Leitsatz

  1. Zu den notwendigen Bestandteilen einer Jahresabrechnung und eines Wirtschaftsplans
  2. Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen durch Aufnahme von Fremddarlehen entspricht grds. nicht ordnungsgemäßer Verwaltung
  3. Abrechnungsergänzungsanspruch
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2, 4, 5 sowie 27 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 4 sowie 28 Abs. 1, 3 WEG

 

Kommentar

  1. Ein ordnungsgemäßer Eigentümerbeschluss zur Genehmigung einer Jahresabrechnung muss die Gesamtabrechnung einschließlich aller Einzelabrechnungen zum Gegenstand haben. Hierzu gehört auch die Mitteilung über die Kontenstände der Gemeinschaftskonten zu Beginn und am Ende des Abrechnungszeitraums sowie die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage. Fehlt einer dieser Bestandteile, ist eine gleichwohl erklärte Entlastung des Verwalters für ungültig zu erklären (h.R.M.).
  2. Einzelwirtschaftspläne gehören zu den unverzichtbaren Bestandteilen des Wirtschaftsplans. Fehlen Einzelwirtschaftspläne, ist der Genehmigungsbeschluss des Wirtschaftsplans auf Antrag hin für ungültig zu erklären (vgl. Grundsatzentscheidung des BGH v. 2.6.2005, V ZB 32/05, NZM 2005, 543 = NJW 2005, 2061 = ZMR 2005, 384). Ob trotz der Regelung in § 28 Abs. 1 Nr. 2 WEG in Einzelfällen, und zwar soweit die den einzelnen Wohnungseigentümer treffende Kostenlast für diesen ohne Weiteres unschwer feststell- und berechenbar wäre, auf die Aufstellung von Einzelwirtschaftsplänen ausnahmsweise verzichtet werden kann, musste der Senat vorliegend nicht abschließend klären.
  3. Ein Beschluss über die Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen durch die Aufnahme von Fremddarlehen entspricht grds. nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es ist hier Sache des einzelnen Eigentümers, nicht der Mehrheit, ob ein jeweils persönlicher Beitrag aus Eigenmitteln oder über ein von ihm aufgenommenes Darlehen aufgebracht werden soll. In der Rechtsprechung wird i.Ü. eine Kreditaufnahme allenfalls als zulässig erachtet, soweit die Summe der Hausgeldzahlungen aller Wohnungseigentümer den Betrag für 3 Monate nicht übersteigt und der Überbrückung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses dient (vgl. OLG Hamm v. 28.11.1991, 15 W 169/91, OLGZ 1992, 313, 315 und BayObLG v. 30.6.2004, 2Z BR 058/04, NJW-RR 2004, 1602). Volumen und Zweck des gegenständlichen Darlehens im vorliegenden Fall werden von diesen Ausnahmen nicht erfasst.
  4. Begehrt ein Wohnungseigentümer die Ergänzung einer bestandskräftigen Jahresabrechnung um fehlende Einzelpositionen, so ist damit zunächst die Versammlung der Wohnungseigentümer zu befassen (vgl. bereits BayObLG v. 5.11.1987, BReg 2 Z 112/87, BayObLGZ 1987, 381, 385). Es ist primär Sache der Gemeinschaft, über Abänderungsanträge durch Beschlussfassung zu entscheiden (vgl. BayObLG v. 5.11.1987, BReg 2 Z 112/87, BayObLGZ 1987, 381, 385; OLG Hamm v. 18.6.1998, 15 W 357/97, NZM 1998, 875). Derartige Beschlüsse unterliegen wiederum der Anfechtung nach § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG, wobei es keine Rolle spielt, ob sie die Änderung positiv beschließen oder ablehnen, da auch ein sog. Negativbeschluss grds. einer Anfechtung unterliegt.
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 17.08.2005, 2Z BR 229/04BayObLG v. 17.8.2005, 2Z BR 229/04, NZM 2/2006, 62

Anmerkung
  1. In wohl einer seiner letzten Entscheidungen hat sich das BayObLG nochmals zu Formfragen einer Jahresabrechnung und eines Wirtschaftsplans im Sinne der h.R.M. geäußert. Offen bleiben konnte im vorliegenden Fall allerdings die aus meiner Sicht noch nicht endgültig geklärte Frage, ob und insbesondere wann in Einzelfällen auf die Vorlage von Einzelwirtschaftsplänen ungeachtet der Grundsatzentscheidung des BGH v. 2.6.2005 verzichtet werden kann. Einzelwirtschaftspläne sind verwalterseits grds. als wesentliche Bestandteile des Wirtschaftsplans vorzulegen und von der Gemeinschaft zu beschließen, wie sich dies bereits aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Nr. 1 WEG ergibt und vom BGH nochmals in Bestätigung der seinerzeitigen Vorlage des BayObLG entschieden wurde. Bisher vereinzelte obergerichtliche Rechtsprechung, in der Verzichte auf Vorlage von Einzelwirtschaftsplänen dann angenommen wurden, wenn neuerliche Vorauszahlungen unschwer von Eigentümern selbst errechnet werden könnten und/oder wenn sich am bisherigen Ausgaben- und Wohngeldvorauszahlungssoll gegenüber dem Vorjahr keine Änderungen ergeben haben sollten, dürfte damit aus meiner Sicht weit gehend als überholt gelten. Zumindest müssten die Anforderungen an solche Ausnahmen noch weiter gehend verschärft werden. Es ist m.E. nicht Aufgabe der einzelnen Eigentümer, hier u.U. Divisionsrechnungen, z.B. nach eigenen Einheitsmiteigentumsanteilen, vornehmen zu müssen, wenn professionelle Verwalter honorarberechtigt mit entsprechenden Abrechnungsarbeiten beauftragt sind.
  2. Der neuerliche Hinweis des Gerichts, dass ein Eigentümer bei Ergänzungsforderungen zu einer bestandskräftig beschlossenen Jahresabrechnung zunächst versuchen muss, eine Entscheidung der Gemeinschaft positiv oder negativ herbeizuführen, kann ich allerdings aus praktischer Sicht nic...

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