Forderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer: ZVG-Rang

Zu unterscheiden sind Forderungen im Rang von § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG und solche im Rang von § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG.[1] Dieses Nebeneinander von Ansprüchen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 ZVG kann zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Es ist insoweit Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, mit ihrem Zwangsversteigerungsantrag differenzierte Forderungsaufstellungen vorzulegen, die eine eindeutige Zuordnung zu der jeweiligen Rangklasse erkennen lassen.

Forderungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG

Ein Recht auf Befriedigung aus einem Wohnungseigentumsrecht gewährt nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG ein titulierter Anspruch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, soweit er nicht in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 ZVG zu befriedigen ist. Eine Zwangsvollstreckung aus § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG hat allerdings kaum Aussicht auf Erfolg, weil ihr die Rechte nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 ZVG vorgehen und im geringsten Gebot aufgenommen werden.

Forderungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG

Ein Recht auf Befriedigung aus einem Wohnungseigentumsrecht gewähren nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG aber auch bestimmte Hausgeldansprüche.[2] Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bedarf es für eine Vollstreckung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG mehrerer Voraussetzungen (der Anwendungsbereich).

Bei dem zu vollstreckenden Anspruch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss es sich um einen Anspruch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer "auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen oder des Sondereigentums handeln, die nach § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WEG geschuldet werden (einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen)".

Als nach § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WEG begründete Ansprüche kommen in Betracht[3]:

  • fällige Nachschüsse nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG;
  • fällige Vorschüsse nach § 28 Abs.1 Satz 1 WEG;
  • fällige Forderungen aus einer Sonderumlage;
  • die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung im Sinne von § 10 Abs. 2 ZVG[4];
  • Verzugszinsen nach § 288 BGB;
  • Titelbeschaffungskosten.[5] Verfahrenskosten einer Hausgeldklage sollen allerdings, wenn alleine ihretwegen die Zwangsversteigerung beantragt wird, keine privilegierte Forderung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG sein.[6] Zum Verzugsbetrag des § 10 Abs. 3 ZVG sollen nämlich nur die fälligen Hausgeldansprüche zählen, nicht aber die isolierten Verfahrenskosten der Hausgeldklage.[7]
  • Vertragliche und ebenso deliktische Ansprüche gegen den schuldenden Wohnungseigentümer fallen nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG. Ferner gehören hierher nicht Ansprüche wegen anderer Wohnungseigentumsrechte des schuldenden Wohnungseigentümers.[8] Probleme ergeben sich hier z. B., wenn bei im Wohnungsgrundbuch selbstständig gebuchten Tiefgaragenstellplätzen (= eigenständigen Teileigentumsrechten) Wirtschaftsplan und Abrechnung ordnungswidrig nicht nach den Kosten für Wohnung und Stellplatz trennen.[9] Probleme ergeben sich ferner, wenn der Hausgeldtitel nicht differenziert.

Allerdings werden nicht sämtliche rückständigen Ansprüche vom Vorrang erfasst. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ZVG erfasst werden nur:

  • Die laufenden Beträge[10] bis längstens einen Tag vor dem Zuschlag sowie rückständige Beträge aus dem gesamten Beschlagnahmejahr. Die Abgrenzung der laufenden von den rückständigen Beträgen richtet sich nach § 13 Abs. 1 ZVG. Danach sind laufende Beträge der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag sowie die später fällig werdenden Beträge. Die älteren Beträge sind Rückstände.[11] Welches das maßgebliche Jahr der Beschlagnahme ist, bestimmt sich nach § 22 Abs. 1 ZVG.[12] Beschlagnahmejahr ist danach das Jahr, in welchem der Beschluss über die Anordnung der Zwangsversteigerung dem Schuldner zugestellt wird oder in welchem das Ersuchen um die Eintragung des Versteigerungsvermerkes dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt. § 167 ZPO ist nicht entsprechend anwendbar.[13] Vor dem Hintergrund dieser Sichtweise und Verneinung des § 167 ZPO sollten Zwangsversteigerungsanträge so rasch wie möglich beim Vollstreckungsgericht eingereicht werden. Wann dieses das Ersuchen um Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerkes beim Grundbuchamt einreicht, kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer allerdings nicht beeinflussen.
  • Rückständige Beträge aus den beiden Kalenderjahren vor der Beschlagnahme. Streitig ist, ob für die Bestimmung der unter § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ZVG fallenden Rückstände darauf abzustellen ist, ob sie in dem dort genannten Zeitraum fällig geworden sind, oder darauf, ob sie sich auf den dort genannten Zeitraum beziehen. In diesem Zusammenhang ist weiter streitig, ob Ansprüche aus Jahren vor diesem Zeitraum, die erst in den beiden Kalenderjahren vor der Beschlagnahme fällig gestellt wurden, § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG unterfallen. Bei einer Beschlagnahme im Jahr 2021 fragt sich also, ob die Nachschüsse aus der Abrechnung 2018 ein Vorrecht haben, wenn der Nachzahlungsbetrag erst Anfang des Jahres 2019 ...

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