Mit über 2.000 Seiten inklusive Verzeichnissen ist die Neuauflage des Kompendiums zum Straßenverkehrsrecht schon optisch und physisch ein echtes Schwergewicht. Aber auch dem Inhalt kann dieses Prädikat problemlos verliehen werden: Das Handbuch hinterlässt einen sehr positiven Eindruck. Dies sogar, obwohl es eine große Herausforderung ist, das Verkehrsrecht im Ganzen erfassen zu wollen, denn dieses Unterfangen ist hier eindeutig gelungen. Das ohnehin schon reichhaltige Werk wurde in Teilen neu gefasst (die Kapitel "Sachverständigenwesen und Unfallrekonstruktion" oder auch "Neuwagenkauf" und "Gebrauchtwagenkauf") bzw. ist von neuen Bearbeitern gründlich durchgesehen worden ("Auslandsunfall"), denn im Autorenteam gab es zahlreiche Wechsel. Auf einer CD-ROM sind die im Buch vorhandenen Muster abrufbar, zudem existiert ein eigenes Musterverzeichnis.

In insgesamt 14 Kapiteln wird das Straßenverkehrsrecht thematisch eingegrenzt. Interessanterweise darf das Versicherungsrecht an erster Stelle stehen, was aber angesichts der Realität der Regulierung und der dabei entstehenden Streitigkeiten nur folgerichtig ist. Sodann folgen Abschnitte zum Haftungsrecht und zum Vertragsrecht, zum Strafrecht, zum Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht und im Besonderen zu Verstößen mit Messungen. Es folgen Kapitel zum Fahrerlaubnisrecht, zur Verkehrsmedizin, zu arbeitsrechtlichen Bezügen, zum Auslandsunfall, zur Verkehrsunfallrekonstruktion, sowie zur Unfallmanipulation. Abgeschlossen werden die Ausführungen mit Abschnitten zur Vergütung sowie zur Rechtsschutzversicherung.

Das Handbuch ist umfassend und umfangreich zugleich und so können nur einzelne Stichproben zur Qualitätsprüfung auf engem Raum herangezogen werden. Zum ersten zu loben ist die hohe Aktualität der Erläuterungen. Bspw. wurden schon die Rechtsprechung des EuGH zur Zustellung der Klage an den Schadensregulierungsbeauftragten (S. 1.524), die neueste Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und des OLG Hamm zum Handyverstoß (S. 990–992) oder auch die Rechtsprechung zur Helmpflicht von Fahrradfahrern (S. 193) eingearbeitet. Merkwürdigerweise nicht enthalten ist die Rechtsprechung des BGH zum Ersatz von Sachverständigenkosten im zugehörigen Kapitel (S. 316 ff.), weder zur quotalen Erstattung noch zur Frage der Höhe der Kosten. Zum Zweiten sind die Ausführungen ausgewogen, was die präzise Darstellung von Einzelheiten und demgegenüber die pragmatische, bisweilen kursorische Abbildung eines Themengebiets angeht. So entsteht für den Leser eine gesunde Mischung mit jeweiliger Möglichkeit zur vertiefenden Lektüre anderenorts. Lobend zu erwähnen sind hier etwa die Unterkapitel zu den Mietwagenkosten (S. 298 ff.), zur Vorsatzprüfung bei § 316 StGB (S. 706 ff.), zum vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis (S. 1.409 ff.) oder auch zur Wahrnehmbarkeit von Kleinkollisionen (S. 1.766 ff.). Schließlich ist der intensive prozessuale Ansatz des Buches bemerkenswert und qualifiziert es im Besonderen als "Praxis"-Handbuch. Dies ist gut zu sehen bei den Fragen der behaupteten Unfallmanipulation (Vorschadensfrage, S. 1.876 ff.) oder bei dem Umgang mit dem Institut des Anscheinsbeweises (Einzelfälle, S. 259 ff.).

Die Gestaltung des Handbuchs ist ansprechend und bietet neben dem Fließtext samt Verweisen und Hervorhebungen noch Checklisten, Hinweise und Beispiele. Die abundante Mehrfachnennung von Fundstellen halte ich angesichts der Recherche in Datenbanken für überarbeitenswert, zeugt aber auch von einer angenehmen Akribie der Autoren.

Das Fazit ist leicht: Wer ein Einstiegswerk für die Beratung im Straßenverkehrsrecht sucht, ist mit diesem Handbuch gut bedient, ebenso aber auch der Rechtsanwender, der bestimmte verkehrsrechtliche Teilgebiete nur sporadisch bedient und sich nun punktuell einen Überblick verschaffen möchte. Gerade die gut verständlichen und zielorientierten Erläuterungen passen zu den Anforderungen an "moderne" Arbeitshilfen bei gleichzeitig engem Terminkalender. Der hohe Praxisbezug und die Aktualität der Ausführungen machen das Handbuch zusätzlich wertvoll. Insgesamt also eine sehr erfreuliche Neuauflage.

Autor: Dr. Benjamin Krenberger

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 9/2015, S. 494

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