Aufstellen einer Kinderwagen-Garage auf Gemeinschaftseigentum
Miteigentümer verklagte Eigentümergemeinschaft
Nachdem die Eigentümergemeinschaft einem Miteigentümer die Aufstellung einer Kinderwagengarage auf einer Gemeinschaftsfläche vor einem Mehrfamilienhaus für einen Zeitraum von ungefähr zwei Jahren genehmigt hatte, erhob ein Miteigentümer hiergegen Anfechtungsklage. Er begehrte, dass dieser Beschluss der Eigentümergemeinschaft für ungültig erklärt wird.
Miteigentümer berief sich auf Beeinträchtigung
Dieser Miteigentümer berief sich darauf, dass durch die Aufstellung der Kinderwagengarage seine Gewerbefläche unzumutbar beeinträchtigt wird. Das ergebe sich daraus, dass die Kinderwagengarage direkt vor dem Fenster seiner Gewerbefläche errichtet werden soll. Dadurch könne er sein Gewerbe nicht mehr auf gewöhnliche Weise nutzen. Die Kinderwagengarage umfasste eine Breite von ca. 1,2 Meter, eine Tiefe von 2 Metern und eine Höhe von 1,35 Meter.
Das AG Hamburg-St. Georg entschied, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung ordnungsgemäß ergangen ist, weil er den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (Urteil v. 10.04.2025 – 980b C 16/24 WEG).
Keine bauliche Veränderung durch Aufstellen der Kinderwagengarage
Das ergebe sich daraus, dass die Aufstellung der Kinderwagengarage keine bauliche Veränderung im Sinne von § 20 Abs. 1 WEG darstelle. Vielmehr gehe es lediglich um die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Das Aufstellen der Kinderwagengarage sei keine bauliche Veränderung, weil dadurch nicht die bauliche Substanz des Gebäudes angegriffen werde. Durch das Aufstellen der aufgrund eigener Schwere auf dem Boden ruhenden Kinderwagen-Garage leibt die bauliche Substanz des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudes unangetastet und es handelt es sich lediglich um eine Maßnahme des Gebrauchs.
Auch setze eine bauliche Veränderung voraus, dass die Maßnahme auf Dauer angelegt sei, wovon bei der zeitlichen Befristung auf rund zwei Jahre keine Rede sein könne.
Zulässige Nutzung von Gemeinschaftseigentum
Folglich regelt ein Beschluss, der die Maßnahme genehmigt, lediglich die Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums.
Bei der Beschlussfassung über eine "Benutzung" ist eine umfassende Einzelfallbetrachtung vorzunehmen; die Regelung muss neben sonstigem Recht dem Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme entsprechen und die Interessen der Betroffenen und der Eigentümer zum schonenden Ausgleich bringen.
Die mit dem Aufstellen der Kinderwagengarage verbundene Nutzung des Gemeinschaftseigentums sei unbedenklich, weil hinreichend Rücksicht auf die Belange des betroffenen Miteigentümers der gewerblich genutzten Wohnung genommen wird. Das ergebe sich daraus, dass durch die Kinderwagengarage aufgrund ihrer geringen Größe nur ein Teil des Fensters der Gewerbeeinheit verdeckt werde, so das AG. Dadurch werde der Raum nur unerheblich verdunkelt. Ferner werde der Raum im Aufstellungsplan als „Leergut-Raum“ bezeichnet. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass der Kinderwagen lediglich barrierefrei auf der Außenfläche vor dem Haus abgestellt werden kann.
Beispiele aus der Rechtsprechung zu baulichen Veränderungen
Zu der Frage, inwieweit das Aufstellen von ähnlichen Gegenständen im Gemeinschaftseigentum eine bauliche Veränderung darstellt, gibt es einige Beispiele in der Rechtsprechung.
- In einem Fall vor dem AG Lübeck hatte eine Eigentümergemeinschaft die Aufstellung eines Fahrradständers beschlossen. Dieser sollte rechts neben der Haustüre angelegt werden. Hierzu sollten etwa 5 qm Bodendecker gerodet, eine Plattenfläche aus grauen Betonplatten 50x50 cm hergestellt und eine Rohrhalterung aufgestellt werden. Dagegen erhob ein Miteigentümer Anfechtungsklage. Er war der Auffassung, dass es sich um eine unzulässige bauliche Veränderung handelt.
Das AG Lübeck gab der Klage statt. Das Gericht entschied, dass durch die Aufstellung des Fahrradständers eine unzulässige bauliche Veränderung erfolgt. Eine bauliche Veränderung liege darin, dass hier durch die Installation der Fahrradständer das äußere Erscheinungsbild der Anlage geändert wird. Das komme dadurch, dass hierfür mehrere Pflanzen wie eine Rotbuchenhecke entfernt wegen müssen, die sich bislang rechts neben dem Eingangsbereich befunden hatte. Diese Veränderungsbild wirke sich zudem nachteilig auf den optischen Gesamteindruck der Anlage aus. Das ergebe sich daraus, dass sich links von der Haustüre weiterhin eine Rotbuchenhecke und weitere Pflanzen befinden. Hinzu komme, dass bis zu 10 Fahrräder an dem Fahrradständer abgestellt werden können (Urteil v. 28.11.2008 – 35 C 122/08). - Das OLG Zweibrücken hatte es mit einer Eigentümergemeinschaft zu tun, die sich dagegen wendete, dass der Mieter eines Miteigentümers eine Wäschespinne im Garten aufgestellt hatte. Hierzu entschied das OLG, dass der Miteigentümer diese nicht zu entfernen braucht. Ein Anspruch auf Beseitigung nach § 1004 BGB scheiterte daran, dass es sich nach Ansicht der Richter um keine bauliche Veränderung handelt. Das ergebe sich daraus, dass die Wäschespinne nicht dauerhaft im Boden verankert worden ist. Vielmehr wurde sie nur in ein im Boden befestigtes Rohr geschoben, wenn Wäsche getrocknet werden musste (Beschluss v. 23.12.1999 – 3 W 198/99).
- Ebenso sah dies das AG München bei einem Trampolin, dass ein Miteigentümer in dem ihm zur Nutzung überlassenen Ziergarten eines Mehrfamilienhauses aufgestellt hatte. Dieses hatte eine Höhe und einen Durchmesser von jeweils 3 Metern. Die Richter entschieden, dass der Miteigentümer keinen Anspruch auf Beseitigung hatte, weil es sich um keine bauliche Veränderung handelt. Durch das mobile Trampolin sei nicht in die Bausubstanz des gemeinschaftlich genutzten Wohnungseigentums eingegriffen worden ist. Darüber hinaus sei es nur saisonal in der wärmeren Jahreszeit aufgestellt worden (Urteil v. 8.11.2017 – 485 C 12677/17).
- Schließlich entschied das LG Hamburg, dass ein von der Mehrheit der Wohnungseigentümer gefasster Beschluss, über das Aufstellen eines Trampolins auf einem sich im gemeinschaftlichen Eigentum befindlichen Spielplatzes, unwirksam gewesen ist. Das begründete das Gericht damit, dass laut Beschluss auch das Aufstellen eines Trampolins erlaubt war, das fest mit dem Boden verbunden war. Da dies eine bauliche Veränderung darstellt, hätte der Beschluss der Eigentümergemeinschaft einstimmig ergehen müssen (Urteil v. 27.1.2016 - 318 S 5/15).
Fazit:
Bei der Beurteilung, ob es sich um eine bauliche Veränderung handelt, kommt es vor allem darauf an, ob der jeweils aufgestellte Gegenstand fest mit dem Boden verbunden ist – z.B. mit Beton – oder nicht. Bei einer festen Verbindung muss besonders darauf geachtet werden, ob sich das Objekt negativ auf den optischen Gesamteindruck der Anlage auswirkt.
(AG Hamburg-St. Georg Urteil v. 10.4.2025 - 980b C 16/24 WEG)
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