“Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und überwiegend begründet. Das angefochtene Urt. beruht auf einer Rechtsverletzung und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere als die getroffene Entscheidung.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend – wenn auch unausgesprochen – hat das AG die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGHZ 153, 82, 84; Urt. v. 16.10.2008 – III ZR 253/07, NJW 2009, 148 m.w.N.), bejaht. Ist der Anwendungsbereich der EuGVVO – wie hier – eröffnet, kann der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, nach Art. 9 Abs. 1b i.V.m. Art. 11 Abs. 2 EuGVVO vor dem Gericht seines Wohnsitzes eine Klage unmittelbar gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers erheben, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der VR seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats hat (vgl. EuGH, Urt. v. 13.12.2007 – Rs. C-463/06, Slg. 2007, I-11321 = NJW 2008, 819; BGHZ 176, 276). Danach besteht für den Kl. an seinem inländischen Wohnsitz in Deutschland ein Gerichtsstand für die Direktklage gegen die Bekl. Denn ihm steht als Geschädigter eines Verkehrsunfalls nach Art. 3 der 4. Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, also auch in Frankreich, ein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers zu (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.2010 – VI ZR 48/10, VersR 2011, 774; Palandt/Thorn, BGB, 71. Aufl., Art. 18 Rom II Rn 3).

2. Das AG hat indes zu Unrecht die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung des AG steht dem Kl. gegen die Bekl. ein Anspruch auf weiteren Schadensersatz i.H.v. 1.433 EUR zu.

a) Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen dieses Anspruchs bestimmen sich nach französischem Recht. Das folgt aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, Rom II-VO. Nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staats anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Die Regelung findet im Streitfall Anwendung, da es sich um einen Anspruch aus einem Verkehrsunfall handelt (vgl. dazu nur Palandt/Thorn, a.a.O. Art. 4 Rom II Rn 18), der nach dem 11.1.2009 entstanden ist (vgl. Art. 32 Rom II-VO). Nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO ist bei Straßenverkehrsunfällen auf das Sachrecht des Tatorts, also den Unfallort abzustellen (vgl. nur Palandt/Thorn, a.a.O.). Dieser liegt aber in Frankreich.

b) Aus dem zum Zweck der Ermittlung des materiellen französischen Rechts gem. § 293 ZPO eingeholten Rechtsgutachten des … ergibt sich, dass dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls nach französischem Recht bei einem wirtschaftlichen Totalschaden (Reparaturkosten übersteigen den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs) grds. Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswerts zusteht. Behält der Geschädigte das Fahrzeug, muss er sich allerdings dessen Restwert anrechnen lassen (Art. 1382 ff. Code civil). Die Kammer hat keine Bedenken, den eingehenden und in jeder Hinsicht nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen in seinem Rechtsgutachten zu folgen, denen auch die Parteien nicht entgegengetreten sind. Ausgehend von den nicht angegriffenen Feststellungen des technischen Sachverständigen … , der einen Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs von 2.100 EUR bei voraussichtlichen Reparaturkosten von 5.286,43 EUR brutto ermittelt hat, liegt im Streitfall ein wirtschaftlicher Totalschaden vor, der den Kl. grds. zum Ersatz des Wiederbeschaffungswerts berechtigt. Nachdem der Kl. das Fahrzeug behalten bzw. dessen Restwert realisiert hat, muss er sich jedoch den Restwert des Fahrzeugs hierauf anrechnen lassen. Den vom Kl. angesetzten Restwert i.H.v. 100 EUR hat der technische Sachverständige dabei nachvollziehbar und von den Parteien unbeanstandet bestätigt.

c) Dem Kl. steht nach französischem Recht auch ein Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten für die Zeit vom 19.2.2010 bis zum 26.2.2010 zu. Nach den Ausführungen des Sachverständigen … ist im französischen Recht anerkannt, dass der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug anmieten kann und Schadensersatz in Höhe der tatsächlich entstandenen Mietkosten erhält, unabhängig davon, ob er das Fahrzeug zu beruflichen oder privaten Zwecken nutzt. Solange eine kausale Beziehung zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden besteht, was der Sachverständige vorliegend nach französischem Recht bejaht, ist es unschädlich, dass ein Ersatzwagen erst mehrere Wochen nach dem Unfallereignis angemietet wird.

d) Dem Schadensersatzanspruch des Kl. steht nicht entgegen, dass der Kl. die nach französischem Recht zu beachtenden Verfahrensregeln bei der Geltendmachung von Schäden aus Verke...

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