solche verdeckten Mängel habe es sich aber im konkreten Fall nicht gehandelt.  

Gericht verweist auf Sinn eines Übergabeprotokolls 

Dass die in einem Übergabeprotoll getroffenen Feststellungen über den Zustand der Mietsache rechtlich verbindlich sind, ergebe sich aus dem Sinn und Zweck eines solchen Protokolls. Dieser liegt bei einem Übergabe- oder Rückgabeprotokoll, für dessen Erstellen keine Rechtspflicht existiert und keine vertragliche Pflicht vereinbart wurde darin, Unklarheiten beziehungsweise eine spätere Beweisaufnahme zu vermeiden. Es soll verhindern, dass die Parteien zu einem späteren Zeitpunkt etwas anderes behaupten können, als zuvor mit der Unterschrift bestätigt. Damit sind beide Parteien mit anderslautenden Einwänden ausgeschlossen (BGH Urteil v. 10.11.1982 - VIII ZR 252/81).  

Innere Beweggründe sind unbeachtlich 

Unterzeichnet der Mieter das Protokoll nach eigenem Vortrag nur, um nicht selbst für Schäden verantwortlich gemacht zu werden, so stehe das der vereinbarten Protokollwirkung nicht entgegen. Es komme gerade darauf an, was die Parteien in dem Übergabeprotokoll erklärt haben und wie dies zu verstehen ist. Keine Rolle spiele hingegen der Beweggrund. Die strenge Rechtsfolge sei Konsequenz der freiwilligen Entscheidung beider Parteien, ein solches Protokoll zu erstellen.  

Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung 

Die Entscheidung des AG Hanau steht im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung: 

Das OLG Dresden entschied folgenden Fall: Bei Rückgabe der Mietsache war ein Übergabeprotokoll angefertigt und von beiden Seiten unter anderem mit dem folgenden Inhalt unterschrieben worden: Folgende Mängel wurden festgestellt: „Übergabe erfolgte im Zustand besenrein!“ „ohne Mängel!". Nachfolgend behauptete der Vermieter, dass angeblich zahlreiche Mängel vorliegen würden und der Mieter daher verpflichtet sei, einige Ausbesserungs- und Erneuerungsarbeiten durchzuführen. Er müsse etwa einen Boden erneuern, Bohrlöcher verschließen und gekürzte Türen erneuern. Als der Mieter sich weigerte, verweigerte der Vermieter die Rückzahlung der vom Mieter geleisteten Kaution und verlangte Ersatz für den darüber hinausgehenden Schaden.

Das OLG entschied im Einklang mit der Vorinstanz, dass der Vermieter zur Rückzahlung der Kaution verpflichtet ist und ihm kein Schadensersatz zusteht (OLG Dresden Urteil v. 7.9.2022 - 5 U 816/22). Die Richter begründeten das damit, dass das Übergabeprotokoll aufgrund seines Inhaltes als deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis zu verstehen sei. Daraus ergebe sich, dass nur Schadensersatzansprüche seitens des Vermieters geltend gemacht werden können, soweit die jeweiligen erkennbaren Schäden im Übergabeprotokoll aufgeführt worden sind (BGH Urteil v. 10.11.1982 - VIII ZR 252/81).  

In einem weiteren Fall vor dem OLG Düsseldorf forderte ein Vermieter von seinem Mieter nach seinem Auszug Schadensersatz wegen eines Risses im Waschbecken. Doch dieser weigerte sich zu bezahlen. Er berief sich darauf, dass diese Beschädigung bereits bestanden habe, als er in die Wohnung eingezogen war. Das bestritt wiederum der Vermieter und verwies auf das Wohnungsübergabeprotokoll, das zum Zeitpunkt des Einzuges angefertigt und von beiden Parteien unterschrieben worden war. In diesem war unter der Rubrik Waschbecken kein Schaden angegeben worden.  

Das OLG entschied, dass der Vermieter einen Anspruch auf Schadensersatz hat, wegen positiver Vertragsverletzung. Da der Schaden am Waschbecken nicht im Wohnungsübergabeprotoll vermerkt war, spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er zum Zeitpunkt des Einzugs nicht vorgelegen habe. Von daher müsse die Mieterin darlegen und beweisen, dass der Schaden bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegen habe (OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.3.2003 - 10 U 64/02). 

Fazit: 

Beide Parteien sollten sich ein Übergabeprotokoll unbedingt genau durchlesen und – soweit erforderlich – Ergänzungen vornehmen, ehe sie es unterschreiben. Denn sie sind im Normalfall an die darin dokumentierten Feststellungen über den Zustand der Mietsache gebunden. Das Übergabeprotokoll umfasst in seiner Wirkung alle Zustände, mit Ausnahme derer, mit denen die Parteien bei Unterzeichnung grundsätzlich nicht rechen können (z.B. verdeckte Schäden).  


(AG Hanau, Urteil v. 11.04.2025 32 C 37/24)


Schlagworte zum Thema:  Recht , Mietrecht , Mietmangel , Beweislast
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