BGB § 249 § 251 Abs. 1 § 253 § 254 § 843 Abs. 1; StVG § 7 § 18; ZPO § 287

Leitsatz

1. Bei Bemessung eines Haushaltsführungsschadens darf sich das Gericht in Ermangelung abweichender konkreter Gesichtspunkte grds. an dem Tabellenwerk von Pardey/Schulz-Borck orientieren.

2. Während der Zeit einer stationären Behandlung des Geschädigten ist der Haushaltsführungsschaden in einem Ein-Personen-Haushalt deutlich reduziert und beschränkt sich im Allgemeinen auf notwendige Erhaltungsmaßnahmen. Dies kann im Einzelfall für derartige Zeiträume die Annahme einer auf 15 % geminderten Bemessung des Haushaltsführungsschadens rechtfertigen.

3. Bei Beschädigung einer Brille kann für die Anschaffung einer Ersatzbrille ein Abzug "neu für alt" – unter dem Gesichtspunkt einer Abnutzung des alten Brillengestells sowie der Gläser – selbst dann gerechtfertigt sein, wenn für den Geschädigten modische Gesichtspunkte keine Rolle spielen. Hat sich die Sehschärfe des Geschädigten verändert und stellt sich deshalb die Anschaffung einer neuen Brille mit der Sehschwäche besser angepassten Gläsern als Vorteil dar, ist hierfür im Rahmen des Vorteilsausgleichs ein Abzug beim Ersatzanspruch vorzunehmen.

OLG Nürnberg, Urt. v. 23.12.2015 – 12 U 1263/14

Sachverhalt

Der Kl., eine alleinstehende Person mit eigenem Haushalt, wurde beim Überqueren einer Straße auf dem Zebrastreifen von dem Pkw des Bekl. zu 1), der bei der Bekl. zu 2) haftpflichtversichert ist, erfasst und verletzt. In der Berufungsinstanz sind noch folgende Schadensersatzpositionen streitig:

Schmerzensgeldansprüche des Kl. (beansprucht i.H.v. 35.000 EUR; abzüglich vorgerichtlich gezahlter 15.000 EUR waren erstinstanzlich noch 20.000 EUR streitig; abzüglich vom LG rechtskräftig zuerkannter weiterer 7.500 EUR sind in der Berufungsinstanz noch 12.500 EUR streitig),
Ansprüche des Kl. auf Ersatz materiellen Schadens (erstinstanzlich beansprucht i.H.v. zuletzt 8.445,82 EUR; abzüglich vom LG rechtskräftig zuerkannter 3.879,91 EUR sowie abzüglich einzelner vom Kl. mit der Berufung nicht mehr beanspruchter Positionen sind in der Berufungsinstanz noch 4.092,70 EUR streitig),
Ansprüche des Kl. auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens (erstinstanzlich beansprucht i.H.v. zuletzt 13.866,82 EUR; abzüglich vom LG rechtskräftig zuerkannter 3.227 EUR sowie abzüglich einzelner vom Kl. nicht angefochtener Positionen bzw. Berechnungsmodalitäten sind in der Berufungsinstanz noch 2.346,66 EUR streitig).

2 Aus den Gründen:

" … II. Die Bekl. sind dem Kl. gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG, §§ 249, 251, 253 Abs. 2, 843 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG zur Leistung von Schadensersatz und zur Zahlung von Schmerzensgeld (nur) in tenoriertem Umfang verpflichtet."

1. Die Bekl. schulden dem Kl. über die bereits vorgerichtlich gezahlten 15.000 EUR und über die vom LG zuerkannten weiteren 7.500 EUR hinaus kein weiteres Schmerzensgeld. Der Gesamtbetrag von 22.500 EUR ist vielmehr als billige Entschädigung (§ 253 Abs. 2 BGB) ausreichend und angemessen.

a) Die Rüge der Berufung, das LG habe einzelne für die Schmerzensgeldbemessung maßgebliche Sachverhaltsumstände nicht erwähnt bzw. nicht hinreichend berücksichtigt und deshalb das ihm im Rahmen der Bemessung des Schmerzensgeldes eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, geht fehl. Bereits aufgrund der umfassenden Bezugnahme auf das jeweilige schriftsätzliche Parteivorbringen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das LG einzelne Gesichtspunkte nicht in seine Bewertung habe einfließen lassen.

Im Übrigen hat das BG eine Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gem. §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Erscheint sie als zwar noch vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss der Senat nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. Der Senat darf es deshalb nicht dabei belassen zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insb. ob das LG sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinandergesetzt und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (BGH NJW 2006, 1589 = NZV 2006, 369 Ls.).

b) Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychische Beeinträchtigungen, wobei Leiden und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere der Operationen, die Dauer der stationären und der ambulanten Heilbehandlung, den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 9. Au...

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