Notwegerecht umfasst Fahrt über Grundstück mit dem Pkw
Dem Eigentümer eines vom öffentlichen Verkehrsraum aus nicht zugänglichen Inselgrundstücks steht gemäß § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Notwegerecht zu. Nach dieser Vorschrift hat der Eigentümer des gefangenen Inselgrundstücks das Recht, das Nachbargrundstück zum Erreichen seines eigenen Grundstücks über einen Notweg zu benutzen. Umstritten waren bisher Inhalt und Umfang eines solchen Notwegerechts. In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH sich mit der Frage befasst, ob ein Notwegerecht auch das Überfahren des fremden Grundstücks mit dem Pkw zum Zwecke des Parkens auf dem eigenen Grundstück umfasst.
Einvernehmen über bestehendes Notwegerecht
In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Eigentümer des umschlossenen Grundstücks seine dort befindliche Doppelhaushälfte vermietet. Zwischen den Mietern und dem Eigentümer des Nachbargrundstücks bestand Einvernehmen, dass dem Vermieter ein Notwegerecht zusteht, das auch von den Mietern ausgeübt werden kann.
Streit über Inhalt des Notwegerechts
Streit bestand über den Umfang dieses Notwegerechts. Der Eigentümer des dienenden Nachbargrundstücks gestattete das Befahren des Notwegs mit einem Kfz nur für die Fälle, in denen dies aus wichtigem Grund, zum Beispiel zum Zwecke des Be- und Entladens schwerer Gegenstände, erforderlich war. Nicht dagegen war er mit dem täglichen Befahren des Notwegs zum Zwecke des bloßen Abstellens des Fahrzeugs auf dem gefangenen Inselgrundstück einverstanden. Er vertrat die Auffassung, Privatfahrzeuge des Eigentümers des gefangenen Grundstücks und damit auch die Fahrzeuge der Mieter könnten angemessen außerhalb des gemieteten Grundstücks im öffentlichen Straßenraum geparkt werden.
Notwegerecht umfasst das Überfahren mit dem Pkw
Nach unterschiedlichen Instanzentscheidungen entschied der BGH zugunsten des Eigentümers des gefangenen Grundstücks. Der BGH legte den Umfang des Notwegerechts in diesem Fall weit aus. Er vertrat die Auffassung, der Eigentümer eines gefangenen Wohngrundstücks dürfe das Notwegerecht auf dem Nachbargrundstück auch zum Überfahren mit dem Pkw zum Zwecke des Parkens des Kraftfahrzeugs auf dem umschlossenen Grundstück nutzen.
Notwegerecht ist eng auf das dienende Grundstück bezogen
Der BGH begründete seine Entscheidung mit der Notwendigkeit einer klaren Grenzziehung zwischen den Rechten des Notwegberechtigten und den Rechten des Notwegverpflichteten. Das Notwegerecht sei inhaltlich ausschließlich auf das dienende Grundstück bezogen und ende mit Überfahren der Grundstücksgrenze. Das Notwegerecht sei deshalb nicht davon abhängig, was der Notwegberechtigte nach Erreichen des eigenen Grundstücks mit dem Pkw auf seinem Grundstück anstellt. Ob er es dort be- oder entlädt oder einfach nur parkt, gehe den Notwegverpflichteten nichts an und habe mit dem Notwegerecht über das dienende Grundstück nichts zu tun.
Notwegerecht muss rechtssicher ausgestaltet sein
Der BGH wies darauf hin, dass eine Differenzierung nach dem Zweck der Nutzung des Notwegs zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten und zu einer ständigen Rechtsunsicherheit darüber führen würde, ob das jeweilige Befahren des Notwegs gestattet ist oder nicht. Die vom Berufungsgericht vertretene differenzierende Auffassung könne in der Praxis zu ständigen Streitigkeiten darüber führen, ob das Überfahren zum Be- oder Entladen im konkreten Fall erforderlich ist und wann ein Gegenstand schwer genug ist, um ihn mit dem Kfz über den Notweg zu transportieren.
Überfahren mit dem Pkw führt zu höherer Notwegrente
Allerdings ist die Rechtsauffassung des BGH für den Notwegberechtigen auch mit einem Wermutstropfen verbunden. Gemäß § 117 Abs. 2 BGB hat der Notwegberechtigte an den Notwegverpflichteten eine Notwegrente zu zahlen. Diese ist bei ständiger Nutzung des Notwegs zum Überfahren mit dem eigenen Pkw angemessen zu erhöhen. Im konkreten Fall hatte der Notwegberechtigte eine Erhöhung von 267 Euro auf 313 Euro jährlich freiwillig akzeptiert.
(BGH, Urteil v. 14.3.2025, V ZR 79/24)
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