Zulassungwiderruf: Maklertätigkeit mit Anwaltsberuf unvereinbar

Ein Anwalt, der zugleich Geschäftsführer einer GmbH ist, deren Unternehmensgegenstand die Vermittlung von Immobilien darstellt, muss damit rechnen, dass ihm die Rechtsanwaltskammer die Zulassung wegen dieser Nebentätigkeit widerruft. Darauf, ob er mit der Nebentätigkeit Geld verdient, kommt es nicht an.

Über diese Unvereinbarkeit hat der Anwaltsgerichtshof Berlin im Fall eines seit 1992 zur Rechtsanwaltschaft zugelassenen Anwalts entschieden.

Gesellschaftszweck Handel mit Immobilien

Der Anwalt war Geschäftsführer der D-GmbH sowie der D-Geschäftsführungsgesellschaft mbH. Für die D-GmbH ist im Handelsregister als Gesellschaftszweck unter anderem der Handel mit Immobilien eingetragen, für die D-Geschäftsführungsgesellschaft mbH unter anderem die Geschäftsführung von Gesellschaften, die mit Immobilien handeln. Die D-Geschäftsführungsgesellschaft mbH führte ausschließlich die Geschäfte der D-Geschäftsführungsgesellschaft & Co. Immobilien-KG; über das Vermögen dieser Gesellschaft wurde am 21.7.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Zulassung wegen Nebentätigkeit widerrufen

Mit Bescheid vom 15.5.2014 hat die zuständige Kammer die Zulassung des Anwalts zur Rechtsanwaltschaft wegen Unvereinbarkeit der Nebentätigkeit als Geschäftsführer der GmbH mit dem Rechtsanwaltsberuf widerrufen. Die hiergegen gerichtete Klage zum Anwaltsgerichtshof hatte keinen Erfolg.

Gefahr einer Interessenkollision entscheidend

Nach § 14 Absatz II Nr. 8 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen,

  • wenn der Rechtsanwalt eine Tätigkeit ausübt, die mit seinem Beruf, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist
  • oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann.

Dies gilt nur dann nicht, wenn der Widerruf für ihn eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Die Widerrufsvoraussetzungen lagen im allein maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids vom 15.5.2014 zur Überzeugung des Gerichts vor.

Was ist mit dem Anwaltsberuf vereinbar?

Für die Frage der Vereinbarkeit des Anwaltsberufs mit anderen Tätigkeiten kommt es nicht nur auf die Integrität des einzelnen Rechtsanwalts und die Besonderheiten seiner beruflichen Situation an. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden,

  • ob die Ausübung des zweiten Berufs beim rechtsuchenden Publikum begründete Zweifel an der Unabhängigkeit und Kompetenz eines Rechtsanwalts wecken muss
  • und dadurch das Ansehen der Rechtsanwaltschaft insgesamt in Mitleidenschaft gezogen wird.

Unabhängigkeit und Integrität eines Rechtsanwalts sowie dessen maßgebliche Orientierung am Recht und an den Interessen seiner Mandanten können bei einer erwerbswirtschaftlichen Prägung des Zweitberufs gefährdet sein.

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Berufsfreiheit beachten

Allerdings müssen die Rechtsanwaltskammern hierbei viel Fingerspitzengefühl zeigen, warnt der Anwaltsgerichtshof Berlin:

  • Im Hinblick auf den bei Auslegung und Anwendung gesetzlicher Regelungen zu beachtende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
  • und die grundrechtlich gewährleistete Berufsfreiheit
  • sei bei der Annahme von Unvereinbarkeiten Zurückhaltung zu üben.
  • Berufswahlbeschränkung sei allenfalls dort erforderlich und zumutbar,
  • wo sich die Gefahr einer Interessenkollision deutlich abzeichnet
  • und dieser auch nicht mit Hilfe von Berufsausübungsregelungen begegnet werden könne.

Courtageinteresse gefährdet Unabhängigkeit

Die Tätigkeit als Grundstücksmakler ist mit dem Anwaltsberuf nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich unvereinbar. Der Grund: In seinem Zweitberuf als Makler könne ein Rechtsanwalt an der Umschichtung des Vermögens verdienen.

  • Deshalb bestehe die Gefahr, dass er im eigenen Courtageinteresse dem Mandanten eine derartige Umschichtung empfehle, was er als unabhängiger Rechtsanwalt nicht dürfe.
  • Könnte der Rechtsanwalt in seinem Zweitberuf z.B. als Finanzmakler an der Vermittlung einer Geldanlage verdienen, wäre zu befürchten, dass er seine anwaltliche Beratung nicht streng an den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen seines Mandanten ausrichte, sondern das Provisionsinteresse Einfluss gewinne.

Ähnliche Gefahren drohten, wenn der Rechtsanwalt prüfen solle, ob es für einen Mandanten ratsam sei, eine Immobilie zu veräußern oder ein Mietverhältnis mit einem Mieter zu beendigen. Könne er als Immobilienmakler an der Vermittlung eines Käufers oder eines neuen Mieters eine Provision verdienen, bestünde die Gefahr, dass er sich bei seiner anwaltlichen Beratung davon nicht ganz freimache.

Anstellungsverhältnis irrelevant

Der Rechtsanwalt hatte sich gegen den Widerruf seiner Zulassung mit dem Argument zu verteidigen versucht, er sei nicht selbstständig als Makler tätig, sondern als angestellter Geschäftsführer. Das ließ das Gericht aber nicht gelten. Als Geschäftsführer habe der Anwalt zumindest mittelbar ein persönliches Interesse an vorteilhaften Geschäftsabschlüssen der Gesellschaft.

  • Außerdem berief sich der Anwalt darauf, dass die Anstellungsgesellschaft schon seit 2007 ihre Geschäfte eingestellt habe.
  • Das mag sein, entgegnete das Gericht. Aber die Gesellschaft sei nach wie vor existent, sie sei weder aufgelöst noch liquidiert.
  • Der Anwalt habe als Geschäftsführer der Gesellschaft nicht nur mittelbar ein persönliches Interesse an vorteilhaften Geschäftsabschlüssen der Gesellschaft.  Er sei vielmehr der Gesellschaft gegenüber zu einem für diese vorteilhaften geschäftlichen Handeln verpflichtet.

Die Gefahr von Interessenskollisionen der Geschäftsführertätigkeit mit dem Anwaltsberuf ist nach Ansicht des Gerichts keineswegs ausgeräumt, weil die Gesellschaft derzeit geschäftlich nicht aktiv tätig ist. Vielmehr könne die Gesellschaft ihre geschäftliche Tätigkeit jederzeit wieder aufnehmen.

(Anwaltsgerichtshof Berlin, Urteil vom 25.3.2015, II AGH 6/14)

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Schlagworte zum Thema:  Anwaltszulassung, Makler