Absonderungsrecht

Für die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG privilegierten Hausgeldansprüche besteht ein Absonderungsrecht.[1] Dieses Recht entsteht nicht erst dann, wenn das entsprechende Sondereigentum zwangsversteigert wird.[2] Es besteht immer. Die Hausgeldansprüche ruhen – obwohl sich ihr Inhalt ständig ändert und sie schuldrechtlich zu verstehen sind[3] – ähnlich einer privaten Last auf dem Wohnungseigentum.[4]

Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stehen für die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG privilegierten Hausgeldansprüche im Rahmen einer eröffneten Insolvenz 2 Möglichkeiten zu:

  • Sie kann zum einen ihre privilegierten Ansprüche in einem bereits laufenden, durch einen anderen absonderungsberechtigten Gläubiger, den Insolvenzverwalter oder durch sie selbst wegen eines anderen zur Absonderung berechtigenden Anspruchs betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens anmelden, ohne dass für ihre nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG privilegierten Ansprüche ein (Zahlungs-) Titel erforderlich ist.[5]
  • Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann zum anderen trotz der eröffneten Insolvenz die Zwangsversteigerung betreiben.[6] Indem sie die Beschlagnahme der Wohnung durch den Antrag auf Zwangsversteigerung erwirkt, kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Zwangsversteigerung ohne Weiteres betreiben, wenn sie vor Insolvenzeröffnung gegen den Schuldner bereits einen Titel erstritten hat.[7] Der bestehende Titel kann auf den Insolvenzverwalter umgeschrieben werden. In diesem Fall sollte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die fälligen, aber nicht titulierten Hausgeldansprüche nach § 45 Abs. 3 ZVG anmelden.[8]
 

Selbstgenutztes Wohneigentum

Vollstreckt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach Titelumschreibung gegen den Insolvenzverwalter in weiterhin selbstgenutztes Wohneigentum eines Insolvenzschuldners, kann der Besitzergreifung des Zwangsverwalters das Recht des Schuldners entgegengehalten werden, ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume unentgeltlich zu belassen.[9]

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann die Zwangsversteigerung im Übrigen auch dann betreiben, wenn sie vor Insolvenzeröffnung den säumigen Wohnungseigentümer wegen der ausstehenden Hausgeldansprüche noch nicht verklagt hat.[10] In diesem Fall muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ihr Recht auf Absonderung allerdings zunächst mit der Klage auf Duldung der Zwangsversteigerung analog § 1147 BGB geltend machen.[11] Die Pfandklage ist darauf zu richten, den Insolvenzverwalter auf Duldung der Zwangsversteigerung zu verklagen. Dabei muss die Forderung, wegen der die Zwangsversteigerung betrieben werden soll, genau bezeichnet werden. Der Hausgeldanspruch, zu dessen Durchsetzung die Zwangsversteigerung zu dulden ist, muss auf 5 % des Verkehrswertes nach § 74a Abs. 5 ZVG beschränkt werden. Ferner muss das haftende Grundstück – am besten in Übereinstimmung mit den grundbuchtechnischen Angaben (Gemarkung, Flur, Flurstück und Größe) – benannt werden. Weiter sollte der Miteigentumsanteil in Verbindung mit der Bezeichnung des Sondereigentums angegeben werden.[12] Schließlich sollte als Hinweis für das Vollstreckungsgericht in den Titel aufgenommen werden, dass der Beklagte (nur) die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG zu dulden hat. Bei Zweifeln obliegt es nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dem erkennenden Gericht, Inhalt und Grenzen des Vollstreckungstitels eindeutig zu bezeichnen.

 

Muster: Klageantrag auf Duldung der Zwangsversteigerung[13]

(...)

Der Beklagte muss die Zwangsvollstreckung in den im Grundbuch des AG _____, Grundbuchamt, Wohnungsgrundbuch für _____ Blatt _____, Miteigentumsanteil von _____ [Höhe], verbunden mit dem Sondereigentum an _____ [das konkrete Wohnungseigentum] im Aufteilungsplan mit der Nr. _____ bezeichnet, am Grundstück: Gemarkung _____, Flur _____, Flurstück _____, wegen eines nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG privilegierten Betrags von _____ [der nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG privilegierte Hausgeldanspruch] dulden.

Für den Insolvenzfall ist für privilegierte Hausgeldansprüche unter der Beschlagnahme im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, § 13 Abs. 1 ZVG die Insolvenzeröffnung zu verstehen, sofern das Wohnungseigentum nicht schon vorher nach § 20, § 22 ZVG beschlagnahmt worden ist. Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann deshalb wegen der vor der Insolvenzeröffnung fälligen Forderungen aus dem Jahr der Insolvenzeröffnung und 2 weiteren davorliegenden Jahren aus der Rangklasse 2 vollstrecken. Wegen laufender Beträge kann sie die Vollstreckung wegen des letzten vor der Insolvenzeröffnung fällig gewordenen Betrags aus der Rangklasse 2 betreiben; dieser Betrag ist nach § 13 Abs. 1 ZVG ein laufender, gleichzeitig – weil vor der Insolvenzeröffnung fällig geworden – doch Insolvenzforderung.[14]

Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Insolvenzverwalter die Einstellung der Zwangsversteigerung durch das Vollstreckungsgericht erreichen. Einzelheiten regeln hier § 30d, § 153b ZVG. Die Gemeinscha...

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