Werden Anwälte dauerhaft krank, setzen sie aus oder wechseln sie z. B. in den öffentlichen Dienst, bitten sie die Kammern um Widerruf der Zulassung. Damit sind sie nicht mehr verpflichtet, ein Büro zu unterhalten und Zahlungen an Rechtsanwaltskammer, Versorgungswerk und Berufshaftpflicht zu leisten. Doch was wird aus dem zuvor aufwändig erworbenen Fachanwaltstitel?

(Vorübergehender) Wechsel in die Verwaltung

Der Fall betraf eine Anwältin, die nach dem Erwerb des Fachanwaltstitels für Verwaltungsrecht in den öffentlichen Dienst gewechselt war, aber für sich nicht ausschloss, künftig irgendwann wieder in den Anwaltsberuf zurückzukehren.

Sie beantragte deshalb bei der Anwaltskammer den Widerruf ihrer Zulassung als Anwältin.

  • Außerdem bat sie die Kammer um Zusicherung, dass sie im Falle einer erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft berechtigt sei, die Bezeichnung „Fachanwältin für Verwaltungsrecht" zu führen,
  • soweit sie in der Zwischenzeit der Fortbildungspflicht des § 15 Fachanwaltsordnung (FAO) genüge.

 

Keine Rechtsgrundlage für Wiedererteilung

Leider nein, antwortete die Kammer. Eine eine solche Zusicherung könne sie nicht erteilen, weil eine Rechtsgrundlage für die Wiedererteilung einer Fachanwaltsbezeichnung nach erneuter Zulassung allein im Hinblick auf geleistete Fortbildung nicht gegeben sei. Mit der Zulassung geht der Fachanwaltstitel ebenfalls verloren.

 

Auch Fachanwaltstitel wird Vergangenheit

Es sei bei Rückkehr in den Anwaltsberuf sei ein neuer Antrag zu stellen,

  • wobei zwar der Nachweis für den Erwerb der besonderen theoretischen Kenntnisse durch den in 2006 besuchten Fachlehrgang geführt werden könne,
  • wenn weiterhin kalenderjährlich Fortbildung nach § 15 FAO nachgewiesen werde.
  • Dagegen seien die im Antragszeitpunkt besonderen praktischen Erfahrungen erneut anhand einer neuen Fallliste nachzuweisen.

 

Nichtrechtsanwalt kann nicht Fachanwalt sein

Dagegen zog die Anwältin vor den Anwaltsgerichtshof. Doch die Richter konnten ihr auch nicht helfen. Nach den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung gilt, dass der ausgesprochene Widerruf der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft zum Erlöschen der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft geführt hat.

Mit dem Erlöschen der Zulassung endet auch die Befugnis, die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt" oder „Rechtsanwältin" zu führen:

  • Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung der Folgen des Zulassungswiderrufs für eine zuvor zuerkannte Berechtigung, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen, fehlt zwar im Gesetz.
  • Gleichwohl kommt es nach Ansicht der Richter nicht in Betracht, dass die Berechtigung zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung trotz Erlöschens der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft fortbesteht.
  • Denn nach § 43c Abs. 1 Satz 1 BRAO kann nur einem Rechtsanwalt die Befugnis zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung zuerkannt werden.

Konsequenterweise kann ein Nichtrechtsanwalt eine Fachanwaltsbezeichnung nicht führen.

(Anwaltsgerichtshof NRW, Urteil v. 27.7.2011, 1 AGH 22/11).

Hintergrund: Ungleichbehandlung nur durch Satzungsgeber zu beseitigen

Einige Berufsrechtsexperten weisen allerdings darauf hin, dass es nicht einleuchte, dass es Fachanwälte gibt, die zwar zum „Titelerhalt" Fortbildung betreibe, im Fachgebiet jedoch nicht mehr tätig sind, und die wegen Bestehenbleibens ihrer Zulassung ihre Fachanwaltsbezeichnung weiterführen dürfen, während ein Fachanwaltsinhaber, der auf seine Zulassung kurzfristig verzichtet habe, die Erlaubnis neu erwerben müsse.

 

Lösungsansätze

Diese Ungleichbehandlung, so die Standesrichter, könne aber nicht durch das Gericht, sondern nur durch den Normgeber selbst beseitigt werden, der eine Regelung vorsehen könnte, dass im Fall einer Widerzulassung überhaupt kein erneuter Nachweis des Erwerbs der besonderen praktischen Erfahrungen erforderlich sei oder – was dem AGH NRW im Interesse der Qualitätssicherung vorzugswürdig erscheint – nur dann, wenn das Erlöschen der Zulassung nicht länger als eine bestimmte Anzahl von Jahren zurückliegt.