Entscheidungsstichwort (Thema)

Verordnung (EG) Nr. 44/2001. Zuständigkeit für Versicherungssachen. Haftpflichtversicherung. Unmittelbare Klage des Geschädigten gegen den Versicherer. Regel der Zuständigkeit des Wohnsitzes des Klägers

 

Beteiligte

FBTO Schadeverzekeringen

FBTO Schadeverzekeringen NV

Jack Odenbreit

 

Tenor

Die Verweisung in Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen auf Art. 9 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung ist dahin auszulegen, dass der Geschädigte vor dem Gericht des Ortes in einem Mitgliedstaat, an dem er seinen Wohnsitz hat, eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer erheben kann, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 26. September 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 20. November 2006, in dem Verfahren

FBTO Schadeverzekeringen NV

gegen

Jack Odenbreit

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter J. Makarczyk, P. Kūris und J.-C. Bonichot sowie der Richterin C. Toader (Berichterstatterin),

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Jack Odenbreit, vertreten durch Rechtsanwältin N. Meier-van Laak,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch A. Dittrich und M. Lumma als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch E. Ośniecka-Tamecka als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Bogensberger und A.-M. Rouchaud-Joët als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 9 Abs. 1 Buchst. b und 11 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Jack Odenbreit, der seinen Wohnsitz in Deutschland hat und in den Niederlanden einen Verkehrsunfall erlitten hat, und der Versicherungsgesellschaft der für diesen Unfall verantwortlichen Person, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung FBTO Schadeverzekeringen NV (im Folgenden: FBTO), die ihren Sitz in den Niederlanden hat.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung Nr. 44/2001

3 Der 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001 lautet: „Bei Versicherungs-, Verbraucher- und Arbeitssachen sollte die schwächere Partei durch Zuständigkeitsvorschriften geschützt werden, die für sie günstiger sind als die allgemeine Regelung.”

4 Die Zuständigkeitsregeln für Versicherungssachen sind in Abschnitt 3 des Kapitels II der Verordnung Nr. 44/2001 festgelegt; dieser Abschnitt umfasst die Art. 8 bis 14 der Verordnung.

5 Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und b dieser Verordnung sieht vor:

„(1) Ein Versicherer, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann verklagt werden:

  1. vor den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem er seinen Wohnsitz hat,
  2. in einem anderen Mitgliedstaat bei Klagen des Versicherungsnehmers, des Versicherten oder des Begünstigten vor dem Gericht des Ortes, an dem der Kläger seinen Wohnsitz hat …”

6 Art. 11 der Verordnung bestimmt:

„(1) Bei der Haftpflichtversicherung kann der Versicherer auch vor das Gericht, bei dem die Klage des Geschädigten gegen den Versicherten anhängig ist, geladen werden, sofern dies nach dem Recht des angerufenen Gerichts zulässig ist.

(2) Auf eine Klage, die der Geschädigte unmittelbar gegen den Versicherer erhebt, sind die Artikel 8, 9 und 10 anzuwenden, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist.

(3) Sieht das für die unmittelbare Klage maßgebliche Recht die Streitverkündung gegen den Versicherungsnehmer oder den Versicherten vor, so ist dasselbe Gericht auch für diese Personen zuständig.”

Richtlinie 2000/26/CE

7 Die Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG des Rates (ABl. L 181, S. 65) in der durch die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 (ABl. L 149, S. 14) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2000/26) sieht in Art. 3 mit dem Titel „Direktanspruch” vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Artikel 1 genannten Geschädigten, deren Sach- ...

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