" … II. Die Bekl. sind dem Kl. gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG, §§ 249, 251, 253 Abs. 2, 843 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG zur Leistung von Schadensersatz und zur Zahlung von Schmerzensgeld (nur) in tenoriertem Umfang verpflichtet."

1. Die Bekl. schulden dem Kl. über die bereits vorgerichtlich gezahlten 15.000 EUR und über die vom LG zuerkannten weiteren 7.500 EUR hinaus kein weiteres Schmerzensgeld. Der Gesamtbetrag von 22.500 EUR ist vielmehr als billige Entschädigung (§ 253 Abs. 2 BGB) ausreichend und angemessen.

a) Die Rüge der Berufung, das LG habe einzelne für die Schmerzensgeldbemessung maßgebliche Sachverhaltsumstände nicht erwähnt bzw. nicht hinreichend berücksichtigt und deshalb das ihm im Rahmen der Bemessung des Schmerzensgeldes eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, geht fehl. Bereits aufgrund der umfassenden Bezugnahme auf das jeweilige schriftsätzliche Parteivorbringen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das LG einzelne Gesichtspunkte nicht in seine Bewertung habe einfließen lassen.

Im Übrigen hat das BG eine Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gem. §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Erscheint sie als zwar noch vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss der Senat nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. Der Senat darf es deshalb nicht dabei belassen zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insb. ob das LG sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinandergesetzt und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (BGH NJW 2006, 1589 = NZV 2006, 369 Ls.).

b) Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychische Beeinträchtigungen, wobei Leiden und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere der Operationen, die Dauer der stationären und der ambulanten Heilbehandlung, den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 9. Aufl. 2006, Rn 274 ff.). Dabei muss die Entschädigung zur Art und Dauer der erlittenen Schäden in eine angemessene Beziehung gesetzt werden. Hierbei kommt dem Gedanken, dass für vergleichbare Verletzungen, unabhängig vom Haftungsgrund, ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, besondere Bedeutung zu. Die Orientierung an in anderen Fällen von der Rspr. zugebilligten Beträgen ist nicht nur zulässig, sondern wenigstens als Ausgangspunkt auch erforderlich, weil sich eine unmittelbare Relation zwischen einer Geldentschädigung und nur im seelischen Bereich liegenden Beeinträchtigungen nicht gewinnen lässt (BGH VersR 1970, 281 = BeckRS 1969 30379971; Palandt/Grüneberg, BGB 75. Aufl. 2016, § 253 Rn 15).

c) Im Rahmen der Schmerzensgeldbemessung hat der Senat insb. folgende Punkte berücksichtigt:

die Primärverletzung des Kl. “bicondyläre Tibiakopftrümmerfraktur rechts’ und die hierdurch verursachten dauerhaften Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenks,
die Unfallbedingtheit der im rechten Kniegelenk aufgetretenen Gonarthrose (= Kniegelenksarthrose), also des dort eingetretenen vorzeitigen Verschleißes der knorpeligen Gelenkflächen des Kniegelenkes,
der Umstand, dass als Folge dieser Gonarthrose in Zukunft die Implantation einer Knieendoprothese (= künstliches Kniegelenk) sinnvoll werden kann,
die Primärverletzung des Kl. “subcapitale Humerusfraktur rechts’ und die hierdurch verursachten dauerhaften Beschwerden im Bereich der rechten Schulter, insb. beim Liegen auf der rechten Körperseite, wobei diese Beschwerden im Hinblick auf eine schon vor dem Unfall vorhandene schwere Arthrose der Schulter lediglich zu 40 % als unfallbedingt anzusehen sind,
die aufgrund eines Kompensationsverhaltens (unfallbedingte Schonhaltung) der Kl. eingetretene stärkere Belastung des linken Beines mit der Möglichkeit einer hieraus resultierenden orthopädischen Beeinträchtigung des linken Beines und Kniegelenks sowie der hohen Wahrscheinlichkeit diesbezüglicher erhöhter Verschleißerscheinungen,
der Umstand, dass die dauernden körperlichen Einschränkungen im Bereich des rechten Kniegelenks die Durchführung längerer Fahrradfahrten wie auch das selbstständige Aufrichten aus einer knienden Position ohne Hilfsmittel unmöglich machen sowie bei längeren Autofahrten Schmerzen verursachen und auch sonst Einschränkungen beim Radfahren, längeren Gehen, Knien und beim Besteigen von Leitern bestehen,
die erford...

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