Technische Störungen bei Nutzung des beA

Das OVG NRW hat die Übermittlung einer Beschwerdeschrift durch einen Rechtsanwalt per Telefax unter Berufung auf eine seit fünf Wochen andauernde Störung seiner Telefon- und Internetverbindung für unzulässig erklärt.

Die Entscheidung des OVG beschäftigt sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen und über welche Zeitdauer Anwälte Dokumente an ein Gericht per Telefax oder auf dem Postweg versenden dürfen, wenn der Versand über das beA wegen einer technischen Störung nicht möglich ist.

Nutzung des beA gesetzlich zwingend

Gemäß § 55d VWGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen durch einen Rechtsanwalt in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ausschließlich als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die aktive beA-Nutzungspflicht gilt seit dem 1.1.2022. Entsprechende Regelungen gelten für die übrigen Gerichtsbarkeiten (u.a. § 130d ZPO).

Ausnahme von beA-Pflicht bei vorübergehender technischer Störung

Für den Fall technischer Störungen greift § 55d Satz 3 VwGO. Danach bleibt die Übermittlung von Schriftsätzen nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wenn eine elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Die vorübergehende Unmöglichkeit hat der Anwalt mit der Ersatzeinreichung des Schriftstücks oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. Gleichlautende Regelungen findet sich auch in anderen Verfahrensordnungen, für den Zivilprozess in § 130d Satz 2 ZPO.

Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz per Telefax

In dem vom OVG entschiedenen Fall hatte ein Anwalt mit Schriftsatz vom 11.2.2022 beim VG um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Die Antragsschrift hatte er per Telefax übermittelt und dies damit begründet, dass die Telekom bisher nicht in der Lage gewesen sei, eine Störung seiner Telefon- und Internetverbindung zu beheben. Von dritter Seite sei daher ein Telefaxgerät zur Verfügung gestellt worden, über das er die Antragsschrift eingereicht habe.

Technische Störung über einen Zeitraum von mehr als fünf Wochen

Dieser Vorgang wiederholte sich bei der Einreichung der Beschwerdeschrift gegen die ablehnende erstinstanzliche Entscheidung. Mit der am 23.3.2022 beim OVG per Telefax eingereichten Beschwerdeschrift berief sich der Anwalt erneut auf die Störung seiner Telefon- und Internetverbindung. Erst für den 30.3.2022 habe die Telekom eine Behebung der Störung in Aussicht gestellt. Die Richtigkeit seiner Darstellung versicherte er anwaltlich.

Beschwerde per Fax trotz Internetstörung unzulässig

Das OVG wies die Beschwerde als unzulässig zurück, weil sie nicht als elektronisches Dokument über das beA eingereicht wurde. Der Anwalt habe nicht dargetan, dass ihm die Übermittlung im Sinne des § 55d Satz 3 VwGO vorübergehend nicht möglich gewesen sei. Zwischen Einreichung seines ursprünglichen Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz beim VG und der Einreichung der Beschwerdeschrift liege ein Zeitraum von fünf Wochen. Dieser Zeitraum sei nicht bloß vorübergehend im Sinne des Gesetzes. Über einen dermaßen langen Zeitraum könne der Anwalt sich nicht mit Erfolg auf das Vorliegen einer vorübergehenden technischen Störung berufen, zumal er auch nicht dargelegt habe, mit welcher Intensität und auf welche Weise er sich um eine kurzfristigere Behebung der Störung bemüht habe.

Anwälte sollten über einen mobilen Hotspot verfügen

Nach Auffassung des OVG hätte der Anwalt sich angesichts der Dauer der Störung auch um die Beschaffung und Verwendung eines mobilen Hotspots bemühen müssen, um eine möglichst schnelle Einsatzbereitschaft seines beA wiederherzustellen. Auch sei der Anwalt über mehrere Wochen nicht der Aufforderung des OVG nachgekommen, umgehend ein elektronisches Dokument nachzureichen, auch nicht nach dem 30. März, also dem Zeitpunkt, zu dem die Störung durch die Telekom behoben werden sollte.

Anwaltliche Versicherung zur Glaubhaftmachung ausreichend?

Schließlich äußerte das OVG auch noch Zweifel daran, ob der Anwalt seine Darlegungen zur technischen Störung seiner Telefon- und Internetverbindung hinreichend glaubhaft gemacht habe. Die auch im Verwaltungsrechtsverfahren insoweit zur Anwendung kommende Regelung des § 294 ZPO sehe zur Glaubhaftmachung die üblichen Beweismittel sowie die Versicherung an Eidesstatt vor. Ob eine einfache anwaltliche Versicherung diesen Kriterien gerecht wird, ließ das OVG offen.

Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen

Im Ergebnis wies das OVG die Beschwerde als unzulässig zurück. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(OVG NRW, Beschluss v. 6.7.2022, 16 B 413/22)