Haftung des Notars bei Verwendung einer unwirksamen Klausel

Hat der Zentral- bzw. Vollzugsnotar in einem von ihm vorformulierten Angebot zum Kauf einer Immobilie eine unbefristete und damit unwirksame Fortgeltungsklausel aufgenommen und beurkundet er dann die Annahme der Verkäuferin, ohne zuvor abzuklären, ob dies dem Willen der Käufer immer noch entspricht, verletzt er seine Amtspflichten. Dies gilt insbesondere dann, wenn er den Kaufpreis fällig stellt und den Kaufvertrag vollzieht.

Bei dem Verkauf von Eigentumswohnungen durch einen Bauträger agiert oftmals ein sog. Zentral- bzw. Vollzugsnotar, der für eine Vielzahl von Verträgen Angebote für die potentiellen Käufer vorformuliert.

Vom Notar  verwendete Klausel war laut BGH-Rechtsprechung unwirksam

In einem vor dem BGH verhandelten Fall beinhaltete ein solches Angebot eine Fortgeltungsklausel, wonach die Kaufinteressenten zwar berechtigt sein sollten, nach Ablauf einer bestimmten Frist ihr Angebot durch Erklärung gegenüber dem Vollzugsnotar zu widerrufen, ohne einen solchen Widerruf das Angebot aber unbefristet fortgelten sollte. Eine solche Klausel ist nach der Rechtsprechung des BGH gem. § 308 Nr. 1 BGB unwirksam (vgl. BGH vom 07.06.2013, AZ.: V ZR 10/12).

Belehrungspflichten des Notars

Der Vollzugsnotar ist gehalten, die Käufer gem. § 17 Abs. 1 BeurkG, § 14 Abs. 1 S. 2 BNotO darüber zu belehren, dass Zweifel an der Wirksamkeit der Klausel bestehen. Er muss den Willen der Käufer erforschen, ob diese etwa ein erneutes Angebot beurkunden lassen oder vom Vertragsabschluss Abstand nehmen möchten. Unterlässt der Notar eine solche „betreuende Belehrung“, handelt er sorgfaltswidrig.

In dem vom BGH entschiedenen Fall hat der Vollzugsnotar trotz Verwendung der unwirksamen Fortgeltungsklausel die Käufer nicht belehrt und ohne vorherige Abklärung ihres Willens die Annahmeerklärung der Verkäuferin beurkundet. Darüber hinaus hat er den Kaufpreis fällig gestellt und den Kaufvertrag vollzogen. Er wurde anschließend von den Käufern auf Schadenersatz in Anspruch genommen und unterlag in letzter Instanz.

Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden

Der BGH stellte klar, dass der Notar durch den Vollzug des Kaufvertrages ohne vorherige Abklärung mit den Käufern den Kaufpreisschaden der Käufer verursacht hat. Sein Verhalten ist für den eingetretenen Schaden kausal gewesen. Für den haftungsausfüllenden
Ursachenzusammenhang
kommt es nicht darauf an, ob die Käufer bei Aufklärung über die Unwirksamkeit der Fortgeltungsklausel vom Vertragsabschluss Abstand genommen hätten oder nicht. Bei dieser Frage handelt es sich nur um eine hypothetische, andere Schadensursache (sog. Reserveursache), die geeignet sein könnte, die haftungsrechtliche Zurechnung des eingetretenen Schadens zu unterbrechen. Dass dies der Fall gewesen wäre, ist jedoch im Streitfall vom Schädiger, also hier dem Vollzugsnotar, zu beweisen. Verbleibende Zweifel gehen zu seinen Lasten.

Keine anderweitige zumutbare Ersatzmöglichkeit für den Geschädigten

Zwar kann eine Haftung des Notars noch aufgrund der Subsidiaritätsklausel des
§ 19 Abs. 1 S. 2 BNotO ausscheiden, wenn der Geschädigte auf eine anderweitige zumutbare Ersatzmöglichkeit verwiesen werden kann. Eine solche Ersatzmöglichkeit sah der BGH jedoch nicht in dem Umstand, dass die klagenden Käufer Ansprüche gegen die Verkäuferin geltend machen könnten.

Die Verkäuferin ist nämlich ebenfalls in den Schutzbereich der verletzten Notarpflichten einbezogen. Würden sich die Käufer also an der Verkäuferin schadlos halten, dann könnte diese wiederum den Notar in Anspruch nehmen, sodass letztlich dieser unmittelbar für den Schaden einzustehen hat.

(BGH, Urteil v. 23.01.2020, III ZR 28/19).

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Hintergrundwissen: Subsidiaritätsklausel bei der Notarshaftung

Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, kann er allerdings nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Dies gilt jedenfalls dann, wenn kein Amtsgeschäft der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Auftraggeber betroffen ist.

Gemeint sind die dort näher bezeichneten Betreuungsgeschäfte. Da der Notar die Amtstätigkeit bei derartigen Betreuungsgeschäften ablehnen darf, soll er nicht lediglich subsidiär haften.

Etwas anderes gilt bei Urkundstätigkeiten, zu deren Vornahme der Notar grundsätzlich verpflichtet ist. Die daraus resultierenden Haftungsrisiken sollen durch die subsidiäre Haftung für den Notar abgemildert werden.

Soweit die Subsidiärhaftung greift, besteht ein Regressanspruch gegen den Notar nur dann, wenn der Geschädigte darlegt, dass keine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht. Im Streitfall hat er dies als negative Anspruchsvoraussetzung zu beweisen. Die Haftung des Notars ist also ausgeschlossen, wenn eine rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit besteht, anderweitig Ersatz zu erlangen, beispielsweise wegen vertraglicher Pflichtverletzung eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters.


Schlagworte zum Thema:  Recht, Haftung, Notar, Schadensersatz