Hausverkäufer muss fehlende Gebäudeversicherung nicht ansprechen

Teures Schweigen: Versicherungsschutz einer Immobilie durch die Gebäudeversicherung ist der absolute Normalfall. Man könnte annehmen, der Verkäufer einer Immobilie müsste den Käufer deshalb darüber informieren, wenn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eben keine Gebäudeversicherung besteht. Der BGH hat dies verneint.

Der Kläger hatte vom Beklagten eine Immobilie erworben. Im notariellen Vertrag vom 3. Februar 2017 war unter anderem Folgendes festgehalten worden:

„Der Besitz und die Nutzungen, die Gefahr und die Lasten einschließlich aller Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden Versicherungen sowie die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten gehen auf den Käufer mit dem Tag der Kaufpreiszahlung, jedoch nicht vor dem 2. Mai 2017.“

Nach einem Sturm ergab sich, die Versicherung hatte die Gebäudeversicherung gekündigt

Am 22. Juni 2017 wurde das Dach des Hauses durch einen Sturm schwer beschädigt, der Sachschaden belief sich auf gut 38.000 Euro. Erst zu diesem Zeitpunkt bemerkte der Kläger, dass es für sein erworbenes Haus keinen Versicherungsschutz durch eine Gebäudeversicherung mehr bestand.

Der Versicherer hatte die Versicherung mit Schreiben vom 5. April 2017 mit Wirkung zum 10. Mai 2017 gekündigt. Der Verkäufer hatte dies dem Käufer nicht mitgeteilt. Der verklagte daraufhin den Verkäufer. Begründung: Da fast alle Gebäude versichert seien (Wohngebäudeversicherungsquote von 99 %) könne ein Käufer eine entsprechende Mitteilung erwarten,, habe er darauf vertraut, dass der Verkäufer ihm mitteilen werde, wenn keine Gebäudeversicherung mehr bestehe.

Klage des Käufers auf Schadensersatz blieb erfolglos

Die Klage des Immobilienerwerbers auf Schadensersatz war vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht (→ Muss ein Hausverkäufer auf die gekündigte Gebäudeversicherung hinweisen?) ohne Erfolg geblieben. Auch der BGH hat entschieden, dass dem Käufer keine Schadensersatz- oder Minderungsansprüche nach §§ 437 ff. BGB zustehen. Die Gefahr ist laut BGH am 2. Mai 2017 auf die Klägerin übergegangen, also vor dem Schadensereignis (22. Juni).

Warum keine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht vorliegt

Die Beklagten haften der Klägerin auch nicht auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht:

  • Eine vertragliche Verpflichtung des Grundstücksverkäufers gegenüber dem Verkäufer zu einer Versicherung der Kaufsache besteht grundsätzlich nicht.
  • Vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen ist der Verkäufer auch nicht verpflichtet, eine im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags bestehende Gebäudeversicherung aufrechtzuerhalten bzw. nach einer Kündigung durch den Versicherer eine neue Versicherung abzuschließen.

BGH zum Schutz vor einer Versicherungsschutzlücke

Weiter führte der BGH aus, dass durch § 95 Abs. 1 VVG der Erwerber zwar vor einer Versicherungsschutzlücke bewahrt werden soll:

„Wird die versicherte Sache vom Versicherungsnehmer veräußert, tritt an dessen Stelle der Erwerber in die während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ein.“

Die gesetzliche Anordnung des Übergangs solle aber lediglich verhindern, dass eine bestehende Versicherung infolge des Eigentumsübergangs und Wegfalls des Versicherungsinteresses des bisherigen Versicherungsnehmers verloren geht.

Immobilienverkäufer darf Versicherung jederzeit beenden

Der Veräußerer soll aber nicht in seiner Dispositionsfreiheit beschränkt werden. Er darf ein bestehendes Versicherungsverhältnis – vorbehaltlich anderer Abreden – jederzeit beenden, auch wenn er damit den Übergang der Versicherung nach § 95 VVG verhindere.

Nur wenn der Verkäufer sich vertraglich dazu verpflichtet, eine bestehende Versicherung aufrechtzuerhalten bzw. eine neue Versicherung abzuschließen, sei die Situation eine andere. Eine derartige Verpflichtung habe es in dem vorliegenden Fall aber nicht gegeben.

Keine Verpflichtung aus Treu und Glauben (§ 242 BGB)

Der BGH sah auch keine Pflicht gem. § 242 BGB. Zwar bestehe eine vertragliche  Nebenpflicht,  alles  zu  unterlassen, was  die Erreichung  des  Vertragszwecks  und  den  Eintritt  des Leistungserfolgs gefährden könnte. Danach könnte es auch nach Treu und  Glauben verpflichtend sein, den  Vertragspartner  auf bestimmte Umstände  hinzuweisen, damit  ihm keine unverhältnismäßige,  mit der  vorangegangenen  Vertragserfüllung  zusammenhängende  Schäden  entstehen (Beispiel: Gesundheitsgefahren, BGH,  Urteil  v. 2.  April  2014,  VIII  ZR  19/13).

Der Versicherungsschutz falle aber in den eigenen Verantwortungsbereich  des  Käufers,  er könne  unter Berücksichtigung  der  Verkehrsanschauung diesbezüglich keine Mitteilung  erwarten. Wenn er eine von dem Verkäufer abgeschlossene Versicherung nutzen wolle, müsse er sich erkundigen, ob die Versicherung (noch) bestehe. 

(BGH, Urteil v. 20.03.2020, V ZR 61/19).

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Schlagworte zum Thema:  Versicherung, Immobilienkauf