"… [5] I. Das BG ist der Auffassung, der Kl. stehe ein auf sie gem. § 116 Abs. 1 und 3 SGB X übergegangener Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens des Leistungsempfängers in der geltend gemachten Höhe zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:"

[6] Der Leistungsempfänger habe gegen die Bekl. einen Schadensersatzanspruch in der nun von der Kl. geltend gemachten Höhe aus §§ 18 Abs. 1, 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG in der zum Unfallzeitpunkt geltenden Fassung (im Folgenden PflVG a.F.). Zwar könne ein Kfz-Haftpflichtversicherer gegenüber dem nichtberechtigten Fahrer nach § 2b Abs. 1 Buchstabe b AKB in der zum Unfallzeitpunkt geltenden Fassung (im Folgenden: AKB a.F.) Leistungsfreiheit einwenden. Dies habe nach § 3 Nr. 4 PflVG a.F. aber keine Auswirkungen auf den gem. § 3 Nr. 1 PflVG a.F. bestehenden Direktanspruch eines geschädigten Dritten. Auch sei der Anspruch des Leistungsempfängers nicht deshalb ausgeschlossen, weil dieser den Roller zuvor gemeinsam mit dem Schädiger gestohlen und unberechtigt verwendet habe, selbst auch mit dem Roller gefahren sei und gewusst habe, dass der Schädiger keine Fahrerlaubnis gehabt habe. Weder sei der Leistungsempfänger dadurch zum Fahrer oder Halter i.S.v. § 2b Abs. 1 Buchstabe b AKB a.F. geworden, noch führe dies dazu, dass sein Anspruch gegen die Bekl. nach § 242 BGB ausgeschlossen sei. Das Mitverschulden des Leistungsempfängers sei mit nicht mehr als 50 % zu berücksichtigen.

[7] Der Anspruch des Leistungsempfängers sei gem. § 116 SGB X auf die Kl. übergegangen, weil die von der Kl. erbrachten Leistungen zum Erwerbsschaden des Bekl. kongruent seien. Schließlich seien die Ansprüche der Kl. auch nicht verjährt.

[8] II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Entgegen der vom BG vertretenen Auffassung steht der Kl. der im Revisionsverfahren noch streitgegenständliche Anspruch nicht zu.

[9] 1. Bereits der Leistungsempfänger hatte keinen durchsetzbaren Schadensersatzanspruch gegen die Bekl.

[10] a) Im Ergebnis noch zutreffend ist das BG davon ausgegangen, dass dem Leistungsempfänger dem Grunde nach ein entsprechender Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger zustand.

[11] Fraglich ist allerdings, ob sich dieser Anspruch – wie das BG meint – aus § 18 Abs. 1, § 7 Abs. 1 StVG ergibt. Denn es ist jedenfalls zweifelhaft, ob der Leistungsempfänger aus § 18 Abs. 1 StVG einen Anspruch für sich herleiten kann. Ganz überwiegend wird davon ausgegangen, dass die Fahrerhaftung aus § 18 StVG nicht gegenüber dem Halter besteht, der Halter den Fahrer also nicht aus § 18 Abs. 1 StVG in Anspruch nehmen kann (OLG Hamm NJW-RR 2016, 281 Rn 14; BeckOGK/Walter, 1.11.2017, StVG § 18 Rn 4; Greger/Zwickel, in: Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 4 Rn 34; Jahnke, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl., VVG § 115 Rn 29; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., StVG § 18 Rn 3; Laws/Lohmeyer/Vinke, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 18 Rn 44; aA OLG Frankfurt a.M., VersR 1994, 1000, 1001). Begründet wird dies damit, dass § 18 StVG auf § 7 StVG Bezug nehme (so etwa Greger/Zwickel, a.a.O.; Jahnke, a.a.O.). Entsprechendes könnte im Falle einer sog. Schwarzfahrt gelten, wenn es sich beim Geschädigten zwar nicht um den Halter, wohl aber um den dem Halter im Rahmen von § 7 StVG durch § 7 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 StVG gleichgestellten unberechtigten Benutzer handelt.

[12] Im Streitfall kann dies aber schon deshalb offen bleiben, weil jedenfalls die Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB und des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB erfüllt sind. Auf der Grundlage der Feststellungen des BG hatte der Schädiger den Verkehrsunfall und damit auch die beim Leistungsempfänger eingetretene Körper- und Gesundheitsverletzung nämlich zumindest dadurch schuldhaft verursacht, dass er die Vorfahrt des Unfallgegners nicht beachtet hat. Aus § 828 Abs. 3 BGB folgt nichts anderes. Zwar hatte der damals 16-jährige Schädiger zum Unfallzeitpunkt das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet. Die Revision zeigt aber nicht auf, dass die insoweit darlegungsbelastete (vgl. Senatsurteil vom 30.11.2004 – VI ZR 335/03, BGHZ 161, 180, 187) Bekl. in den Vorinstanzen vorgetragen hätte, dass der Schädiger im Unfallzeitpunkt nicht über die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht verfügte.

[13] b) Revisionsrechtlich unbedenklich und deshalb im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist auch die Würdigung des BG, das Mitverschulden des Leistungsempfängers im Verhältnis zum Schädiger sei mit nicht mehr als 50 % zu berücksichtigen. Nach st. höchstrichterlicher Rspr. (vgl. nur Senatsurt vom 11.10.2016 – VI ZR 66/16, NJW 2017, 1175 Rn 7, m.w.N.) ist die Entscheidung über die Haftungsverteilung Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung zulässige Erwägungen zu...

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