Kein Widerrufsrecht bei Kauf von Konzerttickets über Vermittler

Bei Onlinegeschäften steht Verbrauchern in vielen Fällen ein zweiwöchiges Widerrufsrecht zu; sie können sich ohne Angabe von Gründen einfach vom Vertrag lösen und die Erstattung bereits gezahlter Beträge verlangen. Im Gesetz sind allerdings für einige Vertragskonstellationen Ausnahmen vorgesehen. So besteht ein Widerrufsrecht beispielsweise nicht, wenn eine Dienstleistung im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen erbracht wird und der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin vorsieht, § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB. Klassischerweise fallen Sportveranstaltungen oder Konzerte unter diese Ausnahme. Dadurch sollen die Veranstalter geschützt werden, die bei einem Widerruf die freigewordenen Plätze unter Umständen nicht mehr anderweitig besetzen können.
Was gilt bei Erwerb über Vermittler?
Mit dieser Frage hatte sich der EuGH aufgrund einer Vorlage des AG Bremen zu befassen. Dem Rechtsstreit zugrunde lag die Klage eines Deutschen gegen den Ticketvermittler Eventim auf Rückzahlung des Ticketpreises für ein ausgefallenes Konzert des Musikers Peter Maffay. Das Konzert war aufgrund der Corona-Pandemie ausgefallen und der Betroffene hatte einen Gutschein in Höhe des Ticketpreises erhalten.
Gutscheinlösung aufgrund der Covid-19-Pandemie
Diese sog. Gutscheinlösung basierte auf einer gesetzlichen Sonderregelung für Kulturveranstaltungen, die aufgrund der Covid-19-Pandemie abgesagt wurden. Sofern ein Käufer das Ticket vor dem 8.3.2020 erworben hatte, sieht die Sonderregelung vor, dass er zunächst nur einen Gutschein erhält und diesen für eine andere Veranstaltung einlösen kann. Nur wenn die Einlösung des Gutscheins bis Ende 2021 nicht erfolgt, kann die Erstattung des gezahlten Ticketpreises verlangt werden. Mit dieser Sonderregelung wollte der Gesetzgeber die gravierenden finanziellen Verluste für die Veranstalter abmildern.
Ticketkäufer erklärt Widerruf
Der vom ausgefallenen Peter Maffay Konzert betroffene Deutsche wollte sich mit dieser Regelung jedoch nicht zufriedengeben. Er erklärte gegenüber dem Ticketvermittler Eventim den Widerruf vom Vertrag und verlangte sein Geld sowie die zusätzlichen Kosten zurück. Er berief sich darauf, dass er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei und die zweiwöchige Widerrufsfrist daher noch nicht zu laufen begonnen hatte.
Vorlage an EuGH durch das Amtsgericht
Das mit dem Fall befasste AG Bremen war sich nicht sicher, ob die gesetzliche Ausnahme auch für den Vermittler Eventim greift. Es gab zu bedenken, dass die europäische Richtlinie, auf der die Ausnahmeregelung in § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB beruht, immerhin den größtmöglichen Schutz für Verbraucher bieten wolle. Zwecks Klärung der Frage legte das Amtsgericht die Sache daher dem EuGH zur Entscheidung vor.
Der EuGH schützt die Veranstalter
Der EuGH hat klargestellt, dass auch gegenüber Ticketvermittlern wie Eventim kein Widerrufsrecht besteht, wenn das wirtschaftliche Risiko des Widerrufs den Veranstalter trifft. Die Tickets wurden hier bei Eventim im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Veranstalters erworben. Das wirtschaftliche Risiko liegt also allein beim Veranstalter. Nach der Entscheidung des EuGH steht dem Betroffenen kein Widerrufsrecht zu. Inzwischen ist jedoch so viel Zeit verstrichen, dass der Kläger für den Gutschein – sollte er diesen nicht eingelöst haben – ohnehin eine Zahlung verlangen kann.
EuGH, Urteil v. 31.3.2022, C-96/21
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